Environment | Forschung

Was ist eigentlich Agrarökologie?

Was steckt eigentlich hinter diesem Begriff? Professor Luigimaria Borruso von der Fakultät für Agrar-, Umwelt- und Lebensmittelwissenschaft erklärt es.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Luigi Maria Borruso.
Foto: unibz
  • Das Land Südtirol ist Teil verschiedener von der EU-Kommission kofinanzierten Forschungspartnerschaften, darunter eine mit dem Titel Agroecology. Auch an der unibz wird in diesem Bereich geforscht. Professor Luigimaria Borruso von der Fakultät für Agrar-, Umwelt- und Lebensmittelwissenschaft erzählt im Interview, worum es dabei geht.

    Sie sind Professor an der Fakultät für Agrar-. Umwelt- und Lebensmittelwissenschaften sowie Direktor des Komptenztentrums für Pflanzengesundheit. Was sind Ihre Forschungsschwerpunkte?

    Mein Forschungsschwerpunkt liegt auf der Bodengesundheit, mit besonderem Fokus auf Biodiversität und den Funktionen der Böden. Ich bin studierter Biologe und habe meinen Masterabschluss in Biodiversität und Biologischer Evolution an der Universität Mailand erworben – zu einer Zeit, in der das Thema Biodiversität in der Agrarwelt noch wenig Beachtung fand. Anschließend habe ich ein Doktoratsstudium in mikrobieller Ökologie abgeschlossen, mit einem Schwerpunkt auf der Erforschung der Wechselwirkungen zwischen Mikroorganismen und Pflanzen. Danach habe ich mich zunehmend mit agro-ökologischen Themen befasst, insbesondere mit der nachhaltigen Bewirtschaftung von Böden in Weinbergen, Apfelwiesen und anderen Anbausystemen.

    Was konkret versteht man unter dem Begriff Agroecology?

    Agroecology oder auf Deutsch Agrarökologie ist ein Ansatz in der Landwirtschaft, der ökologische Prinzipien mit dem Management landwirtschaftlicher Systeme verbindet, um diese ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltiger zu gestalten. Es geht also nicht nur um den Schutz der Umwelt, sondern auch um wirtschaftliche Einsparungen. Die Agrarökologie betrachtet das gesamte Ökosystem, fördert die Biodiversität und schützt die Bodengesundheit sowie die Wasserressourcen. Darüber hinaus wertschätzt sie lokales Wissen und lokale Ressourcen und fördert die Beteiligung der Gemeinschaften und der Menschen, die tatsächlich von diesem Land leben. Zusammengefasst ist die Agrarökologie zugleich eine Wissenschaft, eine Bewegung und eine Praxis für eine gerechtere und umweltfreundlichere Landwirtschaft.

    Auch eines Ihrer Forschungsprojekte wird im Rahmen der Partnerschaft gefördert. Es trägt den Titel „CoolFarmLab - CO-creation Of Pathways to foster agroecoLogical transition of FARMs driven by Living LAB approach“. Worum geht es dabei?

    Mit diesem Projekt möchten wir den Einsatz landwirtschaftlicher Praktiken fördern, die zu einer Reduktion externer Inputs führen und gleichzeitig die Biodiversität des Bodens wertschätzen und unterstützen. Unser Labor wird das Feld selbst sein: Wir arbeiten eng mit den Landwirt*innen zusammen, die die wahren Protagonist*innen unserer Versuche sein werden. In unseren Laboren analysieren wir Bodenproben aus den beteiligten Feldern mithilfe innovativer Methoden der molekularen Ökologie und Bodenchemie. Dabei wollen wir nicht nur herausfinden, was im Boden vorhanden ist, sondern auch, welche Funktionen diese Biodiversität erfüllt. Im Rahmen des Projekts wollen wir eine praxisnahe und konkrete Arbeit direkt auf dem Feld leisten – gemeinsam mit den Menschen, die es täglich bewirtschaften. Ich hoffe sehr, dass dieser Ansatz zunehmend ein Beispiel dafür wird, wie Forschung und Praxis Hand in Hand gehen können – und so die traditionelle Kluft zwischen Labor und Feld überwinden.

    Ist Agrarökologie in Südtirol zu betreiben anders, als es anderswo zu tun?

    Ja! Dieses Gebiet, mit seinen Berglandschaften und traditionellen landwirtschaftlichen Praktiken, bietet einen idealen Rahmen, um Agrarökologie konkret zu entwickeln und zu erproben. Die enge Beziehung zwischen den Landwirt*innen, der Landschaft und der Bevölkerung macht einen praktischen und partizipativen Ansatz nicht nur möglich, sondern sogar notwendig. Lösungen, die aus dem Dialog zwischen lokalem Wissen und wissenschaftlicher Forschung entstehen, können zu einem umfassenderen Wandel beitragen: In einer vernetzten Welt haben lokale Entscheidungen globale Auswirkungen, und globale Herausforderungen erfordern Antworten, die in den Regionen verwurzelt sind.

    Was trägt die Agrarökologie umgekehrt zur Wirtschaft in Südtirol bei?

    Agrarökologie zu betreiben, bedeutet auch, zu einem effizienteren landwirtschaftlichen Modell beizutragen, das konkrete wirtschaftliche Vorteile bringt. Durch die Verringerung der Abhängigkeit von externen Inputs (chemische Düngemittel, Pestizide, fossile Brennstoffe) ermöglicht die Agrarökologie den Landwirt*innen, Produktionskosten zu sparen und gleichzeitig die Qualität und den Wert der Erzeugnisse zu steigern.

    Warum ist es wichtig, Forschung in diesem Bereich zu betreiben und zu fördern?

    Forschung in der Agrarökologie zu betreiben ist nicht nur eine wissenschaftliche Tätigkeit, sondern ein wahrer Akt der Verantwortung gegenüber der Zukunft. Was wir heute säen, kann dazu beitragen, eine gerechtere Landwirtschaft und einen lebenswerteren Planeten für die kommenden Generationen aufzubauen. Und in einer so dunklen Zeit auf globaler Ebene ist es vielleicht umso wichtiger, dass wir in unserem kleinen Rahmen „Hoffnung sähen“: Praktiken voranbringen, die Menschen verbinden, das Leben respektieren und positive Lösungen für die Zukunft aller bieten.

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Serafino Croce Thu, 06/26/2025 - 11:54

Grazie. Mi misuro nel mio piccolo con queste pratiche da anni, ed è bello sapere che qualcuno con dei dati in mano possa andare dai contadini che possiedono grandi e medie porzioni di paesaggio a far riscoprire un approccio che fondamentalmente era quello dei loro nonni, o al massimo dei padri dei loro nonni.
L'agroforestazione è una delle vie per mantenere il territorio e il tessuto sociale in salute.

Thu, 06/26/2025 - 11:54 Permalink