Päpstlicher als der Papst
Die Vergabe von Sozialdiensten aller Art ist umgehend neu zu regeln, fordert der Dachverband für Soziales und Gesundheit. Das gravierende Beispiel der Vergabe des Schülertransports für Behinderte per Ausschreibung an ein Unternehmen aus Lecce zeige einmal mehr, dass "in öffentlichen Verwaltungen eine Entwicklung stattfindet, die zwar auf dem Papier eine korrekte Form der Übertragung von Diensten darstellt, aber in keiner Weise dem Wesen sozialer Arbeit gerecht wird." Denn weder in Europa noch in Italien müssen Dienste im Gesundheits- und Sozialwesen über Ausschreibungen vergeben werden, diese Praxis habe sich einzig und allein in Südtirol durchgesetzt. Warum also päpstlicher als der Papst?
Landesrat Philipp Achammer verweist im Interview mit der Südtiroler Tageszeitung dann auch auf die unterschiedlichen Meinungen, die es dazu von Juristenseite gebe. Manche dieser Meinungen besagen, dass man den Transportdienst sehr wohl ausschreiben müsse, den Begleitdienst dazu aber nicht. Achammer gibt dann aber doch zu, wohl zu wenig auf die Kriterien bzw. auf die Alternativen geachtet zu haben. "Wir haben uns die Sache angeschaut, als die Ausschreibung bereits veröffentlicht war, aber zu diesem Zeitpunkt war es bereits zu spät."
Der Zuschlag an die Firma "Tundo" in Lecce ist noch nicht erfolgt, doch ist klar, dass ein Rückzieher ohne Schadenersatzforderungen nicht mehr möglich ist. Landesrat Achammer setzt nunmehr auf die genaue Einhaltung der geforderten Kriterien der Transporter aus Apulien, von der Hebebühne bis zur zwei- bzw. dreisprachigen Durchführung der Begleitdienste. Ob die einstigen Betreiber der Dienste, die Südtiroler Lebenshilfe und ihre ARGE noch eine Chance haben, den Schülertransport zu übernehmen?
Im Dachverband für Soziales hofft man sehr darauf. Denn manche dieser Dienste seien eigens zu diesem Zweck gegründet worden und verfolgten eine klar gemeinnützige Strategie, weil nicht gewinnorientiert und mit sozialem Auftrag. "Ausschreibeverfahren widersprechen dieser Identität von Grund auf, denn sie bauen auf Wettbewerb, sowie maximale Kostenersparnis und es kommt zu einer unguten Vermischung zwischen Wirtschaft und Sozialem. Soziale Dienstleistungen dürfen nicht rein wirtschaftlichen Kriterien unterworfen sein. Das geht zu Lasten der betreuten Personen."
So fordert der Dachverband mehr Rechtssicherheit für die sozialen Dienste im Land, es brauche die koordinierte Vorgehensweise von Anbietern und Dienstgebern zur Gewährleistung der Qualität der Dienste und der Sicherung von Arbeitsplätzen. Ausschreibungen könnten ja für den Straßenbau oder Gerätelieferungen gelten, nicht aber für die soziale Arbeit.