Treuhänder in Liechtenstein?
Hans Heiss sticht mitten ins Wespennest. Der grüne Landtagsabgeordnete hat mit seinen Parteikollegen Brigitte Foppa und Riccardo Dello Sbarba am 3. September 2014 eine Anfrage im Landtag eingebracht, mit der eine alte Affäre im Energiebereich neu aufgerollt werden könnte. Es geht dabei um eine Altlast aus Michl Laimers Regierungszeit, zu der seit zwei Jahren auch eine Ermittlung der Staatsanwaltschaft Bozen läuft.
Die Ingredienzien der Affäre: Ein Blockheizkraftwerk in Natz-Schabs, ein windiges Unternehmen mit einem Liechtensteiner Treuhänder und 5 Millionen Euro, die im Nichts verschwunden sind. Darunter über eine Million Euro an Steuergeldern, die vom Land ausbezahlt wurden. Und eine Verbindung zur ehemaligen SEL-Führung und zu Michl Laimer, die nie genau geklärt wurde. „Obwohl angesichts des Schuldenstandes von weit über 5 Millionen Euro gewiss nur geringe Aussichten zum Rückerhalt des Millionen Zuschusses bestehen, ist eine Auskunft über den aktuellen Stand des Verfahrens gewiss im Interesse der Steuerzahlenden Südtirols“, meint Hans Heiss.
Am 21. Oktober 2005 wird in Bozen die E.MA.CON Italia GmbH gegründet. Das Unternehmen will im Energiebereich tätig werden und hat seinen Sitz in einem Bürokomplex in Brixen. Das Gesellschaftskapital beträgt 10.000 Euro.
Die E.ma.con Italia GmbH gehört zu 26 Prozent dem Vorarlberger Unternehmer Helmut Franz Jeitler, der in Lustenau bereits die „Energy Management Consulting GmbH“ (E.ma.con) betreibt, ein Beratungs- und Dienstleistungsunternehmen auf dem Energiesektor. Hauptaktionär der neugegründeten italienischen Tochter ist aber eine Liechtensteiner Aktiengesellschaft. Die „ESCO AG“. Das Unternehmen mit dem wohlklingenden Namen „Energy Service Corporation AG“ hat seinen Sitz in der Zollstrasse 6 in Vaduz. Auf der Homepage des Unternehmens heißt es: „Unser Angebot: Planung, Projektierung, Bau und Betrieb von Kraftwerken auf Basis erneuerbarer Energieträger zur Lieferung von Wärme, Kälte und Strom. Wir sind spezialisiert auf individuell angepasste Lösungen für Industriebetriebe.“
Die E.ma.con Italia baut in Schabs ein großes Blockheizkraftwerk (BHKW), in dem jährlich rund 8.000 Tonnen Pflanzenöl zu Strom und Wärme umgewandelt werden. Vier umgebaute Schiffsmotoren sollen 2,3 Millionen kWh Strom im Jahr produzieren. Die Anlage geht 2008 in Betrieb und soll dem Unternehmen ordentlich Geld bringen. Die Gemeinde Natz-Schabs schließt ein Abkommen, das ihr die Lieferung der Wärme garantiert.
Von Anfang hat das Vorarlberger Unternehmen anscheinend mächtige Fürsprecher in Südtirol. So hat die E.ma.con für einige Zeit ihren Verwaltungssitz im landeseigenen TIS in Bozen. Zudem wird bereits am 12. Dezember 2005 der ehemalige Freienfelder SVP-Bürgermeister Ferdinand Rainer zum Generalbevollmächtigen des Unternehmens ernannt.
Am 26. September 2008 berichtet SEL-Präsident Klaus Stocker auf der Sitzung des SEL-Verwaltungsrates vom Angebot der E.ma.con die Landesenergiegesellschaft am Schabser Pflanzenöl-BHKW zu beteiligen. Der SEL-Verwaltungsrat beschließt alle entsprechenden Informationen bei den Eigentümern einzuholen und eine akkurate „due diligence“ vorzunehmen.
Trotz dieses eindeutigen Beschlusses kommt das Thema im SEL-Verwaltungsrat aber danach nie mehr zur Sprache. Weder das Ergebnis der Prüfung noch eine Entscheidung über das Angebot scheinen in den Verwaltungsratsprotokollen auf.
Bereits am 22. Dezember 2005 sucht die E.ma.con beim Land um einen Zuschuss für die Errichtung des BHKWs in Schabs an. Das Land genehmigt einen Beitrag von fast 4 Millionen Euro auszuzahlen. Per Dekret des zuständigen Landesrates wird dem Unternehmen eine erste Beitragsrate von 1.326.303,76 Euro genehmigt. Später zählt das Land 90 Prozent dieses Beitrages auch aus: 1.193,673, 38 Euro. Es ist eine überaus großzügige Gangart.
Hans Heiss gibt zu bedenken: „Dies trotz Warnungen von Umweltschützern und erfahrenen Energieexperten, die die Rentabilität des Natzner Werkes der E.ma.con von vornherein bezweifeln.“
Der Absturz
2009 beginnt eine weltweite Krise auf dem Pflanzenölsektor. Zum einen werden Einfuhrverbote erlassen, die Preise steigen und vor allem wird die staatliche Förderung des BHKW-Produktion deutlich zurückgefahren.
Die Auswirkungen auf das Schabser Werk sind katastrophal. 2009 macht die E.ma.con einen Bilanzverlust von 893.010 Euro. Das Unternehmen hat zu diesem Zeitpunkt Schulden von 3.976.756 Euro. Im Geschäftsjahr 2010 folgt ein Bilanzverlust von 2.141.730 Euro und der Schuldenstand des Unternehmens klettert auf über 5,6 Millionen Euro.
Anfang 2011 legt Helmuth Franz Jeitler die Anlage in Schabs still. Gleichzeitig teilt die E.ma.con Michl Laimer schriftlich mit, „dass aufgrund der Entwicklung des Ölpreises am Weltmarkt einerseits und des eklatanten Preisverfalls der elektrischen Energie in Italien andererseits ein kostendeckender Betrieb der Anlage unmöglich ist“. Zwischen Februar und Juli 2011 widerruft die Landesregierung den Beitrag an die E.ma.con und fordert die ausgezahlten Gelder zurück.
Doch Helmuth Franz Jeitler ist längst über alle Berge. Am 3. April 2012 wird vor dem Bozner Landesgericht der Konkurs eröffnet. Konkursrichterin Francesca Bortolotti beauftragt den Meraner Roberto Palumbo als Konkursverwalter.
Im Frühjahr 2012 beginnt die Staatsanwaltschaft in diesem Fall zu ermitteln. Dabei geht es vor allem darum, wer hinter der anonymen Aktiengesellschaft in Lichtenstein steht. Weil Rechtshilfeansuchen nach Lichtenstein traditionell langwierig sind, wartet man noch auf das Ergebnis der Nachfrage.
Doch könnte schon bald ein prominenter Ex-Politiker von der Staatsanwaltschaft angehört werden. Der ehemalige Landesrat Michl Laimer.
Zu den größten Gläubigern der E.ma.con zählt die Raika Leasing Wien. Die Wiener Leasinggesellschaft hat den Ankauf der Anlage vorfinanziert. Als die Ermittler im Zuge des SEL-Skandals im Herbst 2011 den Blackberry von Michl Laimer beschlagnahmen, finden sie im Telefonverzeichnis nicht nur die Handynummer von Helmut Franz Jeitler.
Sondern auch eine Auffälligkeit im Terminkalender des Landesrates: Michl Laimer hat am 15. Mai 2011 von 10.30 bis 12.30 Uhr einen Termin bei der Raiffeisen Landesbank Südtirol. Im Terminkalender heißt es dazu: „Raika Leasing Wien - Emacon BHKW 1“.
Man kann davon ausgehen, dass sich die Bank beim Landesrat erkundigt hat, ob die Landesgelder noch fließen oder nicht. Trotzdem ist es merkwürdig, dass ein Landesrat direkt und persönlich in einem solchen Fall bei einer Bank vorstellig wird. Und einen zweistündigen Termin dafür reserviert.
Hans Heiss will in seiner Landtagsanfrage wissen, ob das Land mit seiner Rückzahlungsforderung etwas erreicht hat. Die Antwort darauf dürfte negativ ausfallen. Jetzt wurde bekannt, dass die Muttergesellschaft E.ma.con in Österreich ab 2007 allein aus Derivatgeschäften bei der Bank Austria Verluste in Höhe von 250.000 Euro angehäuft hat.
Vor allem aber wurde am 2. Jänner 2014 beim Landesgericht Feldkirch das Konkursverfahren über die „E.ma.con GmbH“ eröffnet.
Helmut Franz Jeitler wurde seit 2010 in Südtirol nicht mehr gesehen.
Die Provinzverwaltung
Die Provinzverwaltung schlittert von einem Energie-Skandal in den anderen. Man muss sich fragen, wer wird wohl je imstande sein, diesen Sumpf trockenzulegen. A propos, was ist eigentlich mit den Sonderfonds los. Es ist verdächtig still geworden drumherum. Spricht nicht gerade von guter Pressearbeit, die doch angehalten sein sollte, stets am Ball zu bleiben. Nun wer einmal Fußball gespielt hat, der weiß, dass selbst garantiert stoßfesten Bällen die Luft entfliehen kann, ohne dass deshalb die Hülle verletzt werden müsste. Langsam sollte man sich aber auch fragen, ob denn die Behörden aller Art und aller Ebenen dabei denn den Schlaf der Seligen geschlafen hätten. Es kann doch nicht wahr sein, dass jahrelang Unkraut wuchert, ohne dass die Pfleger dies wahrhaben.
Christoph Franceschini
Christoph Franceschini erscheint mir als einer der besten Journalisten, die Südtirol zu bieten hat und ich lese seine Artikel immer wieder gerne. Sie haben einen hohen Informations- und Aufklärungswert.
Trotzdem ist es schwer, solche Artikel zu lesen, wenn einem vor Augen geführt wird, wie solche Obergauner wie der Laimer relativ ungeschoren davon kommen, während den eigenen Eltern, die ein Leben lang hart und gewissenhaft gearbeitet haben, durch das Scheitern des kleinen Familienbetriebes alles, auch das bescheidene Eigenheim, s Hoamat, genommen wurde. Ich weiß ja, dass es in unserem System nicht genügt hart zu arbeiten, sondern dass man auch gewieft genug sein muss, sich clever abzusichern und sich teure Anwälte leisten zu können. Trotzdem schmerzt es, immer wieder über solche Machenschaften im größeren Stil zu lesen.