Vier Mal Zentrum zum Quadrat
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Wes Anderson und Roald Dahl sind zwei Namen, die einander nicht fremd sind. Schon Andersons 2009 erschienener Der fantastische Mr. Fox basierte auf einer Geschichte des heute aufgrund seiner antisemitischen Tendenzen nicht unumstrittenen Kinderbuchautors Dahl. In selbigem griff Anderson auf die Stop-Motion-Technik zurück und erschuf dadurch ein wunderbar stimmiges, typisch verschrobenes Abenteuer, das sowohl für die kindliche Zielgruppe der Vorlage, aber auch für Erwachsene sehr gut funktioniert.
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Vier Geschichten
Sehr knapp nach seinem letzten Spielfilm Asteroid City legt Anderson nun nach. Wieder nimmt er sich des Dahl´schen Werks an, pflückt vier Geschichten wie Blumen von einer Wiese, die weltbekannte Klassiker wie Matilda, Charlie und die Schokoladenfabrik, oder Hexen hexen auf sich trägt. Anderson verfilmt die Geschichten als Kurzfilme, die zwar unabhängig voneinander existieren, sich aber gut in einem Rutsch, quasi als langen Episodenfilm anschauen lassen. Zu Beginn steht der längste der vier Filme, mit gut vierzig Minuten kratzt Ich sehe was, was du nicht siehst (im Englischen: The Wonderful Story of Henry Sugar) an der Kurzfilmtoleranz. Darin erleben wir Roald Dahl selbst, durchweg verkörpert von Ralph Fiennes, der seine nächste Kurzgeschichte ankündigt. Sein Protagonist nennt sich Henry Sugar, ein wohlhabender Mann aus London, der eines Tages ein seltsames Buch findet, und darin zu lesen beginnt. Sugar erfährt von einem pakistanischen Mystiker, der mit geschlossenen, oder verbundenen Augen sehen konnte. Mit viel Übung macht sich Henry dieses Talent selbst eigen, um dann... nun, das sei an dieser Stelle nicht verraten. In einem unglaublichen Tempo rast Anderson durch diese erste Geschichte, lässt keinen Platz zum Atmen, oder gar zum Innehalten. Teils überfordernd bombardiert das Drehbuch, das größtenteils auf der literarischen Grundlage basiert, sein Publikum mit Informationen. Es scheint fast so, als träte der Text in einen Wettstreit mit der bei Anderson ja immerzu sehr sich in den Vordergrund drängenden Ästhetik, zum Leid der Zuschauenden. So wirkt der Kurzfilm tatsächlich wie ein Langfilm, dem zu wenig Zeit gegönnt wurde.
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Von Tieren und Gift
Wesentlich kürzer, nämlich etwa 17 Minuten dauern die anderen drei Filme im Paket. Sie basieren auf den Kurzgeschichten Der Schwan, Der Rattenfänger und Gift. Im Vergleich zu Henry Sugar drosselt Anderson hier das Tempo deutlich, lässt den Figuren, ihren Geschichten, und vor allem den Dialogen bzw. Monologen mehr Zeit, mehr Raum zum Atmen. Diese Kurzfilme wirken überlegter, wenngleich sich auch der erste, längere nicht einer gewissen Faszination entziehen kann. Zum Inhalt der drei kürzeren sei nichts verraten, sie funktionieren am besten, wenn das Publikum nichts darüber weiß. In ihnen spielen Anderson-Veteranen und Neulinge, der bereits erwähnte Ralph Fiennes tritt neben Ben Kinglsey, Benedict Cumberbatch oder Dev Patel auf. Sie fügen sich gut ein in die bunte Welt des Regisseurs, der aller Kritik zum Trotz keinen Rückschritt unternimmt, sondern seinen Stil konsequent, ja nahezu manisch detailliert fortsetzt. Die Kulissen sind beeindruckend schön gelungen, wie sich die Sets ineinander schieben, verwandeln und sich dem Gedankenstrom der Figuren anpassen, ist von hoher handwerklicher Qualität. Ob am Ende tatsächlich etwas von alldem hängen bleibt, oder die vier Filme mehr als Zeugnis von Anderson mittlerweile mehr als etablierten Fähigkeiten sind, wird die Zeit zeigen. Alles in allem unterhalten sie gut, lassen aber die Strahlkraft und die Originalität vermissen, die beispielsweise Anderson letzter Spielfilm noch bewies.
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(c) Netflix