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„Drehbuch für den Regierungssturz“

Ampel aus in Deutschland. Bundeskanzler Scholz plant die Vertrauensfrage im Dezember und mögliche Neuwahlen im Februar. Enthüllungen der Zeit und SZ deuten an, dass die FDP den Bruch der Koalition geplant haben könnte.
Scholz, Lindner, Habeck
Foto: bundesregierung.de/Denzel
  • Nach knapp drei Jahren ist Deutschlands erste Ampel-Koalition durch die Entlassung des Finanzministers Christian Lindner FDP (Freie Demokratische Partei) auf Anweisung von Bundeskanzler Olaf Scholz SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands) auseinander gebrochen. Kanzler Scholz steht nun einer Minderheitsregierung vor und soll die Vertrauensfrage am 16. Dezember 2024 stellen. Eine vorgezogene Bundestagswahl soll am 23. Februar abgehalten werden, das berichtete ZDFheute am 19. November. Obwohl eine schnelle Neuwahl den Weg zu einer neuen Regierung ebnen könnte, warnte Bundeswahlleiterin Ruth Brand vor einigen Tagen in der Tagesschau, dass ein übereiltes Vorgehen organisatorisch riskant sei. Sie verwies auf logistische Herausforderungen wie die Suche nach Wahlhelfern und die rechtzeitige Drucklegung von Wahlunterlagen.

     

    „D-Day“ – „Torpedo“ – „Feldschlacht“

     

    Die Debatte rund um den Zeitpunkt der Vertrauensfrage sowie der Neuwahlen sind nicht das einzige, was das Land politisch beschäftigt. Nach dem Ampel-Aus am Samstag, den 16. November 2024, vertiefte sich die politische Krise durch Enthüllungen von Zeit und Süddeutscher Zeitung (SZ): Die Berichte legen nahe, dass die FDP den Bruch der Ampel-Koalition systematisch vorbereitet habe. Unter der Führung von Parteichef und Finanzminister Christian Lindner soll die FDP seit Ende September eine Strategie entwickelt haben, um die Koalition gezielt zu sprengen. Interne Dokumente und Quellen deuten auf ein geplantes „Drehbuch für den Regierungssturz“ hin, das verschiedene Optionen vorsah, um die Koalition kontrolliert zu beenden und gleichzeitig die FDP als wirtschaftspolitische Alternative zu positionieren.

  • Ein doppeltes Spiel

    Christian Lindner (FDP) und Olaf Scholz (SPD): Die FDP soll seit Monaten das Ampel-Aus besprochen haben, es besteht die Möglichkeit, dass der Kanzler diesen Schritt selbst in Erwägung zog. Foto: Facebook/Christian Lindner

    Ende September dieses Jahres habe die FDP ein geheimes Treffen abgehalten, um mögliche Szenarien für einen Koalitionsbruch zu diskutieren. Dort soll das sogenannte „Projekt D-Day“ entstanden sein, um die anderen Koalitionspartner in eine unlösbare Konfrontation zu verwickeln, die schließlich zur Entlassung der FDP-Minister durch Bundeskanzler Scholz führen sollte. Diese Entlassung sollte als Anlass dienen, die Koalition aufzulösen und Neuwahlen zu erzwingen.

    Laut den Enthüllungen habe Lindner Anfang November in einem persönlichen Gespräch mit Kanzler Olaf Scholz die Weichenstellung angekündigt. Scholz habe die Wahl gehabt, entweder weitreichende wirtschaftspolitische Zugeständnisse zu machen oder das Ende der Koalition zu akzeptieren. Der Plan der FDP beinhaltete die Vorstellung eines wirtschaftspolitischen Konzepts, das SPD und Grüne nicht akzeptieren konnten. Zudem war der Rückzug der FDP-Minister aus der Regierung geplant, um den Kanzler unter Druck zu setzen. Nachdem der Kanzler die geforderten Reformen ablehnte, kam es zum Bruch der Koalition.

     

    „Das Vorgehen der FPD ist politischer Betrug.“

     

    Die Möglichkeit, dass auch andere Koalitionspartner auf die Entwicklungen vorbereitet waren, könne nicht ausgeschlossen werden. Bereits im Sommer habe Kanzler Scholz über den möglichen Rauswurf von Lindner nachgedacht, so berichtet ZDFheute. Diese Informationen legen nahe, dass auch die SPD bereits auf einen Koalitionsbruch vorbereitet war und sich mit der Möglichkeit eines Neuwahlszenarios beschäftigt haben könnte.

    Die Ampel-Koalition war von Anfang an durch ideologische Differenzen in der Wirtschafts- und Finanzpolitik geprägt. Während die FDP auf umfassende wirtschaftspolitische Reformen und Entlastungen für Unternehmen drängte, priorisierten SPD und Grüne Investitionen in den Klimaschutz und soziale Programme. Der Streit um den Bundeshaushalt 2024 verschärfte die Lage: Die FDP verweigerte die Zustimmung und forderte drastische Einsparungen, während SPD und Grüne an investiven Projekten festhielten. Öffentliche Auseinandersetzungen, etwa um Subventionen für erneuerbare Energien oder Steuererleichterungen für Unternehmen, belasteten die Koalition weiter. Trotz mehrerer Krisengespräche gelang es nicht, die Differenzen zu überbrücken. Während die Koalitionspartner nach außen hin Einheit zeigten, zeichnete sich hinter den Kulissen eine unüberwindbare Kluft ab. 

  • Finanzminister Christian Lindner und Gesundheitsminister Karl Lauterbach: Die Neuwahlen werden zeigen, wie eine neue Regierung aussehen wird und ob die FDP in etwaigen Verhandlungen noch eine Rolle spielen kann. Foto: bundestag.de/Denzel
  • Eine gefährliche Strategie

    Christian Lindner rechtfertigte den Bruch damit, dass eine grundlegende Neuausrichtung notwendig gewesen sei. Kritiker werfen der FDP jedoch vor, aus reinem Eigeninteresse gehandelt zu haben. Kommunikations- und Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele äußerte in einem ZDFheute-Interview, dass die Enthüllungen dem Ansehen der FDP massiv schaden könnten. Die martialische Sprache, mit Begriffen wie „D-Day“, „Torpedo“ und „Feldschlacht“, untergrabe das Vertrauen in die Kompromissfähigkeit der Partei. 

    Die Grünen kritisierten die FDP scharf: Die deutsche Politikerin Emily Büning erklärte, ihre Partei sei nie angetreten, um politische Verantwortung für taktische Spielchen aufs Spiel zu setzen. Bundestagsabgeordnete Katharina Dröge und Irene Mihalic, Mitglied des Bundestages, prangerten die Unzuverlässigkeit und den Schaden an, den die FDP dem Land zugefügt habe.

     

    „Schmierentheater auf Kosten des Landes.“

     

    Die SPD zeigte sich tief enttäuscht: Saskia Esken, SPD-Mitglied des deutschen Bundestags sprach von einem „Schmierentheater auf Kosten des Landes“, während SPD-Generalsekretär Matthias Miersch das Vorgehen der FDP als „politischen Betrug“ verurteilte. Die Debatte um die Verantwortung für den Bruch der Ampel-Koalition überschattet nun den politischen Diskurs. Die SPD und die Grünen stehen vor der Herausforderung, sich vor den Neuwahlen als verlässliche Alternativen zu präsentieren und klare Positionen zu definieren. Robert Habeck soll die Grünen als Kanzlerkandidat in den Wahlkampf führen und die SPD diskutiert über die Kanzlerkandidatur von Scholz. Dabei wird über eine mögliche Kandidatur des Bundesministers der Verteidigung, Boris Pistorius diskutiert, allerdings habe Scholz bereits betont, dass er nicht weichen wolle und gemeinsam mit der SPD gewinnen wolle.

    Die FDP hingegen muss sich mit den Vorwürfen auseinandersetzen, dass sie sich selbst wichtiger genommen habe als das Wohl des Landes. Sie habe gehofft, durch die Auflösung der Koalition und die Neuwahlen ihre politische Zukunft zu sichern. Doch die Enthüllungen werfen einen Schatten auf die Glaubwürdigkeit der Partei und stellen ihre Zukunft in Frage. Ob die Partei von einem Neuanfang profitieren oder in die politische Bedeutungslosigkeit abrutschen wird, bleibt abzuwarten. In jedem Fall könnte dieser Bruch ein Wendepunkt für die deutsche Politik und die Zukunft der FDP sein.

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Milo Tschurtsch Wed, 11/20/2024 - 19:53

Der deutscher Finanzwissenschaftler und pensionierter Professor für öffentliche Finanzen der Leibniz Universität Hannover Stefan Homburg schreibt folgendes auf Twitter:

"Hintergrund: Art. 115 GG erlaubt eine Überschreitung der Schuldengrenze nur im Fall von „Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen”. Das GG erlaubt keine Überschreitung bei selbstgemachten Problemen, die sich lange abzeichneten. Dies hat das BVerfG letztes Jahr klipp und klar festgestellt

Lindner wurde nicht gewählt, um Scholzens Utopie eines Welt-Sozialamts umzusetzen, bei dem Faeser die Grenzen offenhält, Hubertus Heil mit dem Füllhorn herumläuft, Habeck die Wirtschaft ruiniert und der Schaden durch immer höhere Schulden übertüncht wird. Insofern ist es unredlich, Lindner sein Eintreten für das Grundgesetz vorzuwerfen.

Scholz und Habeck planten einen Putsch gegen die Verfassung und klammerten sich an die Hoffnung, dass das Gericht dies erst nach der nächsten Bundestagswahl feststelle."

Im Kern ging es also um eine erneute Überschreitung der Schuldengrenze die laut Verfassung nur für echte Notfälle vorgesehen ist und die Lindner nicht mittragen wollte.

Wed, 11/20/2024 - 19:53 Permalink
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Stefan S Thu, 11/21/2024 - 10:43

In reply to by Milo Tschurtsch

"Im Kern ging es also um eine erneute Überschreitung der Schuldengrenze die laut Verfassung nur für echte Notfälle vorgesehen ist und die Lindner nicht mittragen wollte."
Völliger Humbug.
Hierum ging es im Kern.
"Die Führung der FDP bereitete den Ausstieg mit PowerPoint-Präsentationen, Dokumenten und einem klaren Zeitplan vor – während sie nach außen bis zuletzt staatspolitisches Verantwortungsgefühl zur Schau stellte. Geplant wurde, wie die Koalitionspartner durch Blockaden bis aufs Blut gereizt werden, wie angeblich vertrauliche Papiere an die Öffentlichkeit gelangen und welche Narrative in den Medien verbreitet werden sollten."
https://www.zeit.de/2024/49/seriositaet-politiker-fdp-ampelkoalition-or…
Einem dieser Narrative sitzen Sie hier voll auf.

Die derzeitige Oposition hat schon jetzt beim aufweichen der Schuldenbremse zugestimmt, falls Sie es noch nicht gemerkt haben sollten. In Europa herscht ein grausamer und menschenverachtender Angriffskrieg. Mehr Notfall geht kaum noch

Thu, 11/21/2024 - 10:43 Permalink
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Oliver Hopfgartner Thu, 11/21/2024 - 11:06

In reply to by Stefan S

Das ist doch nur das erwartbare parteipolitische Geplänkel.

Die FDP hat den Fehler doch schon viel früher begangen, als sie sich überhaupt mit Rot-Grün ins Bett gelegt und diese desaströse Politik überhaupt mitgetragen hat.

Deswegen ist die FDP aktuell unwählbar. Falls die FDP diese Zusammenarbeit beendet hat, ist das wenn überhaupt ein Pluspunkt.

Thu, 11/21/2024 - 11:06 Permalink
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Stefan S Thu, 11/21/2024 - 13:05

In reply to by Oliver Hopfgartner

"Das ist doch nur das erwartbare parteipolitische Geplänkel."
Ehem, sorry aber dies ist die Regierung, Wahlkampf kommt jetzt erst wieder.
Niemand hat sich ins Bett gelegt. Dies trifft vielleicht für eine SVP zu, welche links geblinkt hat und scharf rechts abgebogen ist um an die Gelder aus Rom zu kommen.

Thu, 11/21/2024 - 13:05 Permalink