Society | Studierende

HochschülerInnen im Zeitgeist

Gespräch mit der scheidenden Vorsitzenden der sh.asus. Über das vergangene Jahr und den immer schwerer zu erfüllenden gesellschafs- und bildungspolitischen Auftrag.

Kathrin Runggatscher ist 23 und studiert Immunbiologie in Wien. Seit Februar ist sie die Vorsitzende der Südtiroler HochschülerInnenschaft sh.asus und steht damit knapp 2000 Mitgliedern vor. Für kommenden Montag, 22. Dezember, stehen die alljährlichen Neuwahlen des Vorstandes an. Anlass, einen Rückblick auf ein Jahr an der Spitze des 1955 gegründeten Südtiroler Studienvertretung zu wagen.

Kathrin, wie hast Du Deine Zeit als Vorsitzende der sh erlebt? Welche Eindrücke nimmst du mit?
Kathrin Runggatscher: Ich blicke mit gemischten Gefühlen auf das Jahr zurück. Persönlich hat mir die Arbeit als Vorsitzende sehr viel gebracht. Ich habe viel gelernt und auch einige Dinge in Angriff genommen.

Auf welche Schwerpunkte hast Du Deine Arbeit gelegt, was waren Deine größten Anliegen?
Wichtig war mir, die interne Kommunikation zu verbessern, etwa die italienischen und österreichischen Außenstellen besser zu vernetzen. Denn die Außenstellen schotten sich vielfach voneinander ab, machen alle ihr Ding und kaum etwa gemeinsam. Es ist oft schwer, Themen auf Gesamt-sh-Ebene zu behandeln.

Zugegeben, es ist immer schwieriger, als sh gesellschaftspolitisch aktiv zu werden und ich muss eingestehen, dass wir manchmal feige sind, wenn es darum geht, politisch Stellung zu beziehen.

Das Jahresthema der sh war 2014  Sprach(grenz)en. Wie beeinflusst das Jahresthema die Tätigkeiten der sh?
Das Jahresthema sollte das kulturelle Programm oder auch die Ausrichtung des Skolast – die mehrsprachige Zeitschrift der sh – definieren. Doch ist es meist so – und auch heuer war es der Fall, dass jede Außenstelle ihr ganz eigenes Programm zusammenstellt und das Jahresthema so gut wie nichts zu sagen hat. Dabei gehen viele gute Ideen verloren und das finde ich schade.

Was könnte ein Grund für die unterschiedlichen Ausrichtungen der verschiedenen Außenstellen sein?
Wien ist zum Beispiel eine Stadt, wo das politische und kulturelle Angebot viel größer ist – dementsprechend sind auch die Interessen der dort Studierenden vielfältiger. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Geisteswissenschaftler in Wien, während etwa in Graz, wo ich bisher im sh-Vorstand war, viel mehr Techniker studieren. Die Unterschiede in den Studienschwerpunkten in den einzelnen Städten spiegeln sich dann auch in den von den Veranstaltungen, die die Außenstellen organisieren, wider. Da wird in Wien ein Schachturnier zur Kommemorierung Karl Marx' abgehalten wird, während es in Graz das alljährliche Andreas-Hofer-Gedenk-Watten gibt.

Vom neuen Bildungslandesrat hätte mir erwartet, dass er sich mehr wehrt, wenn seinem Ressort finanzielle Mittel gestrichen werden.

Welche bildungspolitischen Themen standen 2014 auf dem sh-Programm?
Die Bildungspolitik ist immer eine mehrjährige Baustelle. Doch muss ich sagen, dass heuer viel weiter gegangen ist. Nur der Wille und die Bereitschaft der Politik, gewisse Anliegen unsererseits ernsthaft anzupacken, fehlt zum Teil. Vor den Wahlen scheint der Wille von allen Seiten immer unbegrenzt zu sein.

In welchen Bereichen hat sich etwas getan?
Da wäre etwa die Heimplatzvergabe der Uni Bozen. Bisher war das System nach einem “First come, first serve”-Vergabemodus ausgerichtet. Eine unserer Forderungen war, die Heimplätze über einen Wettbewerb zu vergeben oder direkt an die Studienbeihilfe zu koppeln. Zudem wollten wir eine Quote für Erstsemestrige. Anfang März hat es dazu ein Treffen mit Landeshauptmann Kompatscher und Bildungslandesrat Achammer gegeben und es wurde eine Kommission, bestehend aus Land, Uni und sh eingesetzt, um sich der Thematik anzunehmen. Die Kommission hat sich bisher zwei Mal getroffen und bis nächstes Jahr sollte die Lösung stehen.

Die Zusammenarbeit mit dem Land scheint zu funktionieren?
Die sh arbeitet viel mit dem Amt 40 für Bildungsförderung, Universität und Forschung zusammen. Etwa wenn es um die Vorbereitungskurse zu den Medizinaufnahmeprüfungen geht. Oder in der Berufsberatung und den Schulbesuchen.

Die Außenstellen schotten sich oft voneinander ab, machen alle ihr Ding und kaum etwa gemeinsam. Das macht es schwer, Themen auf Gesamt-sh-Ebene zu behandeln.

Ein heißes Thema war dieses Jahr unter anderem die Anerkennung der österreichischen Studientitel in Italien. Gibt es da Neuigkeiten?
Dazu muss gesagt werden, dass es in den letzten ein, zwei Jahren kein Treffen mehr zwischen Rom und Wien gegeben hat. Es existiert zwar eigens eine italienisch-österreichische Kommisison, die sich um die Liste der Studien, die gegenseitig anerkannt werden, kümmern sollte, doch nachdem die zuständige Beamtin in Rom in Pension gegangen war und ihre Position nicht nachbesetzt wurde, ist es zu einem Stillstand gekommen. 2014 ist nun endlich die Liste erweitert worden und wird mit 1. Januar 2015 veröffentlicht.

Und doch gibt es noch viel zu tun?
Die bürokratischen Hürden bei der Studientitelanerkennung sind wirklich zum Mäuse Melken. Vor allem bei den Lehrpersonen gibt es große Probleme. Mit dem neuen Bildungsgesetz ist die Situation allerdings ein bisschen besser geworden.

Stichwort neues Bildungsgesetz: Dessen Zustandekommen wurde von Philipp Achammer initiiert und mit viel Engagement voran gebracht. Ist mit dem neuen Bildungslandesrat eine neue Ära in der Südtiroler Bildungspolitik angebrochen?
Von Philipp Achammer habe ich den Eindruck, dass er persönlich total engagiert ist. Zur Zeit scheint es allerdings, als wären hundert andere Sachen wichtiger als die Anliegen der sh. Wir haben uns vor den Landtagswahlen mit ihm getroffen, da war er wirklich motiviert, doch jetzt kann er meiner Meinung nach nur verlieren. Ich hätte mir erwartet, dass er sich mehr wehrt, wenn seinem Ressort finanzielle Mittel gestrichen werden – Stichwort Leistungsstipendien. Doch muss man bedenken, dass hinter dem Landesrat ein ganzer Apparat von Beamten steht, ohne die er schwerlich Entscheidungen treffen kann.

Die sh ist sicherlich eine der ersten Adressen, wenn es um die Teilnahme am Autonomiekonvent geht.

In den nächsten Tagen finden in der sh Neuwahlen statt. Wirst Du nochmals für den Vorsitz kandidieren?
Da ich im nächsten Semester plane, ein Auslandssemester zu machen, wird es sich zeitlich nicht ausgehen. Denn als Vorsitzende muss man doch oft präsent sein, Termine wahrnehmen und die sh nach außen repräsentieren.

Welche Projekte stehen in naher Zukunft an?
Da wäre zum Beispiel die Neugestaltung des Autonomiestatuts. Am Autonomiekonvent, wo das Statut umgeschrieben werden soll, werden voraussichtlich auch Vereine teilnehmen können. Und da ist die sh sicherlich eine der ersten Adressen, weil einige unserer Leute sicherlich wertvolle Beiträge leisten können.

Gesellschaftspolitik ist also nach wie vor ein Bereich, wo sich die sh – auch kritisch – engagieren will?
Zugegeben, es ist immer schwieriger, als sh gesellschaftspolitisch aktiv zu werden. Die Studierenden sind heute einfach viel heterogener – es gibt nicht mehr “den Student” beziehungsweise “die Studentin”. Es ist auch innerhalb der sh schwer, sich auf eine gemeinsame Linie zu einigen und ich muss eingestehen, dass wir manchmal feige sind, wenn es darum geht, politisch Stellung zu beziehen. Aufgrund interner Konfrontationen. In den praktischen Belangen der Studierenden haben wir allerdings in den letzten Jahren viel mehr weiter gebracht als in den zwanzig Jahren davor.

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Salto User
Andreas Baumgartner Mon, 12/22/2014 - 08:44

"Die interne Kommunikation muss verbessert werden" - dies scheint mir ein Euphemismus zu sein. Tatsache ist, dass ich vor rund 8 Jahren drei Semester lang SH-Mitglied in einer der Außenstellen war. In diesen drei Semestern hat man es nicht geschafft, mir auch nur ein einziges Mal den "skolast" zuzustellen. Hingegen bekomme ich noch heute, 8 Jahre später, regelmäßig den Mailnewsletter der Außenstelle zugeschickt. Daran haben auch mehrmalige Hinweise an die Außenstelle und an das Hauptbüro leider nichts geändert.

Mon, 12/22/2014 - 08:44 Permalink