Society | Sanitätsbetrieb

Die illegalen Boxen

Was sich im Rehabilitationsdienst des Sanitätsbetriebes Bozen abspielt, spottet jeder Beschreibung. Man arbeitet in Räumlichkeiten ohne Benutzungsgenehmigung.
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Foto: LPA
Vor wenigen Wochen kam eine Rundmail. Das Personal des Sanitätsbetriebes wurde in dem Schreiben noch einmal daran erinnert, dass es strengstens verboten sei, Informationen nach außen zu tragen.
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Hatte doch kurz zuvor eine Mitarbeiterin des Krankenhauses Bozen in einer Außenstelle, dem Rehabilitationsdienst in der Fagenstraße auf eigene Faust, Unregelmäßigkeiten und haarsträubende Zustände aufgedeckt, die gegen die Baubestimmungen, die Hygienevorschriften und die Gesetze verstoßen.
Die Geschichte erlaubt abseits der Hochglanzprospekte und der vom Sanitätsbetrieb bezahlten PR in den Südtiroler Medien, einen Blick auf das Südtiroler Gesundheitswesen, der wenig schmeichelhaft ist.
Es ist aber auch eine Affäre, die deutlicht macht, wie kühn sich öffentliche Einrichtungen über die eigenen Bestimmungen hinwegsetzen und anscheinend niemand kontrolliert, ob sanitäre Einrichtungen den gesetzlichen Normen entsprechen oder nicht.
 

Generalsaniertes Gebäude


Schauplatz der Geschichte ist eine Außenstelle des Bozner Krankenhauses in der Fagenstraße 14 in Bozen. Der Gebäudekomplex gleich hinter dem Bozner Realgymnasium, wurde 1976 erbaut und schmiegt sich an die Hanglage des Gunschnaberges. Über mehrere Blöcke verteilt, beherbergt das Gebäude den Rehabilitationsdienst des Sanitätsbetriebes sowie Einrichtungen des Betriebes für Sozialdienste Bozen.
Der Sanitätsbetrieb bietet in den Räumlichkeiten Physiotherapie, Elektrotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Integrative Behandlung an. Außerdem sind weitere Ambulatorien und Verwaltungsbüros in dem Gebäude untergebracht. Es gibt auch eine Turnhalle und ein Hallenschwimmbad zu Rehabilitationszwecken.
In den vergangenen Jahren wurde der Komplex einer Generalsanierung unterzogen. Der Kostenpunkt: 7.053.000 Euro. Das Ziel war es die Struktur nicht nur den gestiegenen Anforderungen, sondern auch den neuen Bau-, Hygiene- und Arbeitsbestimmungen anzupassen.
Wie dieses Vorhaben allerdings umgesetzt wurde, wird jetzt deutlich.
 

Zwei Zellen

 
Im zweiten Stock des Gebäudes gibt es im Zimmer 207 die sogenannte „palestra“. Es ist eine Art kleine Turnhalle mit Geräten für die Rehabilitation. Daneben wurden zwei Räumlichkeiten gebaut, die den gesamten Tag über für die Physiotherapie gebraucht werden
Es handelt sich um zwei Boxen im Ausmaß von 2,4 x 3,85 Metern ohne Fenster oder Lüftungsanlage. Im Inneren sind jeweils eine Liege und eine elektromedizinische Apparatur zu finden. Der Raum ist so klein, dass der Patient und die Physiotherapeutin kaum Platz haben. Weil die Boxen keine Fenster haben, muss man Tag und Nacht das Licht brennen lassen.
 
 
Da aber auch keine Frischluft zugeführt wird, müssen die Therapeutinnen auch die Türen zu den Boxen offenhalten. Genau das aber sorgt für andere Probleme: Denn die meisten, die sich halbnackt auf eine Liege legen und Übungen machen, wollen dabei nicht unbedingt beobachtet und zur Schau gestellt werden. „Es ist hier keinerlei Privacy mehr vorhanden“, sagt eine Patientin zu salto.bz.
 

Nachfrage mit Folgen

 
Eine der Therapeutinnen hat diese Zustände so aber nicht hinnehmen wollen. Die Frau hat monatelang bei der Führung der Struktur nachgefragt, ob diese Arbeitsbedingungen so rechtens sind. Und vor allem, ob man diese räumliche Situation den Patienten und den Angestellten zumuten kann.
Nachdem die Therapeutin aber keine richtige Antwort auf ihre Fragen bekam, hat sie sich Ende September schriftlich an den Dienst für Arbeitsschutz des Gesundheitsbezirkes Bozen gewandt. Am 15. Oktober machten zwei Techniker daraufhin einen Lokalaugenschein in der Fagenstraße.
Das Ergebnis wird in einem langen Schreiben des zuständigen Amtsdirektors Marco Berrnardo zusammengefasst. Der Ingenieur und Chef des Arbeitsschutzes kommt dabei zu einem vernichtenden Resümee:
 
„Gli spazi nei box si presentano alquanto ristretti ed il normale movimento dell’operatrice risulta limitato in relazione al lavoro da compiere. Inoltre, tale situazione si complica ulteriormente nel caso di accesso di pazienti non autosufficienti e quindi necessità di una loro movimentazione, anche mediante l’utilizzo di ausili.
È stato altresì riscontrato che le porte scorrevoli presentano delle difficoltà di presa, in quanto mancano appositi appigli per le mani ed inoltre il loro trascinamento risulta non essere fluido e quindi tale da non consentire l’apertura/chiusura delle stesse con la dovuta facilità.
In considerazione di quanto sopra esposto e della presenza nei due locali di condizioni microclimatiche sfavorevoli, determinate da un insufficiente ricambio d’aria, si ritiene non opportuno l’utilizzo dei due box per l’attività di fisioterapia, così come ora effettuata, quanto meno evitando l’occupazione prolungata per l’intera giornata lavorativa e adottando per quanto possibile la rotazione del personale.“
 
 
Wenig später erlässt die geschäftsführende Direktorin des Rehabilitationsdienstes eine Dienstanweisung. Demnach dürfen die beiden Boxen nur mehr mit Erlaubnis der Pflegedienstleiterin benutzt werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass sich eine Angestellte nicht zu lange in dem Raum aufhält. Auch die Türen sollen geöffnet werden, damit Frischluft eintreten kann.
Zudem wird angekündigt, dass man beim Amt für Bauerhaltung ein Ansuchen um den Einbau einer Lüftungsanlage gestellt hat. Der Antrag wurde bis heute nicht genehmigt. Dafür will man jetzt Halterungen an den Türen anbringen.
 

Fehlende Benutzungsgenehmigung?


Auf eine Frage haben die zuständigen Beamten aber bisher nicht geantwortet. Die Therapeutin hatte auch nachgefragt ob es eine Benutzungsgenehmigung für die beiden Boxen gebe. Diese Genehmigung ist gesetzlich vorgeschrieben und dürfte vor allem in Gesundheitseinrichtungen eigentlich eine Grundvoraussetzung sein.
Der Grund für die Nichtantwort liegt auf der Hand: Es dürfte für die beiden Boxen, die laut dem Gutachten des Arbeitsschutzes nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen, keine Benutzungsgenehmigung geben. Auch weil sie keineswegs behindertengerecht sind, was sie vom Gesetz her sein müssten.
Damit aber stellt sich eine viel brisantere Frage: Wie schaut es mit anderen Teilen und Räumen in demselben Gebäude aus?
So gibt es zum Beispiel im Haus in der Fagenstraße eine Küche für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Geplant, eingerichtet und gedacht dazu, dass die Bediensteten sich dort kleine Mahlzeiten, Tee oder Kaffee zubereiten können.
Diese Küche wurde aber gleichzeitig zur sanitärtechnischen Einrichtung umfunktioniert. An der Tür steht ein großes Schild „Paraffin/Paraffina“. Der Grund: Es werden als Therapie auch Kuren mit heißem Wachs angeboten. Deshalb hat man den Ofen in dem das Wachs erwärmt wird, kurzerhand in der Küche untergebracht. Dass damit die notwendigen hygienisch-sanitären Standards sträflich verletzt werden, scheint niemand zu stören.
 
 
Ebenso gibt es im vierten Stock in der Fagenstraße einen Raum für die „Elektrotherapie“, der ebenfalls ohne Fenster und Belüftung ist. Auch hier bestehen erhebliche Zweifel, ob die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden.
Die zuständige Pflegedienstleiterin hat in ihrem Schreiben aber bereits vorab eine interessante Verteidigungslinie gewählt.
Sie schreibt:
 
„Preme comunque far presente che i suddetti locali sono stati progettati nell’ambito della recente completa ristrutturazione dell’edificio, in risposta ad una specifica esigenza espressa dai terapisti di disporre di locali dove poter effettuare terapie individuali. “
 
Im Klartext: Nicht die hochbezahlten Architekten, Projektsteurer oder zuständigen Fachleute sind für diese Missstände verantwortlich, sondern die Bediensteten sind selber schuld.

 

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Lorenzo Albarello Fri, 12/20/2019 - 08:34

Il problema e' che il controllore e il controllato sono la stessa cosa, una cosa simile nel privato e' impossibile da ottenere, per non parlare dei locali pubblici, ( negozi, bar ecc. ) peggio ancora

Fri, 12/20/2019 - 08:34 Permalink