Politics | Eiertreter*in

Fehler: Netzwerk-Zeitüberschreitung

Ein Oxymoron ist ein Widerspruch in sich. Beispiel gefällig: „Dunkel war's der Mond schien helle“ oder noch besser: „Südtirol hat schnelles Internet“.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Kabelsalat
Foto: Pixabay

An die 45 Minuten brauche ich üblicherweise. Also einen Text wie diesen auf Salto hochzuladen; mit Bild, Überschriften und allem Pipapo. Ist meiner Telefonlinie geschuldet. Zuweilen komme ich mir vor wie in den 90ern, als wir uns mit 56K-Modems in dieses neuartige Internetz eingewählt haben. Die SIP - Società Italiana per l'Esercizio delle Telecomunicazioni heißt seit 1994 Telecom Italia und meine Internetzverbindung schimpft sich jetzt ADSL, aber in der Substanz haben die Namensänderungen nichts bewirkt. Meine Datenverbindung ist wie ein undichter Wasserhahn: Plop, plop, plop ... tröpfeln die Pakete ein.
Gut, nun muss ich zugeben, dass ich in einem Kaff abseits der Zivilisation wohne; totale Pampa - also der Speckgürtel der Weltlandeshauptstadt, um genauer zu sein. Wenn der Bua vor seinem Houm-Skuuling sitzt, ist das keine Google-Classroom-Sitzung sondern Schulradio, weil die Leitung es nicht schafft, ein Bild der Lehrerin durchzuschaufeln. Passt: Gonz a schiachr Schrogn die Mathilda - seine Englishteacher*in - muss man sich nicht antun. Der Bua hat mir mal erklärt, dass bei diesem Computerzeug das Mooresche Gesetz gilt. Laut Chip.de besagt es, „dass sich die Leistungsfähigkeit von Computern und technischen Geräten ungefähr alle 18 Monate verdoppelt“. Kommt mir komisch vor, weil mein zehn Jahre alter Rechenknecht über die Jahre überhaupt nicht schneller geworden ist.
Ganz sicher gilt Moore's Law nicht für meine Internetverbindung. Da hat was anderes Gütigkeit: Murphy's Law. Dessen Kernsatz lautet: „Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen“. Die verschärfte Südtiroler Variante ist: „Wenn es schief geht, geht es auf die schlimmstmögliche Weise schief“.
Nimm beispielsweise das Projekt Glasfasernetz der Brennercom, des fetten Sarners und seines Manfred. (Sorry, muss schnell eine Klammer aufmachen: Also mich beeindruckt die Grausamkeit der Sarner, ihre Bürgermeister im Landtag zu entsorgen, anstatt einfach abzuwählen. Die Retourkutsche für die Sarner-Witze dieser Welt).
Zurück zur Brennercom. Was hat die gebracht? Breitband für die breite Bevölkerung? Fehlanzeige! „Zur Erinnerung: Ihr Gründungsauftrag bestand darin, das gesamte Territorium mit zukunftsweisender Breitbandtechnologie auszustatten, um Unternehmern und Bürgern Südtirols auch in peripheren Räumen eine entsprechende Infrastruktur anzubieten. Vor allem das Vinschgau und das Pustertal sollten mit Glasfasernetzen ausgestattet werden, was jedoch nur in Ansätzen verfolgt wurde“, schrieben die Grünen in einer Anfrage im Juni 2015. Ein Untersuchungsausschuss über die Scalata seitens der „Christlichen Brüder“ (Zitat: Reinhold Messner) inklusive der Annullierung der Landesbeteiligung durch den damaligen Präsidenten Ferdinand Willeit? Fehlanzeige! Gut, die Verlagskrake hat mit dem Verkauf an die Mailänder Retelit 65 Millionen Euro lukriert und dem Manfred und seiner Holden gehören laut einem Interview im Wochenmagazin FF jetzt nicht nur ein Boot am Gardasee, sondern auch zwei Drittel eines Nobelrestaurants neben der Sarner Skihütte, aber sonst?
Okay, irgendwo liegen noch ein paar Kilometer Leitungen im Mutterboden dieses von Gott vergessenen Flecken Erde. Was soll man damit machen? Sonst fährt so ein Landesrat durchs Land und kann zu seinem Chauffeur sagen: „Diesen Tunnel habe ich eingeweiht, beim Kindergarten dort mit dem LH ein Bandl durchschnitten, beim jenem Zivilschutzzentrum, war ich nicht nur im Boazner zu sehen, sondern gleich auf zwei Fotos im Kasblatt“. Jetzt ersetzen Sie Tunnel, Kindergarten und Zivilschutzzentrum mit Metropolitan Area Network, POP und Muffe. Sie müssen zugeben, damit lässt sich keine Einweichungsfeier machen.
Kein Wunder, dass die Landesräte für Digitalisierung schneller wechseln, als ich meine Unterhose. Neue Legislatur, neuer Digitaler am Werk (Die Null, nicht die Eins des Binärsystems): Der Flori, der Ladiner mit dem treuherzigsten Hundeblick wo gibt; die Tochter von Waltraud Gebert Deeg; aktuell, der, dessen Name ich niemals nenne. Vor allem in Letzteren hatte ich große Hoffnungen gesetzt: Jeder neue Hausanschluss ein Event im Kleinformat! Mit Musi, Feuerwehr und blumenstreuenden Erstkommunikanten. Stattdessen muss er jetzt Impf-Partys organisieren - Scheiß Corona. Kannst die ganzen Fotos in der Hauspostille vom Weinbergweg in die Tonne treten: Sieht man hinter der Maske nicht mal das breite Grinsen darüber, dass noch niemand die gänzliche Un-Fitness dieses Menschen für jedwedes Management bemerkt hat.

In der Pandemie rächt sich, dass man zuerst unsere architektonisch verunfallten Handwerkerzonen an den „1577 km Glasfaser Backbone“ angeschlossen hat, ohne den Rest der Bevölkerung mitzunehmen. Wie war das: „Geht es der Wirtschaft gut, geht es allen gut!“ Hat schon etwas metaphorisches, wenn die mangelnden Fachkräfte nun statt nur im morgendlichen Frühverkehr auf den Stadtzufahrten, den ganzen Tag auf der Datenautobahn im Stau stehen. Klaro, gibt auch Corona-Gewinner. Für meine Nachbarin ist dieses ganze Covid, gepaart mit den Versäumnissen beim schnellen Internetz, ein Segen. Seit fast einem Jahr kassiert sie Nachtzulage. Ihre Verbindung ist gleich beschissen wie meine, weshalb sie erst gegen 23 Uhr mit dem Home-Office anfängt. Single müsste man sein.

48 Kbit/s

Die Blasonierung, die fachsprachliche Beschreibung des Südtiroler Wappens auf Wikipedia lautet: „Auf Silbergrund alter roter (Tiroler) Adler, goldbewehrt mit roter Zunge und goldenen Flügelspangen.“ Weg mit dem Gummigigger! Die nördlichste, walsche Provinz - mit Betonung auf „Provinz“ wie „provinziell“ - verdient sich allenfalls eine Schnecke als Wappentier. 0,004 Km/h schafft so eine Weinbergschnecke. Das kommt hin. Mehr Geschwindigkeit hat so eine Speedtest-Seite bei mir auch nicht gemessen: 48 Kbit/s (achten sie immer auf K und M vor „bit“). Ich erinnere mich dunkel, dass der Flori immer getönt hat, 2018 sei das ganze Landl mit Breitband versorgt - nicht nur Villnöß. Dort hat die lokale Energiegenossenschaft Verkabelung und Anschluss bis zum letzten Hof übernommen. „Inzwischen sind Verbindungsgeschwindigkeiten von bis zu 100 Mbit/s möglich“, schreiben die auf ihrer Website. Letztere zu laden dauert bei mir drei bis vier Minuten. In der Zeit kann sich der Villnößer Bauer nicht nur eine Raubkopie von „Drei Schwedinnen in Oberbayern“, sondern dazu auch noch „Alpenglühen unterm Dirndlrock“ aus dem Darknet saugen.

0 Kbit/s

Das schlimme ist, dass wir uns die Einbrocker dieser Suppe nicht einmal selbst ausgesucht haben. Oder haben Sie bei irgendeiner dieser ständig abgehaltenen Wahlen ihre Vorzugsstimme für den Präsidentensessel der Infranet dem Moser-Bua vom hds gegeben? Oder IDM, Alperia, Messe Bozen AG, Therme Meran AG, Brennerautobahn, und, und, und? Ich sage: Von den obigen Gesellschaften mit Landesbeteiligung haben nur die Präsidenten von erst- und letztgenannten ausreichende Qualifikation. Nimm die IDM. Hoteliere, wie der HGV-Fuzzi aus Schenna sind schon von ihrer DNA her Hochkönige des Selbstmarktetings, die ihren Meister nur noch im Gottkaiser der Larmoyanz finden: Dem Südtiroler Bauer.
Die Qualitäten vom Reichhalter Hartmut, Ex-Bürgermeister aus Kastelruth auf der Poltrona der A22, sollen hingegen im Urbanistik-Recht liegen. Verkehrsströme und Baugenehmigungen haben unendlich viele Schnittstellen. So ein Sant'Ambrogiokollaps mit 100 Km Stop-and-go muss wie eine Kubaturverschiebung angegangen werden: Eine halbe Million Kubikmeter Walsche von Bozen nach Affi in acht Stunden. Und Urbanistik kann man sicher brauchen, wenn man die Behelfsausfahrt in Brixen-Süd zu einer vollwertigen ausbauen will - was seit gefühlt 20 Jahren der Verwirklichung harrt. Also länger als die Verlängerung der Autobahnkonzession. Bei der nächsten Pressemitteilung, dass die Konzession jetzt aber wirklich und tatsächlich - schwörn wohr, drei Finger auf's Herz - unterschrieben wird und das mit den privaten Aktionären und InHouse geklärt wurde, also keine europaweite Ausschreibung seitens der ANAS oder ein Veto des Verkehrsministers droht, der ein Auge auf die Gelder der Querfinanzierung des BBT geworden hat - sollten wir nicht, wie die bescheuerten Lehrer einen stillen Flashmob auf dem Magnago-Platz abhalten, sondern unsere Landesregierung als Dankeschön für das jahrelange Hü und Hott der Jubelpresseaussendungen mit unseren Telepass-Trappelen steinigen.
Ich habe einen Verdacht: Als Empfehlungsschreiben für den Sottogoverno reicht der Surgruabgeruch der Edelwaisen, es sei denn, du zählst wie der Hartmut gleich zu den Arno-Boys. Vabene, schlimmer wäre nur noch, wenn ausschließlich die Seilschaft vom Du, Philipp zum Zuge käme. Errata corrige: Die obmannsche Gefolgschaft der rechten Biabln nennt man nicht „Seilschaft“ sondern „Flaschenzug“. Ich schweife ab.

Schon mal die Seite Breitband der Südtiroler Landesverwaltung besucht? Hat logischerweise - wir sind ja ein hippes Land - einen Hashtag: #wirvernetzen. Wie das Rumpelstilzchen wollte ich mich vor Wut in zwei Teile zerreißen, als ich das gelesen habe. #wirsindbereitsvernetztumunserepfründebesseraufzuteilen muss es richtigerweise heißen.
Oder glauben Sie der Moser-Bua ist aus reiner Kompetenz auf den Posten gehievt worden? Kennt das Snelliussche Brechungsgesetz aus dem Effeff, ohne dessen Effekt du so einen Lichtleiter nur zu einem Weinglasl einschmelzen kannst? Hat auch als Klassenbester den Wettbewerb für das warme Plätzchen gewonnen?
Boah, ich bekomme so einen dicken Hals, wenn ich an die Infranet denke! Eine würdige Erbin, die uns da der LH aus der Rippe der Brennercom geschnitten hat. Vor über 18 Monaten habe ich um diesen verfickten Anschluss angesucht! Glaubst du irgendeine Lusche hätte sich seit damals gemeldet? Ah so, ich sollte hochwohl-untertänigst - eine möglichst breite Schleimspur hinterlassend - einen Antrag auf Erteilung eines Antragformulars für eine Audienz beim durchlauchtigsten Dienstleister stellen?     
Wissen Sie was ich beantrage: Dass dem Moser-Bua seine 50.400 Euro Präsidentengehalt genau so lange nicht ausbezahlt werden, wie ich auf die letzte Meile warte. Cazzo! Dabei bin ich noch gnädig: Mir würde so viel einfallen, was ich mit diesem, den lieben langen Tag Däumchen drehenden Haufen in der Bozner Pacinottistraße 12 machen würde… Aber wenn ich das hier schreibe, geht's mir wie dem Trumpeltier auf Zwitscher - dann sperrt Salto meinen Account.
Apropos Account. Natürlich fordere ich auch, dass den Selbstbeweihräucher*innen unserer Politik solange der Zugang zu Gesichtbuch.com oder Instantgramm auf „Edge“ gedrosselt wird, solange bei mir www das Akronym für World Wide Wait bleibt. Dann werden wir schauen wer schneller im Upload ist. Die mit ihrem 48 Megapixel Hochglanzfoto oder ich mit meinem Artikel auf diesem Portal unterhalb der Wahrnehmungsgrenze.