Economy | Ernährung
Ein inakzeptabler Gesetzesentwurf?
Foto: HGV
Am vergangenen Mittwoch hat der IV. Gesetzgebungsausschuss unter seiner Vorsitzenden Paula Bacher den Landesgesetzesentwurf Nr. 122/22 zur verpflichtenden Herkunftskennzeichnung von Fleisch, Milch und Eiern in der Gemeinschaftsverpflegung behandelt. Eingebracht wurde er von den SVP-Abgeordneten Manfred Vallazza, Franz Locher und Josef Noggler sowie Brigitte Foppa von den Grünen. Wie es im Begleitbericht der Einbringer zum Gesetzesentwurf heißt, soll es den Verbrauchern ermöglicht werden, in Bezug auf die Herkunft der Speisen, die in der Gemeinschaftsverpflegung – beispielsweise in Restaurants, Kantinen, Schulen und Krankenhäusern oder von Catering-Unternehmen – verzehrt werden, eine fundierte Wahl treffen zu können. Gleichzeitig soll die sozioökonomische Rolle der Berglandwirtschaft gestärkt werden.
Die ersten sechs Artikel des Gesetzentwurfs wurden bereits im Dezember gebilligt. Zu Artikel 7 hatte damals noch das Finanzgutachten des Landes gefehlt, welches inzwischen eingetroffen ist. „In Verbindung mit dem Gutachten wurde von den Einbringern des Gesetzesentwurfes ein etwas geänderter Vorschlag eingebracht. Diesen Änderungsantrag haben wir im Ausschuss gutgeheißen“, so Bacher. „Abschließend wurde der Gesetzesentwurf vom Ausschuss einstimmig gebilligt.“
Inakzeptabel
Der Hoteliers- und Gastwirteverband HGV sieht in diesem Gesetzesentwurf jedoch eine inakzeptable Ungleichbehandlung zwischen Gastronomiebetrieben und Buschenschänken und ist der Meinung, dass diese Bestimmung dem EU-Recht widerspreche. Darüberhinaus spricht sich der HGV gegen eine gesetzlich vorgeschriebene Herkunftskennzeichnung aus, da es seiner Meinung nach einen enormen bürokratischen und administrativem Mehraufwand für die gastronomischen Betriebe mit sich bringen würde. In seiner Presseaussendung weist der HGV darauf hin, dass der erforderliche Versorgungsgrad bei vielen Lebensmitteln regional kaum gegeben ist, beispielsweise sei Geflügel kaum verfügbar und manche im Gesetzesentwurf erwähnten Produkte würden in Südtirol gar nicht hergestellt. „Auch aus diesem Grund sehen wir wenig Sinn in einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung der verwendeten Lebensmittel in den gastronomischen Betrieben“, argumentiert HGV-Präsident Manfred Pinzger, der weiters darauf hinweist, dass die Herkunftskennzeichnung keine Garantie für die Qualität des Produktes ist. Zudem habe der Gemeindenverband in seinem Gutachten festgestellt, dass das Land Südtirol nicht ohne weiteres eine eigene Regelung zur Angabe der Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln erlassen kann. Eine EU-Verordnung sieht nämlich vor, dass Herkunftskennzeichnungen nur über nationale Bestimmungen verpflichtend vorgeschrieben werden könnten.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft den Geltungsbereich, denn nichtgewerblichen Betriebe, wie Buschenschänke, wären von dieser Regelung ausgenommen. „Diese Ungleichbehandlung zwischen gewerblichen Gastronomiebetrieben und Buschenschänken kann keineswegs akzeptiert werden. Schließlich bieten beide Betriebstypen dasselbe Wiener Schnitzel oder dasselbe Kalbsgulasch an.
Warum der Gastbetrieb angeben muss, woher er das Fleisch bezieht, und der Buschenschank nicht, ist für uns nicht nachvollziehbar.
Warum der Gastbetrieb angeben muss, woher er das Fleisch bezieht, und der Buschenschank nicht, ist für uns nicht nachvollziehbar“, so HGV-Präsident Pinzger, der betont, dass sich der Verband aber sehr wohl für die Förderung von freiwilligen Initiativen ausspreche, um den Einsatz von regionalen Lebensmittelprodukten in der Gastronomie zu forcieren. Als Beispiel wird die von IDM Südtirol vorangetriebene Initiative „Nachhaltigkeits-Label Südtirol“ für Tourismusbetriebe genannt, wo die Verwendung von regionalen Produkten, wie Milch, Joghurt, Äpfel sowie ein bestimmter Anteil an regionalen Weinen, verpflichtend vorgesehen ist.
Schade
„Das ist sehr schade“, kommentiert die Mitunterzeichnerin des Gesetzesentwurfes, Brigitte Foppa, die Haltung des HGV und meint, dass eine Allianz für mehr Verbraucherschutz, für Ehrlichkeit und Transparenz gut getan hätte. „Der HGV beanstandet den Aufwand und die Ungleichbehandlung im Vergleich zu den Buschenschänken“, so Foppa. Was den Aufwand betreffe, so könne man die Haltung des HGV nachvollziehen, dieser halte sich jedoch in Grenzen, erklärt die Grüne Abgeordnete, denn es gehe darum, ein Herkunftsland, das auf der Schachtel angegeben ist, auf die Speisekarte zu übertragen, und zwar immer nur für die Hauptzutat, wenn es sich um Fleisch, Milchprodukte oder Eier handelt.
„Das ist fast schon peinlich. Der große HGV mit seinen großen Betrieben muss sich wirklich nicht mit Buschenschänke und Würstelbuden messen. Diese Argumente sind so fadenscheinig, dass sich der HGV dem Verdacht aussetzt, in Wirklichkeit nicht sagen zu wollen, woher die Grundzutaten in den Südtiroler Gastbetrieben kommen. Müssen wir das verbergen? Wenn ja, so sollten wir drüber reden“, so Foppa mit dem Verweis auf knappe Kalkulationen im Gastronomiebereich, dem Anteil des Lebensmitteleinkaufes und der Frage nach der Verfügbarkeit von heimischen Produkten. „Wahrscheinlich braucht es auch eine Umstellung in der Landwirtschaft, ja. Das ist auch mit ein Grund, warum das Gesetz zur Lebensmittelkennzeichnung geschrieben wurde. Es soll an einer Stellschraube drehen, um eine außer Rand und Band geratene Entwicklung aufzuhalten und eine neue Richtung einzuschlagen. Für mehr Regionalität, mehr Klimaschutz und mehr Verantwortung“, erklärt Foppa und fügt hinzu: „Wenn der HGV Teil dieser Entwicklung sein würde, wäre auch er am Puls der Zeit.“
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Der HGV hat Recht, wenn er
Der HGV hat Recht, wenn er Gleichbehandlung fordert. Die Bauern haben auch Recht, wenn sie sich von Gastbetrieben erwarten, dass sie nach Möglichkeit einheimische Produkte verwenden. V.a. der Tourismus profitiert von Almen, gepflegten Berghöfen und oft genug von Wanderwegen, die durch privaten Grund verlaufen.
Finde die Aussagen vom HGV
Finde die Aussagen vom HGV Presidenten richtig, wieso werden in unserem Land nicht alle gleich behandelt??
Haben unsere Politiker nichts besseres zu tun al solche Gesetze zu beschliessen, welche zudem illegal sind.
Wieso kümmern sich unsere Politiker nicht um wichtige Sachen, senken der Lebenskosten, Energie usw.
Frau Foppa und SVP welche dieses Gestz beschlossen haben sollten sich zuerst informieren was im Land an Lebensmittel erhältlich ist, zb Fisch, mit dem 3 Forellen welche im Land gezüchtet werden ,oder Hühner, Schweine,Wild usw. all diese Produkte reichen nicht einmal für die hir lebende Bevölkerung.
Wir sind es mittlerweile Gewohn von den Politikern schikaniert zu werden.
Unser schönes Land geht langsam aber sicher mit diesen Politikern den Bach runter.
In reply to Finde die Aussagen vom HGV by Johann Georg B…
es soll ja nicht verboten
es soll ja nicht verboten werden, Lebensmittel aus großer Entfernung heranzukarren, nur muss es der Verbraucher wissen.
Das ist nicht illegal, sondern legitim.
Die Worte >Ehrlichkeit und
Die Worte >Ehrlichkeit und Transparenz sollten diese Politiker nicht in den Mund nehmen. Freunde des Edelweiss und Grüne lernt zuerst normale Bürger zu respektieren
In reply to Die Worte >Ehrlichkeit und by Johann Georg B…
Sie hätten alle anderen LT
Sie hätten alle anderen LT-Parteien und die luxuriösen 1-Mann-Fraktionen auch aufzählen müssen. Vollständigkeitshalber.
Das Vertrauen in die Politiker_innen ist nämlich bei vielen Wähler_innen so ca. auf dem Nullpunkt.
Die Initiative ist gut und
Die Initiative ist gut und wichtig. Wieso Buschenschänke ausgenommen bleiben sollen, erschließt sich mir jedoch nicht.
Allen Skeptiker*innen empfehle ich dieses Video mit Aussagen von Schweizer Gastronom*innen: https://youtu.be/dCqxgdZCAEY
In der Schweiz gilt die verpflichtende Herkunftsangabe für Fleisch und Fisch offenbar schon seit über 25 Jahren!
In reply to Die Initiative ist gut und by Silke Raffeiner
Die Hinweise auf der
Die Hinweise auf der Speisekarte "für in der näheren Umgebung erzeugte Lebensmittel, unter nachvollziehbaren natürlichen Bedingungen," schätzen auch die Gäste.
Wenn die Herkunftsbezeichnung von allen Zutaten auf den Speisekarten angegeben werden müßten, würden diese ähnlich aussehen wie ein Beipakzettel für Medikamente.
Es ist höchste Zeit, dass die
Es ist höchste Zeit, dass die Märchenstunde vorbei ist. Das Manko der Landwirtschaft war und ist, dass sie oft zu wenig die Tatsachen dargelegt hat. Deswegen sind solche Kommentare und Interviews wie letzthin mit Prof. Gauly höchst notwendig.
Sorry, der Kommentar sollte
Sorry, der Kommentar sollte unterm Interview mit Frau Kaser stehen.
Per i consumatori è
Per i consumatori è importante essere informati sulla salubrità del cibo. La provenienza è importante, ma da sola non è sufficiente. Inoltre io (e non solo io) apprezzo molto i prodotti alimentari del Commercio Equo e Solidale ; vengono da molto lontano, ma fanno bene alla salute e alla giustizia sociale.
Ich begrüße mehr Transparenz,
Ich begrüße mehr Transparenz, aber der ganze Mehrwert dieses Vorschlags erschliesst sich mir nicht unmittelbar. In direkter Weise geht es laut meinem Verständnis nicht um mehr Nachhaltigkeit, mehr Südtiroler Produkte und "die Stärkung der Berglandwirtschaft", die eingefordert werden. Indirekt kann sein, dass Konsumenten aus Klimaschutzgründen kein Fleisch essen, wenn es nachweislich aus Übersee kommt und die Nachfrage nach mehr Südtiroler Produkten kann zu mehr Angebot (zB Geflügel, Rind) führen. Davon abgesehen sind Speck und Wurstwaren, sowie Fertiggerichte ausgenommen, die mittlerweile in vielen Küchen und Speisekarten einen großen Teil ausmachen. Zudem ist der Gastbetrieb nach dem Produzenten und Lieferanten der Dritte in der Kette, aber zwecks Auskunft scheint nur er hier in der Pflicht zu sein, was die Auskunft wohl erschwert. Der Gastbetrieb müsste herausfinden und angeben, ob das gelieferte Huhn aus Bergamo, Bruneck oder Innsbruck kommt und die Kontrollstelle überprüfen, ob das "Südtiroler Huhn" in der Tiefkühlzelle und das im Kochtopf aus dem selben Hühnerstall kommen? Das wird spannend. Ein progressiver Mindestansatz an erschwinglichem bio und regional wäre im Rahmen der Südtiroler Nachhaltigkeitsziele noch spannender. Und: weniger Fleisch reduziert Verpflegungskosten und Treibhausemissionen. Aber vielleicht habe ich den Gesetzesentwurf nicht richig verstanden?
Herkunftsbezeichnungen der
Herkunftsbezeichnungen der Hauptzutat, sowohl in der "grösseren" Gastronomie, als auch bei Buschenschänken und "Almhütten" würden viele mündige Konsumenten in Staunen und Wundern versetzen.
Die Herkunft der
Die Herkunft der Hauptkomponenten von Speisen sollte meines Erachtens auf jeder Speisekarte vermerkt werden, gleich welcher Art der Gastgeber ist.
Den Gegnern der Lebensmittel
Den Gegnern der Lebensmittel-Kennzeichnung in den Speisekarten, die ihren Widerstand mit schier unüberwindbaren bürokratischen Hürden für die Gastbetriebe begründen oder mit der etwas kuriosen Behauptung, der Herkunftsort sei keine Garantie für Qualität, möchte ich entgegensetzen, dass es bestimmt nicht darum geht, jede auch so kleine Zutat eines jeden Gerichtes nachzuverfolgen und zu kennzeichnen, sondern lediglich um die Ursprungsangabe bei Hauptgerichten: woher z.B. das vielzitierte Schnitzel-Fleisch, woher die Kaiserschmarrn-Eier kommen. Das sollte doch machbar sein?
Als mündige und vernunftbegabte BürgerInnen ist uns mittlerweile bekannt, dass weder die Unmengen an Speck noch anderer tierischer Produkte ausschließlich aus lokaler Zucht stammen können. Allerdings sehe ich da eine Unstimmigkeit mit den Angaben auf IDM-Internetseiten, wo zu lesen ist „Das Qualitätszeichen „Qualität Südtirol“ ist … ein verlässliches Erkennungsmerkmal für hochwertige Lebensmittel und lokale Herkunft… Zehn Produktgruppen tragen mittlerweile das Qualitätszeichen „Qualität Südtirol“: (ich zitiere hier nur zwei:) Fleisch (Rindfleisch, Schweinefleisch), Freilandeier“; weiter heißt es: „Südtirols Lebensmittel und landwirtschaftliche Produkte sind weltweit sehr begehrt“ und stellen „etwa ein Drittel der gesamten Exportware Südtirols. Aber auch die Südtirolerinnen und Südtiroler setzen immer mehr auf regionale Produkte.“
Angesichts dieser Präsentationen ist die Kennzeichnungs-Weigerung nicht nachzuvollziehen und sollte, umso mehr, auch lokalen VerbraucherInnen eine bewusste Wahl ermöglichen. Stattdessen weckt wachsender Widerstand und ein zunehmend strammer Ton nicht nur ernsthafte Zweifel, sondern, angesichts der Vehemenz der Defensive seitens der Branche, entsprechende Vermutungen. Diese Diskussion, der man argumentativ nicht beizukommen scheint, führt mittlerweile über die Frage ‘dieses oder jenes Fleisch‘ hinaus und wird zu etwas viel Grundlegenderem, u.zw. zu einer Prinzipfrage der Transparenz und offenen Kommunikation (bitte auf Augenhöhe: KonsumentInnen sind keine unartigen Kinder und brauchen nicht geschulmeistert zu werden). Die geehrten Damen und Herren der Branche, die, zuweilen selber Gäste, vermutlich wissen möchten, woher die Produkte auf Ihren Tellern stammen, bitte ich, sich dies zu vergegenwärtigen und, dementsprechend, auch ihre Gäste zu informieren.