Society | Zwischenruf

“Anstifter der Magersucht”

Nach dem Tod von Karl Lagerfeld will Raffaela Vanzetta nicht schweigen. Sie erinnert den Modeschöpfer als “einen der stärksten Befürworter der exzessiven Schlankheit”.
Karl Lagerfeld
Foto: commons.wikimedia.org

Über Tote soll man bekanntlich nichts Schlechtes sagen. Was aber, wenn der Tote zu Lebzeiten selbst Schlechtes von sich gegeben hat? “Ich mag ihr Gesicht nicht. Sie sollte nur ihre Rückseite zeigen”, sagte Karl Lagerfeld vor einigen Jahren über die Schwägerin von Prinz William, Pippa Middleton. Die Sängerin Adele fand er “ein bisschen zu fett” und ganz allgemein meinte er: “Keiner will Frauen mit Rundungen sehen.”

Deshalb kann und will Raffaela Vanzetta nach dem Tod des berühmten Modeschöpfers jetzt nicht schweigen. Am Dienstag ist Karl Lagerfeld im Alter von 85 Jahren verstorben. Für Vanzetta, Koordinatorin von INFES, der Fachstelle für Essstörungen beim Forum Prävention, war er vor allem eines: “Anstifter der Magersucht.”

In einer Stellungnahme weist Vanzetta am Mittwoch auf die enorme Verantwortung des Modeschöpfers und der Modebranche insgesamt hin:

“Die Welt trauert heute um Karl Lagerfeld. Auf den Titelseiten sämtlicher Tageszeitungen wird er als kreatives Genie gepriesen. Italienische und deutsche Tageszeitungen widmen der Modeikone mehrere Seiten voller Bewunderungen und Danksagungen.

Nirgends wird aber erwähnt, dass Karl Lagerfeld auch einer der stärksten Befürworter der exzessiven Schlankheit war, welche viele Models zum Tod geführt hat. Im Glauben ein extremes Untergewicht beibehalten zu können - so wie es Modedesigner wie er per Vertrag verlangten – überlebten sie die Folgen nicht.

Die berühmtesten Models, welche sich öffentlich zur Anorexie bekannt haben, zogen durch Herrn Lagerfelds Agenturen. Dazu zählen Models wie Kate Moss, Victoire Dauxerre oder Kaia Gerber. Er verlangte von ihnen extremes Untergewicht, attackierte öffentlich Curvy Models oder jene Stilistinnen, die sich dafür stark machten, normalgewichtige Körper in der Mode durchzusetzen. Er griff öffentlich auch die Sängerin Adele an und sie als zu ‘fett’.

Zu fett wofür? würde ich fragen, aber die Antwort liegt auf der Hand: Zu fett für ihn, der offensichtlich keine große Liebe für weibliche Körper hatte. Er definierte seine Models als gute Kleiderhaken, denn das hatten sie zu sein: Der Körper musste verschwinden, um die Kleider, die sie trugen, zur besten Schau zu stellen.

Karl Lagerfeld ist jetzt tot und seine Kollegen, die ebenfalls zur Verherrlichung der Schlankheit beigetragen haben, sind sehr alt. Es ist nun zu hoffen, dass eine neue Generation Modedesigner folgen wird, die den weiblichen Körper so lieben, wie er ist: vielfältig. Als normale Frau würde ich mir wünschen, auf den Laufstegen Kleider bewundern zu dürfen, die mir auch passen könnten.”

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Hartmuth Staffler Wed, 02/20/2019 - 17:52

Karl Lagerfeld war selbst lange Zeit übergewichtig. Nachdem er 40 Kilo abgemagert hat, hat er einen geradezu pathologischen Hass gegen alle entwickelt, die es ihm nicht nachmachen konnten oder wollten. Und Frauen hat er ohnehin verachtet.

Wed, 02/20/2019 - 17:52 Permalink
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Maria Theresia… Fri, 02/22/2019 - 03:54

Lagerfeld geboren 1933 prägte die Modewelt 40 Jahre,auch Heidi Klum durchlebte seinen Schlankheitswahn und gibt ihn leider heute noch weiter. Viele Mädchen aber auch Jungs stranden so in Ess-störungen. Auch uns Frauen allgemein selbst geboren 67 wurde dieses gertenschlanke Schönheitsideal ins Gewissen diktiert. Bei aller Bewunderung dieser schillernden Persönlichkeit empfinde ich es passend die tödlichen Nebenwirkungen zu erwähnen. Möge es uns Chaupette seine weiße Katze und letzte Lebensgefährtin verzeihen.

Fri, 02/22/2019 - 03:54 Permalink
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Elisabeth Garber Fri, 02/22/2019 - 16:01

Warum alles auf eine Person reduzieren? Trotzdem: ein guter Anlass eine unleugbare Ursache von Magersucht zu thematisieren! Die gesamte Modebranche (kaum Ausnahmen bestätigen die Regel) zeigt uns die Haut-Knochen-Models als erstrebenswerte Ideale. Niemand kann leugnen, dass 'dünn ' angesehener ist als ' dick' und die Kette von Schönheitsidealen mit Mehrwert könnte man präzise fortführen. Leider!

Fri, 02/22/2019 - 16:01 Permalink