Das Jahr ist um
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Das Konzept für das „Kulturzentrum AurOra“ am Bahnhof von Auer liegt schon eine ganze Weile vor. Es beschreibt, was man aus dem denkmalgeschützten Gebäude machen könnte: Ein übergemeindliches Kulturzentrum für das Unterland. Die Begeisterung war dann auch groß. Die erste große Versammlung vor knapp über einem Jahr, war durch die Teilnahme eines sehr breiten Spektrums an Interessierten, sehr gut besucht und, nur einige Monate später, platzte eine Feier direkt am Bahnhof aus allen Nähten. Alles schien gut zu laufen, alle waren guter Dinge: Der Bedarf ist ja tatsächlich gegeben – das Unterland ist seit Jahrzehnten kulturelles Brachland – und die Begeisterung seitens der Bevölkerung war belegbar vorhanden.
Erich Debiasi, selbst Musiker seit den Siebziger Jahren und parallel dazu immer schon und immer wieder direkt involviert in verschiedene kulturelle Aktivitäten, hatte als Projektleiter im Auftrag des Bildungsausschusses Auer für die Gemeinde Auer das besagte Konzept erarbeitet und sollte es als Projektleiter in die Verwirklichung überführen. Seit Juli 2019 war er, ehrenamtlich im ganzen Land unterwegs, um sich für das Projekt inspirieren zu lassen, Rat einzuholen und eine konkrete Vision für das „Kulturzentrum AurOra“ zu entwickeln, und es gibt zu diesem Projekt auch die Aussicht auf einen „großzügigen möglichen Landesbeitrag“.
„Deshalb kann ich nicht mehr Garant sein, dass dieses Konzept umgesetzt wird.“
Diesen Job des Projektbegleiters/Projektleiters legte er Mitte Jänner nach einem Treffen der Interessierten mit einem Schreiben zurück. Darin heißt es: „Das Hauptaugenmerk der Anwesenden bei den Sitzungen lag nicht im Aufbau eines zukünftigen Kulturbetriebes, sondern vor allem im Organisieren von sicher notwendigen und wünschenswerten Events."
Ich betone erneut und immer wieder, dass in Auer, beim alten Bahnhof der Fleimstalbahn kein Vereinshaus, nicht ein Jugendzentrum und nicht eine Bar mit einzelnen kulturellen Veranstaltungen – sondern ein übergemeindliches Kulturzentrum entstehen sollte! Dieses Zentrum sollte samt Theaterzubau so errichtet werden, damit es auch überlebensfähig ist. (...) Vergebens habe ich gehofft, dass sich eine geeignete Führungsgruppe herauskristallisiert, die sich dem Gesamtanliegen für die Schaffung eines Kulturzentrums widmet! (...)
Hier setzt man sich bisher damit aber nicht auseinander, es wird weder analysiert, besprochen, geschweige Schritt für Schritt angegangen. (...) Deshalb kann ich nicht mehr Garant sein, dass dieses Konzept umgesetzt wird!“
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Erich Debiasi ist weder wütend noch erkennbar enttäuscht, als wir ihn treffen, um über seinen Rückzug von diesem Projekt zu sprechen. Obwohl er über vier Jahre Engagement in die Sache gesteckt hat, ist er erfahren genug um den richtigen Zeitpunkt zu erkennen, um das Schiff zu verlassen. Ein Schiff wird nur dann das Meer überqueren können, wenn es einen Kapitän hat, der Kompass und Seekarte lesen kann, um das Ziel zu erreichen.
Gerade im Kulturbetrieb sind Mitsprache und Diskussion wichtige Elemente, aber ohne treibenden Motor, ohne treibende Kraft, verlaufen sich die Dinge und versanden. Diese Diagnose stellt Erich Debiasi dem „Kulturzentrum AurOra“, das sich verzettelt in individuellen Interessen und das große gemeinsame Ziel gar nicht im Blick hat.
Debiasi kommt auch gleich zum Punkt: „Vielleicht liege ich falsch, aber es geht vor allem um Veranstaltungen, was natürlich toll ist. Aber wir wollen ja einen Kulturbetrieb aufbauen und ein Kulturbetrieb muss Formen annehmen, es braucht zum Beispiel ein Leitbild und eine grundlegende Struktur um Konturen anzunehmen. Ich will den Enthusiasmus und die ehrliche Begeisterung niemandem absprechen, aber neben den einzelnen Veranstaltungen braucht es ein Gremium, das sich um das Substantielle, um das Finanzielle kümmert.
Meine Aufgabe wäre mit März letzten Jahres bereits erfüllt gewesen, weil der Bildungsausschuss das Konzept erstellt hat und ich mich bereit erklärt hatte, dieses Projekt zu begleiten, in der Hoffnung, dass ich mein Wissen, meine Kompetenzen und meine Beziehungen weitergeben kann. Aber es wurde zwar immer sehr viel diskutiert, aber oft aneinander vorbei und durchgesetzt haben sich stets jene, die es verstanden ihren Standpunkt am resolutesten zu vertreten.“
Debiasi verweist auf eine Finanzierung seitens des Landes, die aufgrund des vorliegenden Konzeptes zugesichert wurde und die die Errichtung eines Kulturbetriebes in Auer ermöglichen würde: „Das heißt, es dürfte nicht nur ein paar kleine Konzerte geben, sondern müsste eine gewisse Kontinuität haben. Daran müsste man arbeiten, aber das ist nicht geschehen.“
In wenigen Worten: Das vorliegende Konzept, das all dies bereits enthält, wäre nur mit etwas Weitblick umzusetzen. Was nicht geschieht. Debiasi: „Innerhalb von AurOra wurde das aber nie diskutiert, es hieß stets, es wäre zu früh für ein Leitbild, es wäre zu früh für ein Führungsgremium.“
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Das Projekt „Kulturzentrum AurOra“ wird mit Sicherheit noch eine Weile aktiv sein. Einer der Gründe dafür ist auch, dass der ehemalige Aurer Bürgermeister und heutiges Gemeindeausschussmitglied Roland Pichler bei den Treffen zum „Kulturzentrum AurOra“ eine sehr aktive Rolle spielt. Er selbst hatte die Zeit, als das „AurOra“ noch eine Bar war und parallel zum Barbetrieb kulturelle Veranstaltungen bot, die besondere Atmosphäre des Ortes genossen und zu schätzen gewusst. Innerhalb der ersten großen Feier im Herbst letzten Jahres wusste er in einem Interview davon zu erzählen, und er unterstrich dabei auch, dass die Schaffung eines Treffpunktes wie es „AurOra“ einmal war, ein erstrebenswertes Ziel sei.
Das vorliegende Konzept ist im Gegensatz dazu sehr viel größer und wirklich übergemeindlich angelegt. Übergemeindlich aber nicht im Sinne, dass das Publikum aus allen Richtungen eintrudelt, sondern übergemeindlich im Sinne, dass entsprechend groß gedacht wird, dass die Relevanz der angebotenen Dienste auf das gesamte Unterland wirken. Als Vertreter der Interessen der Gemeinde Auer und gleichzeitig als Vertreter der Interessen des Projektes „Kulturzentrum AurOra“ könnte Pichler – mit dem Blick auf das vorliegende Konzept – dabei irgendwann in einen Konflikt kommen.
Das Konzept sieht beispielsweise einen Zubau für Veranstaltungen in einer Größenordnung vor, die im Moment nicht möglich sind, und die auch von einem „Barbetrieb mit kulturellem Angebot“ nicht bedient werden könnten: Theateraufführungen, Konzertveranstaltungen mit angemessener Beschallung, Veranstaltungen mit elektronischer Musik, eben das was Kultur 2024 unter anderem ausmacht. Mit diesem Zubau könnten auch die Einnahmen für den gesamten Kulturbetrieb wesentlich miterwirtschaftet werden. Um diesen Zubau in die Realität zu überführen brächte es eben den Blick auf das große Ganze und die gebündelte Energie einer Gruppe, die hinter einer gemeinsamen Idee steht. Das hätte eine Wirkung auf das gesamte Unterland.
Es ist dies wohl einer der Punkte, die Debiasi zu seinem Rückzug bewegt haben. Er wollte Nägel mit Köpfen machen. Pessimistisch ist er trotz Rückzug nicht.
Debiasi: „Ich sehe, dass die Menschen begeistert sind, und ich hoffe, dass sie einen anderen Weg finden werden. Ich habe die Hoffnung nicht verloren, dass hier etwas Tolles entstehen kann, auch etwas völlig anderes. Wichtig ist nur: Das Unterland braucht unbedingt ein Kulturzentrum und dies ist der geeignetste Ort, den wir im Moment haben: Er liegt direkt am Zugbahnhof, direkt an der Bushaltestelle, mit einem riesigen Parklatz, er liegt nicht in einem Ortszentrum... vielleicht setzt sich der Gedanke durch, dass man hier ein wirklich tolles Kulturzentrum errichtet.“
Ganz aktuell heute, Samstag, 20. April 2024, findet ab 14 Uhr, beim Bahnhof in Auer eine „Frühlingsfesta“ statt, mit Konzerten, Workshops, einem Angebot für Kinder und anderem mehr.
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Info:
salto.music: Neues Kulturzentrum in Auer?! (20. März 2023)
Facebook-Event „Frühlingfesta“ in Auer: https://www.facebook.com/events/1073312147290974/