Politics | Ibiza-Affäre

“Aufhören, Opfer zu spielen”

Ulli Mair geht mit Heinz-Christian Strache hart ins Gericht. Er habe sich “wie ein notgeiler Teenager” verhalten und die Freiheitlichen “in die Luft gesprengt”.
Ulli Mair
Foto: Die Freiheitlichen

Andreas Leiter Reber wartete, bis Heinz-Christian Strache seine Ansprache beendet hatte. Wenige Minuten später verschickte der Parteiobmann der Südtiroler Freiheitlichen am Samstag Mittag eine Aussendung. Darin bedankt er sich bei Strache, der nach den Ibiza-Videos seine Ämter als österreichischer Vizekanzler und FPÖ-Obmann niedergelegt hat, “für seinen Einsatz für Südtirol und Österreich”.
Strache selbst meldete sich am Sonntag Abend wieder zu Wort. Mit einem “FPÖ – Jetzt erst recht!” auf Facebook. Leiter Reber folgt der Linie Straches: “Kämpfen ist nun mehr als je nötig, nachdem eine Führungspersönlichkeit wie HC Strache durch eine organisierte und zeitlich geschickt getaktete Falle und Intrige beschädigt wurde. Dies ist ein untrügliches Zeichen, wie sehr das Establishment und die ihm hörigen Medien HC Strache, die FPÖ und alle patriotischen Kräfte fürchten.”
Völlig andere Töne schlägt Ulli Mair an. Im Gegensatz zu ihrem Partei- und Landtagskollegen Leiter Reber bedauert sie Straches Rücktritt nicht. Sie sei vielmehr erleichtert, schreibt Mair in einem langen Statement auf ihrem persönlichen Facebookprofil, in dem sie das Verhalten von Strache, das er in den Ibiza-Videos zutage legt, verurteilt:

“Schwerer Amtsmissbrauch, möglicher Verstoß gegen das Parteienförderungsgesetz, vielleicht Geldwäsche, wahrscheinlich Bildung einer kriminellen Organisation, gewollte Wählermanipulation durch eigens installierte Journalisten, schrittweises Verscherbeln Österreichs an Russische Oligarchen, Zurschaustellung, politisch käuflich zu sein usw. – dafür gibt es keine Rechtfertigung, auch keine Entschuldigung und hat mit freiheitlicher Politik und freiheitlichen Grundwerten nichts zu tun.”

 

Einen Seitenhieb auf die politischen Gegner von SPÖ und ÖVP lässt Mair nicht aus, kehrt dann aber wieder auf den Schaden zurück, den Strache den Freiheitlichen verursacht habe:
“Logisch, HC hat im Endeffekt über Tatsachen gesprochen, die Rot und Schwarz wohl seit Jahrzehnten praktiziert haben. Blau darf das aber niemals! Ich gebe es ungeniert zu, dass ich mich als standfeste Rechte und überzeugte Freiheitliche einfach fremdschäme für so viel Dummheit, Präpotenz und Naivität. Meine Wut und mein Ärger sitzen tief. Strache hat sich im Suff auf Ibiza wie ein notgeiler Teenager nicht nur selbst demontiert, sondern die gesamte freiheitliche Gesinnungsgemeinschaft mit ihren unzähligen fleißigen, unbescholtenen, ehrenamtlichen Funktionären mit in die Luft gesprengt und dabei gleichzeitig die Europäischen Partner (v.a. Orban und Salvini) diskreditiert.”

 

Dass man sich nun als Opfer darstelle, wie es auch ihr Parteiobmann in Südtirol versucht, dem kann Ulli Mair gar nichts abgewinnen:
“Hört bitte damit auf, die Schuldigen überall anders zu suchen, ja nicht an der eigenen Spitze. Klar, die Methode der Falle, die äußerst professionell eingefädelt und angewandt wurde – auch mich würden sowohl Auftraggeber und Hintermänner dieser perfiden Falle interessieren – ist zweifelsohne ein Skandal, ja illegal und strafrechtlich zu verfolgen und trotzdem ist Strache der einzig Verantwortliche für das Drehbuch und den Inhalt dieses Abends auf Ibiza. Was reitet einen Menschen in einer solch hohen politischen Position, der es eigentlich viel besser wissen müsste, gerade so knapp vor DER alles entscheidenden Nationalratswahl, sich über 7 Stunden mit einer bis dato völlig fremden Person, die angeblich auch nicht ernsthaft überprüft wurde, so dermaßen vertraulich zu unterhalten? Das ist Wahnsinn und spricht für sich. Ich bin überzeugt davon, dass selbst diejenigen, die die Villa verwanzt haben, erstaunt und baff über so viel Blödheit waren. Warum sofort Pulver verschießen, wenn man die Bombe auch knapp vor der entscheidenden EU-Wahl zünden und damit maximalen Schaden anrichten kann?”

“Ich will mir selbst und meinen eigenen Überzeugungen treu bleiben und diese stehen in krassem Widerspruch zu den bisher bekannten Details und ich weiß, dass dies für die allermeisten Freiheitlichen ebenso gilt”, schreibt Mair weiter – und fordert eine aufrichtige Auseinandersetzung und eine radikale Reform der Blauen: “Ich wünsche mir, dass meine Freiheitlichen Kameraden damit aufhören, Opfer zu spielen, endlich aufwachen, aus den eigenen Fehlern lernen. Organisiert euch auf einem ECHTEN Reformparteitag neu, mit allen Kräften und Köpfen des dritten Lagers, befreit euch von (Wiener) Seilschaften und irgendwelchen Bubis, startet neu aufgestellt voll durch. Österreich, Südtirol und Europa brauchen eine starke freiheitliche Partei und ich bedanke mich für alles, was für Südtirol getan wurde und wird. (…) Ich danke auch HC Strache, dass er durch seinen raschen Rücktritt Verantwortung für sein Fehlverhalten übernommen hat und der Partei nicht länger im Weg steht.”