Politics | SVP

Die Boygroup

Eine neue Generation und ein neuer Stil: Die SVP-Mannschaft wagt auf einer Sommerpressekonferenz einen politischen Rück- und Vorblick.

Es hat fast schon etwas Spitzbübisches, wie sie im Garten des Eggentalerhofes eng beieinandersitzen. Das Ganze ähnelt vom Bild her mehr einer Boygroup als der Pressekonferenz einer politischen Partei. Inklusive Regierungschef.
Doch das Bild vermittelt gleichzeitig auch die Botschaft, die man an diesem Vormittag herzeigen will. Seht her: Hier sitzt eine neue Generation mit einem ganz neuen Stil. Vor allem aber sitzen hier sechs Freunde, die Geschlossenheit symbolisieren.
Geschlossenheit gegen die Angriffe von außen aber auch von innen. Geschlossenheit gegen die Kritiker aus dem politischen Altersheim, die seit zwei Jahren denselben Sermon herunterbeten: Früher war alles besser, schneller und effektiver.
Der Auftritt der Boygroup in Kardaun ist die Antwort darauf. Denn diese Geschlossenheit ist der rote Faden, der sich durch die sechs Wortmeldungen an diesem Vormittag zieht.

Hier sitzt eine neue Generation mit einem ganz neuen Stil. Vor allem aber sitzen hier sechs Freunde, die Geschlossenheit symbolisieren.

Dabei ist es mehr als nur symbolisch, wenn SVP-Obmann Philipp Achammer (Jahrgang 1985) sagt: „Die Geschlossenheit war in der Partei noch nie so groß wie derzeit“. Karl Zeller (Jahrgang 1961), der Einzige am Tisch, der sowohl vom Alter wie auch von seiner politischen Vita her, eigentlich nicht so ganz zur Boygroup passt, hatte bereits vorher dem Obmann diesen Ball zugespielt. „Ich sitze seit 21 Jahren im Parlament aber die Zusammenarbeit zwischen Landesegierung, Partei und den Parlamentarieren war noch nie so gut wie jetzt“, meint der Meraner Senator.
Es ist ein Satz, der in den Ohren der Kritiker unterm Edelweiß wie ein Presslufthammer klingen dürfte.

SVP

Philipp Achammer: „Ich weiß, dass die Partei in vielen Bereichen noch eine Baustelle ist"

Man wählt eine ziemlich unspektakuläre Form für die Pressekonferenz. Sechs kurze Statements, in denen jeder über seinen Wirkungsbereich einen Rück- und Vorblick macht. Wie es sich in der Hierarchie gehört, eröffnet der Parteiobmann den Reigen. Philipp Achammer macht eine allgemeine Einleitung, in der er die Eigenverantwortung in den Mittelpunkt stellt. Es ist kein leichter Start. Als Achammer ganz am Ende die Pressekonferenz abschließt, ist er sichtlich lockerer. „Ich weiß, dass auch die Partei in vielen Bereichen noch eine Baustelle ist“, sagt er durchaus selbstkritisch. Dann verweist der SVP-Obmann auf die Landesversammlung 2016. Bis dahin soll der Umbau der SVP konkrete Formen annehmen.

Europa

Herbert Dorfmann: „Die Offenheit ist viel wichtiger, als die Frage, ob wir zwei Pässe in der Taschen haben“

Herbert Dorfmann hat die Luftveränderung in Brüssel und Strassburg durchaus gut getan. Die Rede des ehemaligen Bauernbund-Direktors und amtierenden SVP-EU-Parlamentariers ist an diesem Vormittag, die eindeutig politischste. Dorfmann gibt zwar auch kurz einen Überblick über seine Arbeit im EU-Parlament, doch der zentrale Punkt seines kurzen Statements ist eine geistig-politische Standortbestimmung.
Wichtig ist, dass Südtirol ein offenes Land wird“, sagt Dorfmann. Nicht Abschottung, Provinzialismus, sondern Weltoffenheit und Vielfalt sollen das Modell sein. Der Eisacktaler SVP-Bezirksobmann verkneift sich dabei auch einen Seitenhieb auf die Südtiroler Rechtsopposition nicht: „Diese Offenheit ist viel wichtiger, als die Frage, ob wir zwei Pässe in der Taschen haben“. Dorfmanns drückt sein politisches Credo deutlich aus: Kein Europa der Nationalismen mehr.

Kammer

Daniel Alfreider: "Wir befinden uns in einer sehr delikaten Phase".

Der Fraktionssprecher in der Abgeordnetenkammer Daniel Alfreider beschreibt dann die Lage in Rom. „Wir befinden uns in einer sehr delikaten Phase, in der Entscheidungen fallen, die für Südtirol sehr wichtig sind und sich gleichzeitig viele neue Möglichkeiten bieten“. Alfreider bewertet das neue Wahlgesetz als durchaus positiv. Man habe in der Region Trentino-Südtirol die Ein-Mann-Wahlkreise beibehalten. Eine absolute Ausnahme. Dann berichtet der ladinische SVP-Parlamentarier über die Bemühungen zur Senkung der 1.000-Euro-Bargeldgrenze. Die Kammer hat erst kürzlich einen SVP-Beschlussantrag in dieser Sache angenommen. Das Ziel: eine Angleichung an die Regelung in anderen EU-Ländern. In Deutschland oder Österreich liegt die Bargeldgrenze bei 15.000 Euro. Daniel Alfreider, früher als Ingenieur für den Brennerbasistunnel tätig, spricht auch von der Wichtigkeit des BBT, dem Bau der Zulaufstrecken und der Lösung, die Brennerautobahn in Zukunft als öffentliche Inhouse-Gesellschaft zu führen.

Senat

Karl Zeller: "Die ganz Gescheiten haben uns vorgerechnet, wie viele Milliarden wir verlieren."

Man versucht das Rad der Geschichte plötzlich wieder zurückzudrehen“, beschreibt Karl Zeller die Stimmung in Rom. 20 Jahre lang sei Föderalismus das geflügelte Wort gewesen, jetzt setze die Regierung aber plötzlich wieder auf Zentralismus. „In diesem Sinne schwimmen wir in Rom gegen den Strom“, erklärt der Fraktionssprecher im Senat. Zeller liefert auch einen kurzen Überblick zu den anstehenden Durchführungsbestimmungen in der Zwölfer- und Sechserkommission. „Wir haben ein Paket von 15 Durchführungsbestimmungen, die zur Behandlung anstehen“, sagt der Meraner Senator. Zeller geht von einem heißen Herbst im Senat aus. Dort steht die Verfassungsreform auf der Tagesordnung und damit der Umbau des Senates. Zeller erinnerte nochmals daran, dass die SVP eine echte Länderkammer wolle, in der auch die Landeshauptleute und die Präsidenten der Regionen vertreten sind.
Auch Karl Zeller kann sich einen Seitenhieb auf die Kritiker nicht verkneifen. Er streicht vor allem heraus, was er mit der Finanzregelung erreicht hat. „Damals haben die ganz Gescheiten uns vorgerechnet, wie viele Milliarden wir verlieren“, sagt Zeller. Die Urteile des Verfassungsgerichts hätten jetzt aber gezeigt, dass man gar nichts bekommen habe.

Landtag/Regionalrat

Dieter Steger: "Ein ganz eigenes Profil, das sich von dem der Opposition völlig unterscheidet."

Dieter Steger wirkt ein bisschen wie ein Buchhalter. Der SVP-Fraktionssprecher im Landtag erklärt zuerst die Arbeit eines SVP-Landtagsabgeordneten. „Wir haben ein ganz eigenes Profil, das sich von dem der Opposition völlig unterscheidet“, sagt Steger und klingt dabei, als würde er die SVP-Landtagsabgeordneten vor irgendjemandem verteidigen müssen.
Sein Aus- und Rückblick beginnt mit dem Regionalrat. 26 Gesetze hat man zwischen September 2014 und Juli 2015 verabschiedet. Der größte Brocken, der jetzt ansteht, sei ein Einheitstext zu den Gemeinden. Es gilt 53 verschiedene Gesetze zusammenzufassen. Im Landtag habe man in demselben Zeitraum 16 Gesetze genehmigt. Im Herbst stehen jetzt das Mediengesetz, das Vergabegesetz und die Sanitätsreform an.

Landesregierung

Arno Kompatscher: "Die Eisenbahn ist aus meiner Sicht das Verkehrsmittel der Zukunft."

Wir sind mitten in einer Zeit des Umbruchs und gerade darin liegen die Chancen“, sagte Arno Kompatscher gleich zu Beginn seiner Wortmeldung. Auch der Landeshauptmann sprach von vielen Baustellen, auf denen er einmal Architekt, Projektsteuer, Sicherheitskoordinator oder Handlanger sein darf. Dann liefert der Landeshauptmann ein durchaus positives Resümee der Arbeit der Landesregierung: „Die Früchte unserer Arbeit zeigen sich in dem einen oder anderen Sektor bereits“. Vor allem in der Wirtschaft herrsche eine positive Grundstimmung. Es sei aber auch gelungen die Arbeitslosigkeit einzudämmen und mit dem Bausparen ein Modell zu schaffen, das großen Anklang findet. Kompatscher kündigte an, dass man im kommenden Jahr weit mehr als 20 Millionen dafür zur Verfügung stellen werde.
Auch im Energiesektor sei es gelungen, den SuperGau abzuwenden und die Rechtsunsicherheit zu beheben. Der Landeshauptmann verteidigt dabei nochmal die Fusion von SEL und Etschwerke und erteilt den Versuch, nochmals das Thema in die Gemeinderäte von Bozen und Meran zu bringen eine energische Abfuhr. „Diese Damen und Herren haben anscheinend nicht den Vertrag gelesen, den die Gemeinderäte verabschiedet haben“, kontert Kompatscher durchaus scharf. Der Landeshauptmann stellt sich auch nochmals hinter die Sanitätsreform. Kompatscher: „Es geht darum ein System neu auszurichten, dass es dabei auch Widerstände gibt es normal.
In Sachen Mobilität tut der Landeshauptmann einen geschickten Schachzug. Bevor er zu dem von allen erwarteten Thema Flughafen kommt, redet er über die Busse und dann macht er vor allem eine Treueid auf die Eisenbahn. „Das ist aus meiner Sicht das Verkehrsmittel der Zukunft“, sagt Kompatscher wörtlich. Gleich darauf spricht er eine Vision an, die Realität werden soll. Der Ausbau einer Ost-West-Eisenbahn-Verbindung. Dabei soll es vom Vinschgau nach Graubünden gehen. Man sei mit der Schweiz bereits in Verhandlung.
Am Ende steht dann Kompatschers Credo in Sachen Flughafen: „Ein stimmiges Konzept mit klaren Zielen und wenn diese nicht erreicht werden, keine öffentliche Finanzierung.

Der Regiefehler

Nach den traditionellen Sommer-Pressekonferenzen von Landeshauptmann Luis Durnwalder in Pfalzen ist es schwer im Mittsommer etwas auf die Beine zu stellen, was im Vergleich nicht absäuft. Die neue Führungsmannschaft in der SVP hat deshalb einen ganz anderen Ansatz gewählt. Dem Soloauftritt wird eine Sextett entgegengestellt, dem mächtigen Einmann Bariton, eine mehrstimmiges Werk.
Der Versuch kann als geglückt bezeichnet werden. Nur einen entscheidenden Fehler hat der Auftritt der Boygroup unterm Edelweiß.
Eine weibliche Stimme täte nicht nur den Ohren gut, sondern vor allem der Südtiroler Gesellschaft.

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Salto User
Sepp.Bacher Thu, 08/20/2015 - 18:06

Wie die Statements der Einzelnen - nicht nur in diesem Portal - beschrieben werden, kommen sie mir vor, wie ein Konzert einer Jazzgruppen: das Stück wird vor allem von den Soli der einzelnen getragen. In diesem Solo drehen Sie sich wie ein Narzisst um die eigene Achse und zeigen ihre Schönheit und Leistung. Aktuelle brenzlige Themen werden ausgespart (oder gehen diese nur die Frauen an: Stocker?). Jedenfalls scheint auch keiner der Presseleute kritische Fragen gestellt zu haben. Vielleicht endete das Ganze doch wie bei Durnwalder mit einem Buffet - zur Besänftigung der Medienleute?

Thu, 08/20/2015 - 18:06 Permalink