Politics | Gemeinde Bozen

„Das Risiko ist da“

Der Bozner City-Manager Andrea Zeppa über seine Zeit an der Seite von Arno Kompatscher, die Kritik an der Landesregierung und seine neue Aufgabe in der Gemeinde Bozen.

Salto.bz: Herr Zeppa, Sie saßen im Zentrum der Macht und haben freiwillig den Platz geräumt. Kein alltäglicher Vorgang in diesem Land?

Andrea Zeppa: Nein, so sehe ich das überhaupt nicht. Ich hatte mit dem Landeshauptmann Kompatscher eine ausgezeichnete Zusammenarbeit. Meine Motivation für diesen Wechsel ist ganz klar: Mir geht es darum, neue Erfahrungen zu machen, neue Bereiche zu entdecken und sich selbst auch neue Ziele zu setzen. Ich war siebeneinhalb Jahre lang Ressortdirektor. Das ist eine lange Zeit. Deshalb war es für mich einfach interessant, mich einer neuen Herausforderung zu stellen.

Sie haben jetzt zweieinhalb Jahre lang als Ressortdirektor des Landeshauptmannes gearbeitet. Gab es ein Zerwürfnis?

Nein. Wir haben ein wunderbares berufliches, wie auch persönliches Verhältnis. Schauen Sie, wir haben noch am letzten Abend verschiedene Dinge und Punkte besprochen. Ich kann nur sagen: Ich habe kaum mit jemandem je so gut zusammengearbeitet wie mit Arno Kompatscher.

„Ich habe kaum mit jemandem je so gut zusammengearbeitet wie mit Arno Kompatscher.“

Kompatscher und seine Landesregierung werden derzeit arg kritisiert. Es gehe nichts weiter und alles sei zu schwerfällig.

Ich habe diese pauschale Kritik nie so wahrgenommen. Vor allem aber sehe ich das völlig entgegengesetzt. Im Land ist in den letzten zweieinhalb Jahren sehr viel weitergegangen. Und das ist nicht nur mein Eindruck, sondern ich kann es auch jederzeit mit Fakten und Zahlen untermauern. Natürlich gibt es unterschiedliche Entwicklungen in den verschiedenen Bereichen. Wenn ich aber von meinem Ressort rede, dann hat sich sehr viel getan.

Zum Bespiel?

Wir haben endlich das System der Wirtschaftsförderung völlig reformiert. Das war eine wirklich große Baustelle. Ebenso die Zusammenlegung der vier Landesagenturen SMG, TIS, BLS und EOS. Wir haben das in eineinhalb Jahren durchgezogen. Dazu kommt die Steuerentlastung, die bereits in der vergangenen Legislatur begonnen wurden, aber jetzt zu Ende geführt wurde. Das sind nur einige Beispiele. Es gibt zudem Erfolge in anderen Bereichen. Nennen wir nur die Energie oder die Brennerautobahn.

Sie sagen, die Kritik an Kompatscher & Co ist nicht gerechtfertigt?

Ich sage, es ist enorm viel in Bewegung, und es ist sehr viel getan worden. Natürlich gibt es immer noch viele Baustellen. Aber der Reformprozess ist voll im Laufen. Sicher braucht es noch Zeit, aber vieles wurde auch mit Erfolg abgeschlossen. Die Zeiten sind sicher schwierig, und die Menschen sind unzufrieden. Dazu kommt, dass sich die Einstellung der Gesellschaft zur Politik und zur öffentlichen Verwaltung deutlich verändert hat­. Nicht zum Besseren. Aber man sollte sich die Tatsachen anschauen, und dann kommt heraus, dass viel angeschoben und erreicht wurde.

Sie waren auch in der Ära Durnwalder Ressortdirektor. Hat Arno Kompatscher einen neuen Stil in die Verwaltung gebracht?

Ja, es gibt einen neuen Stil. Ich würde sagen, es gibt heute eine klarere Aufgabenteilung zwischen Politik und Verwaltung. Diese Mentalitätsveränderung merkt man. Andere, tiefgreifendere Veränderungen brauchen sicher noch länger.

Eine der Baustellen ist die Verwaltungsreform, wo man kaum weiterkommt?

Diese Reform hängt auch mit der staatlichen Reform zusammen. Obwohl ich auch dort sehr zuversichtlich bin, dass wir im kommenden Jahr eine Neuorganisation haben werden.

„Ja, es gibt einen neuen Stil. Ich würde sagen, es gibt heute eine klarere Aufgabenteilung zwischen Politik und Verwaltung.“

Böse Zungen meinen süffisant: „Jetzt haben wir wieder einen Magnago als Landeshauptmann“. Gemeint ist der mächtige Generalsekretär des Landes Eros Magnago.

Das sind Behauptungen, die absolut ohne Grundlage sind. Mehr will ich dazu nicht sagen.

Einer der Hauptgründe für Ihren Wechsel war die Tatsache, dass Arno Kompatscher ab 2018 kein Ressort und damit keinen Ressortdirektor mehr haben will?

Das hat er offen und klar kommuniziert. Der Landeshauptmann möchte zusätzlich zu den Leitungskompetenzen keinen eigenen Fachbereich mehr haben. Weder die Wirtschaft noch andere Bereiche. Das hätte bedeutet, dass ich nach dieser Legislatur in der Warteschleife gestanden wäre. Wer wird neuer Wirtschaftslandesrat? Bestätigt er mich oder nicht? Das war sicher auch ein Grund für meine Entscheidung. Als dann das Angebot der Gemeinde Bozen kam, habe ich zugeschlagen.

Was reizt Sie an diesem politischen Wespennest Gemeinde Bozen?

Das Politische reizt mich weniger. Dafür umso mehr das Organisatorische. Mir gefällt die Vorstellung, dass man einen Beitrag leisten kann, um eine große Verwaltung zu verbessern, Dienstleistungen effizienter an den Bürger zu bringen und langfristig eine Reform zu gestalten. Die neue Stadtregierung hat derzeit in Sachen Entscheidungsfreudigkeit und Effizient ein sehr gutes Image. Für mich ist es jetzt eine sehr spannende Aufgabe, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit diese politischen Entscheidungen auch schnell umgesetzt werden. Unabhängig davon, ob auf der politischen Ebene gestritten wird oder nicht.

Die Rolle des City-Managers hat eine klare Schattenseite: Geht alles gut, streichen die Politiker den Erfolg ein. Geht etwas schief, ist der City-Manager Schuld.

Wenn es auch so wäre, dann passt auch das. Im Grund ist der City-Manager nicht einer, der in der Öffentlichkeit stehen soll, sondern der im Backoffice arbeitet. Wenn etwas in der Struktur nicht passt, dann muss er auch die Verantwortung dafür übernehmen.

Ihre Vorgänger wurden jeweils mit dem Bürgermeister heimgeschickt. Keine Angst morgen plötzlich wieder auf der Straße zu stehen?

Dieses Risiko gibt es, und ich bin mir dessen auch absolut bewusst. Aber im Grund kommt man in solchen Positionen eben in diese Situation. Das ist nicht der einzige Auftrag, bei dem es so ist. Das Risiko ist da. Aber man gewöhnt sich daran.

„Im Grund ist der City-Manager nicht einer, der in der Öffentlichkeit stehen soll, sondern der im Backoffice arbeitet.“

Wie lange geben Sie sich, um die Gemeinde Bozen auf Vordermann zu bringen?

Vorausgesetzt, dass die meisten Bereiche bereits jetzt gut funktionieren. Natürlich gibt es auch einige Baustellen. Aber die Amtsperiode ist lang genug, um vieles auf den Weg zu bringen. Mein erster Eindruck ist aber absolut positiv. Ich habe Mitarbeiter kennengelernt, die nicht nur motiviert sind, sondern auch ein großes Fachwissen haben. Die Voraussetzungen, es gut zu machen, sind damit da.