Politics | Vergehen

"Nicht anfangen, die Nadel im Heuhaufen zu suchen"

Dem Sandner Bürgermeister droht die Amtsenthebung. Wegen einer "Lappalie", ist auch Ex-LH Luis Durnwalder überzeugt. Es geht um 10,50 Euro und eine vergessene Löschung.

“Das ist wirklich unverständlich”, sagt Luis Durnwalder. Der Altlandeshauptmann ist erst vor wenigen Stunden von einer Auslandsreise zurückgekehrt und hört zum ersten Mal von der Geschichte. Es geht um den Bürgermeister von Sand in Taufers. Sigfried Steinmair wurde im Mai für die SVP zum ersten Bürger der Pusterer Gemeinde gewählt. Jetzt droht im allerdings, des Amtes enthoben zu werden – wegen einer “Lappalie”, wie Steinmair selbst sagt. Diese liegt einige Jahre zurück. 2008 benutzt Steinmair als damaliger Direktor des Berufsschulzentrums Bruneck einen Dienstwagen der Schule, um zu einem privaten Arzttermin zu fahren. Aus purer Not, weil er den Termin sonst versäumt hätte. Unterwegs gerät er in eine Verkehrskontrolle, die im zum Verhängnis wird.

Er wird wegen der widerrechtlichen Nutzung eines Dienstwagens für private Zwecke angezeigt und zu einer Bewährungsstrafe von einem Monat und 24 Tagen, angesetzt für fünf Jahre, verurteilt. Ein Jahr später, 2009, schließt er einen Vergleich über den entstandenen Schaden ab. Dieser beläuft sich auf sage und schreibe 10,50 Euro. Den Betrag zahlt Steinmair dem Land als Vergütung zurück. Und ist überzeugt, die Sache sei damit vom Tisch. Das böse Erwachen kommt nun sechs Jahre später. Das Regierungskommissariat hat Ende vergangener Woche ein Verfahren zur Amtsenthebung gegen den Sandner Bürgermeister eingeleitet. Weil dieser, wie er selbst zugibt, vergessen hat, den Antrag auf Löschung seines Vergehens aus dem Strafregister zu stellen. Aus diesem Grund hätte er im Mai nicht als Bürgermeister kandidieren dürfen. Das verbietet nämlich das Severino-Gesetz, das besagt, dass verurteilte Politiker keine öffentliche Ämter bekleiden dürfen und auch rückwirkend gültig ist. Sigfried Steinmair fällt aus allen Wolken, als er von dem Amtsenthebungsverfahren erfährt. Luis Durnwalder zeigt sich solidarisch: “Es ist wirklich unverständlich wenn man jetzt hergeht und jemanden wegen 10 Euro, die er bereits gezahlt, aber nicht hat löschen lassen, rückwirkend zur Rechenschaft zieht und des Amtes entheben will”, sagt er im Gespräch mit salto.bz. Er versteht die Welt nicht mehr: “Ich kann nicht nachvollziehen, dass man anfängt, die Nadel im Heuhaufen zu suchen, wenn man andererseits sieht, was in ganz Italien und sonst auf der Welt geschieht. Und hier geht man her und enthebt dich wegen 10 Euro des Amtes?”

Sigfried Steinmair: Im Mai zum Bügermeister von Sand in Taufers gewählt, wird er jetzt des Amtes enthoben?

“Als meine Kollegen und Kolleginnen von dem Betrag von 10,50 Euro gehört haben, haben auch sie sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit gestellt”, verrät Arnold Schuler. Der Gemeindenlandesrat hat am Dienstag Vormittag auf der wöchentlichen Sitzung der Landesregierung von dem Sandner Problem berichtet. “Wir werden nun zwei Dinge prüfen”, so Schuler. Einerseits, wie die Situation von Sigfried Steinmair konkret aussieht und ob es Konsequenzen gibt. Und falls ja, welche Maßnahmen die Landesregierung treffen muss. “Ob wir etwa den Gemeinderat auflösen und Neuwahlen ausrufen müssen”, erklärt Schuler. Die Landesregierung selbst kann im Moment aber nichts tun, um dies zu verhindern. “Es ist eine rein technische beziehungsweise rechtliche Angelegenheit. Tatsache ist, dass der Sandner Bürgermeister nach wie vor im Strafregister eingetragen ist.” Eine verzwickte Situation, gesteht Schuler. “Wir werden schauen, was wir tun können”, kündigt er an. Fakt ist aber, dass inzwischen gegen Sigfried Steinmair ermittelt wird. Wird er schließlich tatsächlich seines Amtes enthoben, “wäre das wirklich wegen einer Lappalie”, steht für Durnwalder fest. “Man muss schon sagen, wegen eines solchen Betrags das Bürgermeisteramt zu verlieren, war sicherlich nicht im Sinne des Gesetzgebers. Hier kann man nicht mehr sagen, dass der Wählerwille respektiert wird”, poltert der Altlandeshauptmann.