Economy | Verbraucherschutz

Banken auf der Anklagebank

Die Südtiroler Verbraucherzentrale erhebt schwere Vorwürfe gegen Südtirols größte Banken. Neben der Sparkasse hat sie nun auch die Volksbank im Visier.
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Foto: upi

Update: Für Südtirols größte Bank ist die Südtiroler Verbraucherzentrale seit Jahren ein rotes Tuch. Immerhin haben die Verbraucherschützer die Südtiroler Sparkasse und ihre Vertriebspraktiken regelmäßig im Visier – vom Immobilienfonds Dolomit bis hin zu den problematischen Sparkasse-Aktien. Am Montag Morgen haben Walther Andreaus und seine ExpertInnen weitere Anklagen gegen die Sparkasse-Praktiken auf Lager: „Schwerwiegende Unregelmäßigkeiten beim Verkauf der Aktien der Südtiroler Sparkasse“, ist das Kommunikee übertitelt, das heute auf einer Pressekonferenz in der Bozner Brennerstraße verteilt wird und salto.bz schon vorab vorliegt. Darin werfen die Verbraucherschützer der Bank gleich mehrere Unregelmäßigkeiten bei den Aktienplatzierungen im Rahmen ihrer letzten beiden Kapitalerhöhungen vor. So seien die Aktien 2008 auch Privatanlegern  verkauft worden, denen davor im Rahmen der bankeigenen Bewertung ihrer Risikoeignung empfohlen worden war, dieses Investment zu meiden. Vehikel dazu sei das sogenannte „execution only“-Regime gewesen, erklärt die VZS. „Das heißt, dass sich die Bank darauf beruft, einen expliziten Auftrag der KundInnen für eine Wertpapiertransaktion ‚lediglich durchzuführen’. Ein Großteil der Aktionäre, die in der VZS vorstellig wurden, gab jedoch an, von diesem Prozedere keine Kenntnis gehabt zu haben.“

Darüber hinaus sei für viele KundInnen anlässlich des Aktienverkaufs ein neues Risikoprofil erstellt worden, das sich vom vorherigen in Sachen Risikoneigung unterschieden habe. „Ein Risikoprofil soll jedoch sicherstellen, dass die KundInnen für sie angemessene Wertpapiere kaufen, und nicht geändert werden, um die Risikoneigung dem Risikograd eines Wertpapiers, das die Bank verkaufen möchte, anzupassen“, schreibt die Verbraucherzentrale. Sie wirft der Sparkasse darüber hinaus vor, im Informationsproprospekt zur Kapitalerhöhung vom Jahr 2012 nicht darauf hingewiesen zu haben, dass die Rating-Agentur Moody's die Sparkasse in wenigen Monaten um zwei Stufen von BAA2 (mittlere Qualität) auf das „spekulative“ Risikoniveau BA1 herabgestuft hatte, also zwar das Rating, aber nicht den negativen Trend angegeben habe. Auch die Schieflage der Sparkasse-Tochter Raetia SGR, die sich bereits 2012 negativ auf die Sparkasse auswirkte, sei im Prospekt verschwiegen worden.  

All diese Punkte brachte die Verbraucherzentrale der gesamten Führungsriege und den Gesellschaftsorganen der Südtiroler  Sparkasse in einem Schreiben zur Kenntnis. Sollte keine umfassenden Antworten auf die angesprochenen problematischen Aspekte und Unregelmäßigkeiten eintreffen, wird man erwägen, die Rechte der Aktionäre auf allen anderen Ebenen angemessen durchzusetzen, stellen die Verbraucherschützer der Bank zum wiederholten Mal die Rute ins Fenster. Immerhin sind fast 500 Sparkassen-Aktionäre in der Causa bei ihr vorstellig geworden; bei mehr als 100 vorn ihnen sieht man bereits heute die Voraussetzungen für eine Klage als gegeben an.  

 

Wenig Klarheit für Volksbank-Mitglieder

Doch die Sparkassen-Aktionäre und ihre Verluste von bis zu 70 Prozent des investierten Kapitals sind nicht die einzigen Problemkinder, die man in der Brennerstraße auf dem lokalen Bankenmarkt sieht. Auch die geplante Umwandlung der Südtiroler Volksbank zur Aktiengesellschaft wird von den Verbraucherschützern mit kritischem Blick beäugt. Ende dieser Woche müssen die Volksbank-Mitglieder über die Umwandlung abstimmen. Gar einige von ihnen wandten sich zuletzt an die Verbraucherzentrale, weil ihnen aus dem Schreiben ihrer Bank nicht klar ist, welche Rechte ihnen dabei tatsächlich zustehen. Im Fokus steht dabei das Rücktrittsrecht, dass laut Verbraucherzentrale gesetzlich alle jenen Mitgliedern zusteht, die nicht an der Beschlussfassung für die Umwandlung teilgenommen oder sich gegen eine Umwandlung ausgesprochen haben. In dem Fall steht den Aktionären laut dem jüngsten Beschluss des Volksbank-Verwaltungsrates ein Rückerstattungswert von 12,10 Euro pro Aktie zu, was in etwa 60 % des aktuellen Wertes entspricht. Mehr als nur verwirrend ist laut Verbraucherzentrale allerdings die kryptische Ankündigung der Bank, den Austritt der Mitglieder beschränken oder gar ausschließen zu wollen.

Deshalb wollen die Verbraucherschützer den fast 60.000 Volksbank-Mitgliedern den Rücken stärken. Das Bankeneinheitsgesetz TUB sehe zwar in Art. 28 2. Absatz die Möglichkeit vor, das Austrittsrecht der Mitglieder zu beschränken. „Laut jüngster Rechtsprechung kann die Bank dieses Recht jedoch nicht vollständig bzw. ohne Zeitgrenzen beschränken oder die Auszahlung der Aktien des austretenden Mitglieds vollkommen ausschließen“, stellt die Verbraucherzentrale klar. Denn eine solche Ablehnung oder ewige Vertagung der Rückerstattung schränke de facto das Austrittsrecht ein, womit laut VZS nicht nur die spezifischen Normen des Bankensektors, sondern auch das Eigentumsrecht der Mitglieder eingeschränkt sowie den Prinzipien zum Schutz des Sparens widersprochen würde. Beide Rechte seien jedoch sogar verfassungsmäßig geschützt. „Wir werden die Entwicklungen in dieser Angelegenheit mit großer Aufmerksamkeit verfolgen und die SparerInnen auf allen Ebenen zu schützen suchen“, kündigen die Verbraucherschützer an.  Sie weisen auch darauf hin, dass im Fall einer Klage durch den von vielen Mitgleidern als zu niedrig empfundenen Auszahlungspreis festlegen würde.

Mitglieder, die die Gelegenheit nutzen möchten, sich durch einen Austritt von der Bindung an die Gesellschaft zu lösen, haben dazu laut VZS die Möglichkeiten, nicht an der Versammlung teilzunehmen oder daran teilzunehmen und gegen die Umwandlung zu stimmen. In jedem Fall müssen sie der Bank ihren Rücktritt innerhalb von 15 Tagen ab Eintragung des Umwandlungsbeschlusses ins Handelsregister mit eingeschriebenem Brief mitteilen. Die Verbraucherzentrale stellt dafür ein Musterschreiben zur Verfügung. Sie empfiehlt darin nicht nur den Rücktritt von der Gesellschaft mitzuteilen, sondern auch festzuhalten, mit dem von der Bank festgelegten Auszahlungspreis der Aktien nicht einverstanden zu sein und sich jedes weitere Recht vorzubehalten, auch hinsichtlich einer eventuellen Schadenersatzforderung.