Economy | Offener Brief

„Ende der Rechtssicherheit“

Als „gravierende Untergrabung der Wettbewerbskultur“ bezeichnet die Südtiroler Architektenkammer die geplante Direktvergabe des Hofburggarten-Projekts an André Heller.
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Foto: hellergarden.com

Sind wirklich alle begeistert über den roten Teppich, der André Heller für die Neugestaltung des Brixner Hoffburggartens ausgerollt wird? Nein, zeigen nicht nur die Bedenken der Grünen und das Schreiben aus Potsdam, in dem Heller jüngst als “Zerstörer des Obstbaumgartens” bezeichnet wird. Sondern auch ein weiterer offener Brief, den die Südtiroler Architektenkammer am Mittwoch verschickte. Darin wird harte Kritik an der „Lex Heller“ geübt, also der kürzlich erfolgten Abänderung des Südtiroler Vergabegesetzes, mit der eine direkte Beauftragung des österreichischen Künstlers und Kulturmanagers ermöglicht wurde.  Denn, wie die Interessensvertretung der heimischen Architekten vor Augen führt: Damit werde auch das aus dem internationalen Planungswettbewerb 2012 unter 10 Teilnehmern siegreich hervorgegangene Projekt nicht mehr umgesetzt. „Architekten verlieren ihre Beauftragung, sechs Jahre Arbeit und hohe Summen von Steuergeldern sind verloren.“

Hier der weitere Wortlaut des offenen Briefs:

Laut Medienberichten hat der Landtag im Rahmen des Begleitgesetzes zum Stabilitätsgesetz beschlossen, das Vergabegesetz speziell für dieses Projekt abzuändern, damit der Wiener Künstler André Heller einen Direktauftrag für die Planung und Realisierung des Brixner Hofburggartens erhalten kann. Das war bisher in Südtirol rechtlich nicht möglich. Diese ad-hoc-Abänderung ist eine gravierende Untergrabung des seit Jahrzehnten gut funktionierenden Wettbewerbswesens und öffnet neue Hintertüren der politischen Willkür: Es besteht keine Rechtssicherheit mehr für Gewinner zukünftiger Planungswettbewerbe.

In diesem Zusammenhang weist die Südtiroler Architektenkammer auf folgende kritische Punkte hin:

  • Die Machbarkeitsstudie, das sogenannte Exposé, ist weder von einer Fachjury überprüft noch sind die Vorgaben des internationalen Planungswettbewerbes von 2012 eingehalten worden.
  • Nach Meinung von Landschaftsplanern und Architekten hat André Hellers Vorschlag keinen Bezug zum Ort, ist dem Hofburggarten in seiner historischen Bedeutung nicht angemessen und denkmalpflegerisch bedenklich.
  • Kurzfristiges Event-Denken hat sich gegen einen längerfristigen kulturellen Ansatz durchgesetzt. Die kommerziellen Aspekte scheinen für alle Beteiligten im Vordergrund zu stehen.
  • Die Kosten scheinen plötzlich keine Rolle mehr zu spielen, weder die Planungs-, noch die Realisierungs- und die künftigen Betriebs- und Folgekosten. Das Exposé enthält darüber keine Angaben.
  • Das Vergabegesetz ist vom Landtag eigens abgeändert worden, damit der international renommierte Künstler André Heller einen Direktauftrag für die Planung und Realisierung des Hofburggartens erhalten kann. Jahrzehntelange Wettbewerbskultur wird dadurch mit Füßen getreten, mit gleichzeitiger Geringschätzung der bereits geleisteten Planungs- und Vorarbeiten.
  • Das Ergebnis des 2012 ausgeschriebenen internationalen Planungswettbewerbes wird mit einem Schlag annulliert, die Sieger des Wettbewerbes, die Landschaftsarchitekten Freilich und Höller & Klotzner Architekten aus Meran, verlieren ihre Beauftragung.
  • Das seit Jahrzehnten gut funktionierende und gepriesene Südtiroler Wettbewerbswesen wird durch diese Vorgehensweise in Frage gestellt und auch der damit verbundene und im Landesgesetz verankerte Kulturauftrag.

Die Südtiroler Architektenkammer fordert die Stadtgemeinde Brixen, die Landesverwaltung und die Diözese auf, im Sinne der jahrzehntelang erfolgreich praktizierten Wettbewerbskultur sowie einer transparenten Verwaltung öffentlicher Gelder die Gestaltung des Baumgartens der Hofburg noch einmal zu überdenken.

Wenn, wie es scheint, die Kosten für die Brixnerinnen und Brixner keine Rolle spielen, dann wieso nicht gleich eine Neuausschreibung des Wettbewerbes? Das wäre fairer. Und eigentlich der einzige Weg, den augenscheinlich neuen Vorstellungen der Brixner Gemeinde zu entsprechen und zugleich den europarechtlich verankerten Grundsatz der Chancengleichheit bei der Vergabe öffentlicher Planungsaufträge durch gesetzlich vorgeschriebene Wettbewerbsverfahren zu respektieren.