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Neustifter Version

Das Literaturfestival WeinLESEN im Kloster Neustift ist Geschichte. Ein Gespräch mit Bildungshaus-Direktor über Bücher, Kloster-Reichtum und leerstehende Mauern.


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Foto: Foto: Salto.bz

"Als Südtiroler Autorinnen- und Autorenvereinigung würden wir es bedauern, wenn das Festival WeinLESEN in dieser Form nicht mehr stattfinden sollte. Das Festival, welches von Sabine Gruber, Mitglied und gewerkschaftliche Beraterin unserer Vereinigung, ins Leben gerufen wurde, hat die die lokale Umgebung hin zu einem Dialog mit den Literaturen geführt. Die Vermittlung von Literatur öffnet Welten – geographische wie gedankliche, sie ist daher untrennbar verbunden mit wichtigen zivilisatorischen Prozessen. In Zeiten extremer Polarisierungen ist gerade die Literatur und ihr Angebot zum eigenständigen wie komplexen Denken das entscheidende Mittel dagegen" lauten die Protest-Zeilen der SAAV (Südtiroler Autorinnen- und Autorenvereinigung), welche salto.bz vergangene Woche zugeschickt wurden. Das Schreiben bezieht sich auf eine Stellungnahme der Schriftstellerin Sabine Gruber zum Festival in einer der vorhergehenden Ausgaben des Wochenmagazins ff. Aus gegebenem Anlass hat salto.bz Benjamin Astner (Direktor Bildungshaus Neustift) befragt. Auch im Hinblick auf eine seit Jahren ungenutzte Neustifter Liegenschaft, die im Besitz des Klosters ist.

 

salto.bz: Kloster Neustift beherbergt den wohl historisch wichtigsten Buchbestand des Landes. Weshalb will man das dazu passende Festival WeinLESEN nicht mehr veranstalten?
Benjamin Astner: Es ist unser Auftrag und unsere Verpflichtung, den historischen Bestand von Kloster Neustift zu erhalten und umsichtig zu verwalten. Die Stiftsbibliothek stellt das umfassendste Kulturerbe des Landes dar und wird jährlich von mehreren tausend Besuchern bewundert.
Ein Festival und der historisch wichtigste Buchbestand des Landes – was hat das eine mit dem anderen zu tun? Kloster Neustift stellt Räumlichkeiten zur Verfügung, das Angebot gilt auch für WeinLesen.

Hätte der im Besitz des Klosters leerstehende Marklhof in Schreckbichl/Eppan vielleicht ein passender Ersatzort für das literarische Festival sein können? Inmitten von Weinbergen...
Der Marklhof ist sanierungsbedürftig und als Austragungsort für ein Festival daher ungeeignet. Das Kloster Neustift steht als Austragungsort weiterhin zur Verfügung. Wir haben nur unsere Rolle als Veranstalter zurückgelegt.

Vor kurzem ist ein Buch zum Überetscher Marklhof erschienen, in welchem viele Geschichten zur Historie des Gastbetriebes zusammengetragen wurden. Warum wird das Gebäude nicht mehr öffentlich genutzt?
Ein wichtiges Buch, Kloster Neustift hat das Projekt finanziell unterstützt. Wir suchen bereits seit längerer Zeit Interessenten für den Marklhof,  bis heute ohne Erfolg. Unsere Kontakte gingen dabei von der Gastronomie über die Medizin bis hin zu sozialen Einrichtungen.

Könnte der leerstehende Marklhof ein Dach sein, für Menschen die gegenwärtig auf der Flucht sind? Wie dies auch andere religiöse Einrichtungen in Italien und anderswo anbieten?
Die Struktur am Marklhof ist stark sanierungsbedürftig und kann nicht ohne weiteres bezogen werden.

Es ist unsere Verpflichtung und unser Auftrag, Kloster Neustift verantwortungsvoll zu verwalten und nachsichtig zu wirtschaften. 

Ich erinnere mich an die eine oder andere zeitgenössische Kunstintervention im Klosterambiente von Neustift. Werden solche weiterhin stattfinden?
Ja, diese werden auch in Zukunft stattfinden. Die Kunstakademie wird weiterhin in diese Richtung arbeiten und daneben wird es auch regelmäßig Ausstellungen von zeitgenössischen Künstlern geben.

Mit welchem Kulturprogramm möchte man im Kloster Neustift neue Wege beschreiten? Was erwartet Kulturinteressierte 2019?
Unsere Kunstakademie, die weit über die Grenzen bekannt ist, feiert ihr zehnjähriges Bestehen. Daneben bietet das Bildungshaus auch 2019 ein sehr breites Angebot an Kursen im kulturellen Bereich an. In der Engelsburg gibt es zahlreiche Ausstellungen von regionalen und internationalen Künstlern und im Herbst 2019 beginnen wir mit dem Umbau des gesamten Museums. Es wird ein arbeits- und ereignisreiches Jahr.

Kloster Neustift ist einer der reichsten Grundeigentümer des Landes? Wie können Kloster und Bildungshaus Gläubige aber auch andere Menschen an diesem Reichtum teilhaben lassen?
Wie bereits eingangs erwähnt, es ist unsere Verpflichtung und unser Auftrag, Kloster Neustift verantwortungsvoll zu verwalten und nachsichtig zu wirtschaften. Mit der wirtschaftlichen Bedeutung sowie spirituellen und kulturellen Wirkung hat Kloster Neustift seine Umgebung nachhaltig seit dem Jahre 1142 geprägt. Dies gilt auch als Auftrag für die Zukunft.
Wir sind ein Ort der Begegnung, Orientierung und Unterstützung für viele Menschen und wir sind auch ein Wirtschaftsbetrieb, der vielen Menschen in der Umgebung Arbeit bietet.