Helmuth Zingerle: „Jeden Abend einen Apfel, einen Schnaps und ein Gedicht“.
Schreiben war für mich selbst schon in der Schulzeit eine besondere Gelegenheit manchmal mit mir selbst ins Reine zu kommen. Ich erinnere mich noch gerne an meine ersten Liebesgedichte, später waren es eher Gedichte, die sich mit den belastenden Gefühlen befasst haben. Ich weiß auch noch, dass ich mit viel Zeitaufwand versucht habe, griechische Gedichte ( z.B. von Sappho) in entsprechendem Versmaß ins Deutsche zu übersetzen. Heute noch kommt es vor, dass ich meine Gedanken in komprimierter Form zu Gedichten zusammenfasse, die dann eine recht reinigende Wirkung haben. Meine Autofahrten eignen sich da besonders dazu dies zu tun.
Ich weiß auch noch, dass ich mit viel Zeitaufwand versucht habe, griechische Gedichte ( z.B. von Sappho) in entsprechendem Versmaß ins Deutsche zu übersetzen.
Schreiben heilt
„Gib deinem Schmerz Worte“ heißt es bei Shakespeare, aber vielleicht lohnt es sich auch allen anderen positiven wie negativen Gefühlen, die in ihrer Intensität oft so gewaltig sind, Raum und Zeit und auch Ausdruck in der Sprache zu geben.
In der Arbeit mit den Patientinnen gehört der Vorschlag zu schreiben durchaus auch außerhalb der standartisierten Schreibtherapie für mich zu den beliebten therapeutischen Hausaufgaben. Gut erinnere ich mich an jene Patientin, die im Rahmen einer solchen Hausaufgabe, einen Brief an ihren verstorbenen Vater verfasste. Endlich konnte sie all das verpacken, was zu Lebzeiten unaussprechlich war. Es war für sie eine ganz große Chance mit ihrer Vergangenheit und letztlich mit ihrem Vater versöhnlich abzuschließen. Auch in diesem Fall ist das Geschriebene an sich nicht so wichtig, aber es ist das Vehikel sich der eigenen Gefühle klar zu werden und mit ihnen besser umgehen zu können.
Endlich konnte sie all das verpacken, was zu Lebzeiten unaussprechlich war.
Schreiben braucht Mut, Vorlesen noch mehr
Diese Gedanken und Gefühle in Texte und in Gedichte zu kleiden hat viel damit zu tun, dass ich wieder Vertrauen in mich und in die anderen setzen kann. Das Schreiben selbst löst bereits Gefühle aus, die manchmal schwer zu ertragen sind , denen sich der Einzelne aber stellen muss. Er öffnet damit oft bisher verschlossene Türen hinter denen die Angst, Trauer, Wut und Verzweiflung lauern. Hinter anderen verstecken sich aber vielleicht Freude, Liebe, Sehnsucht, Glück. Dies zuzulassen und sich in diesen Gefühlen auch anderen zu zeigen , sich denen zuzumuten ist ein entscheidender Schritt der bei uns in Bad Bachgart therapeutisch begleitet wird. Acht bis zehn Personen sitzen in der Kleingruppe, jeder schreibt seinen Text. Wie viel Mut braucht das! Das Geschriebene dann aber auch vorzulesen und damit sich selbst den Anderen zu präsentieren, erfordert noch mehr Mut. Daher sind diese Kleingruppen der Schreibtherapie natürlich oft auch Anlass für heftige negative, aber auch positive Gefühlsreaktionen. Sie tragen dazu bei, die Angst vor negativen Gefühlen abzubauen, sich mit „heissen“ Themen zu konfrontieren, aber damit letztlich auch Erleichterung zu erfahren.
Das Geschriebene dann aber auch vorzulesen und damit sich selbst den Anderen zu präsentieren, erfordert noch mehr Mut. Daher sind diese Kleingruppen der Schreibtherapie natürlich oft auch Anlass für heftige negative, aber auch positive Gefühlsreaktionen.
Sich beim Denken zuschauen
Das Schreiben kann die Spontaneität und Kreativität fördern oder neu entdecken lassen und kann dazu beitragen das innere Chaos zu ordnen. „Wer schreibt, schaut sich selbst beim Denken zu „ meint dazu Claus Mischon. Das Schreiben schafft auf besondere Weise eine Distanz zu dem, was mich quält und nicht mehr schlafen lässt. Es ist eine Möglichkeit, die ständigen Grübeleien zu unterbrechen oLust auf Lebender sogar aus dem Kopf zu bekommen, sodass dieser wieder frei für Anderes, für Neues wird.
Als ein Ergebnis der Schreibtherapie haben wir daher mit unseren Patientinnen und den Therapeutinnen gemeinsam in Bad Bachgart einen Bild- und Textband herausgegeben, in dem die Gedanken und Gefühle zusammengetragen wurden, die unser aller Leben oft bestimmen. Es geht in diesen Texten um „Verfühlungen“, um „Verwundungen“ ,um „Angstberührungen“ um „Spurensuche“, um „“ und um Neubeginn.
Mein Deutschprofessor im Gymnasium hat uns Schülern damals folgenden Rat für ein gesundes Leben mitgegeben: „Jeden Abend einen Apfel, einen Schnaps und ein Gedicht“. Mit Apfel und Schnaps habe ich es nicht so, geblieben aber ist das Gedicht. Und das tut gut!