Society | Erasmus Plus

Lektionen fürs Leben

Spanien, Finnland, Türkei. Einen Monat an einer Schule im europäischen Ausland - fünf Bozner Schülerinnen haben das ausprobiert und Lektionen fürs Leben gelernt.
Erasmus
Foto: D. Orrú/ SALTO
  • Das Erasmus-Plus-Programm am Gymnasium „Walther von der Vogelweide“ in Bozen bietet Schülerinnen und Schülern der dritten Klassen die Möglichkeit, einen Monat lang an einer Partnerschule im europäischen Ausland zu verbringen. Direktorin Martina Adami versteht das Projekt als Investition in persönliche Reife, Begegnungen und Weltoffenheit, besonders im heurigen Jahr: „Wir sind schon lange Veranstalter von Erasmus Plus-Projekten, bei denen wir ganze Klassen ins Ausland entsenden. Der Versuch heuer war neu: Die Schülerinnen fuhren nämlich allein für circa vier Wochen ins Ausland.“ Die Drittklässlerinnen Angelika Summerer, Sofia Alexandra Schwaber, Iris Tabarelli, Helen Malenk und Sara Marinelli begaben sich Anfang des Jahres 2025 auf große Reise. Wir lernten auch Iriem Gümüs kennen: Die Gastschülerin aus der Türkei verbringt aktuell ihren Erasmus-Plus-Monat am Gymnasium Walther von der Vogelweide in Bozen. Für die meisten der sechs Schülerinnen war das die erste Auslandserfahrung, die sie allein antraten, und alle sind sich einig: Es wird nicht die letzte gewesen sein.

  • Die Schülerinnen: Angelika Summerer, Sofia Alexandra Schwaber, Iris Tabarelli, Helen Malenk, Sara Marinelli und Iriem Gümüs (von links nach rechts) Foto: DO/Salto
  • Die Ziele waren so vielfältig wie die Erlebnisse. Iris und Angelika verbrachten ihren Austausch im baskischen Getxo, Alexandra reiste nach Finnland, Iriem ist derzeit Bozen, Sara und Helen waren Valencia und erzählen: „Wir waren genau zur Zeit der berühmten Fallas dort. Das ist ein Frühlingsfest bei dem die ganze Stadt in Feierlaune ist. Riesige Figuren werden durch die Stadt gezogen, die am Ende verbrannt werden“, wie Sara erzählt.

    Es brauche eine beträchtliche Portion Mut, um einen Auslandsaufenthalt anzutreten, erzählt Iris und ergänzt: „Ich war mir zunächst unsicher, habe mich dann aber doch beworben und gedacht, wenn ich angenommen werde, dann ist das ein Zeichen dafür, dass ich die Erfahrung machen muss! So kam es dann auch und das habe ich nicht bereut!

     

    „Dann hatten wir auch ganz interessante Klassen, wie ‚technology in French‘“

     

     Die Jugendlichen lebten bei Gastfamilien, besuchten den Unterricht an den Partnerschulen und tauchten in den Alltag ihrer neuen Umgebung ein. „Ich habe viele neue Leute kennengelernt. Ich konnte mich bereits vor unserer Reise mit meinem Gastbruder austauschen, wurde freundlich von meiner Gastfamilie empfangen und wurde in der Schule gleich in eine Clique von vier Freundinnen aufgenommen“, so Alexandra über Finnland. Angelika, die mit Iris in Getxo war, berichtet vom abwechslungsreichen Unterricht: „Die Schule begann spät, wir hatten viel Sport und erhielten Einblick in fast jede Klasse. Dann hatten wir auch ganz interessante Fächer, wie ‚Technology in French‘.“

  • Pünktlich zum Beginn der alljährlichen Fallas in Valencia angekommen. Eine Veranstaltung, die in der ganzen Stadt gute Laune verbreitete und den Schülerinnen tiefgreifende kulturelle Einblicke gewährte. Foto: Marcelo/unsplash
  • Alle Schülerinnen sind sich einig: Die Erfahrung war eine Bereicherung und hat Lust auf mehr geweckt. „Der Perspektivenwechsel und die Pause haben sehr gutgetan“, erklärt Angelika, „auch wenn wir Dinge nachholen mussten, hatte ich mehr Lust am Lernen. Das spüre ich auch jetzt noch!” Auch Helen zieht ein klares Fazit: „Vor meinem Monat in Spanien hatte ich schon eher Respekt vor Auslandserfahrungen. Das hat sich nun aber geändert. Ich würde total gern in meinem zweiten Studienjahr ein Semester im Ausland verbringen.“ Auf die Frage, was sie über sich selbst gelernt hätten, betonen die Schülerinnen einstimmig, dass sie viel über Selbstständigkeit und Selbstvertrauen gelernt haben. „Man versteht auch, dass es funktioniert, Dinge einfach auszuprobieren, offen auf Menschen zuzugehen und so über sich selbst hinauszuwachsen”, resümiert Sara.

     

    „It’s different here from what I’m used to, but it’s better. I like it a lot!“

     

    Iriem aus der Türkei, zieht ein positives Fazit ihres Südtirol-Aufenthalts: „Ich mag die Schule hier sehr. Mir gefällt es, nach der Schule noch Zeit für meine Interessen zu haben, das ist in der Türkei oft anders. Auch in meiner Studienzeit möchte ich Auslandserfahrungen machen. It’s different here from what I’m used to, but it’s better. I like it a lot.“

  • Benotet werden die Austauschschülerinnen während ihres Auslandsaufenthalts nicht. Sie wohnen aber dem Unterricht bei und lernen Lehrpersonen, Schüler und Schülerinnen sowie den Schulstoff kennen. Um die Erfahrungen bewusst zu reflektieren, verfassen die Jugendlichen am Ende ihrer Reise einen schriftlichen Bericht für die schulinterne Erasmus-Plus-Koordination sowie einen kurzen Beitrag für die Schulhomepage; ein Beispiel dafür ist Alexandra Sparbers Bericht. „Uns ist wichtig, dass die Erlebnisse dokumentiert und verarbeitet werden, um unser Projekt weiterzuentwickeln“, so Rektorin Adami.

     

    „Die Familien wissen, dass sie einen Teil der Kosten selbst tragen müssen.“ 

     

    Nach Angaben der Rektorin wird das Programm zum Teil über Erasmus Plus finanziert, das als ein Förderinstrument der Europäischen Union fungiert. Dabei ist die Umsetzung länderspezifisch geregelt. Während manche Länder – etwa Deutschland – eine kleinere Zahl von Projekten großzügig unterstützen, verfolgt Italien eine andere Strategie: „Hier werden möglichst viele Anträge bewilligt, die Projekte jedoch nur teilfinanziert. Die Familien wissen, dass sie einen Teil der Kosten selbst tragen müssen.“ Der europaweite Austausch sei aus Sicht der Rektorin ein zentraler Vorteil: „Über eine Online-Plattform finden Schulen passende Partnerschulen mit ähnlichen inhaltlichen Schwerpunkten. Dieser Austausch wird immer dichter – und ich finde ihn hochinteressant und absolut wichtig für Europa.“