Society | Gesellschaft und Gewalt

Ruhig Blut

Die Schlägerei beim Bozner Sheraton beschäftigt weiter die Medien. Ein Security-Mann, der dabei war, spricht erstmals von seinen Erfahrungen.
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Foto: Helmut Gross

Claudio möchte nicht erkannt werden. Bozen sei zu klein, man kenne sich und laufe sich immer wieder über den Weg. Er sorgt sich auch um seine eigene Sicherheit und die seiner Familie. Gerade erst hat er einen jungen Mann angezeigt, der seinen Sohn ausgeraubt hat. „Den kann ich anzeigen, aber die Polizei kann nichts machen und deshalb treffe ich ihn immer wieder – vor meinem Haus, in der Straße in der ich wohne...“

Claudio ist ein sympatischer Mittvierziger, kräftig schon, aber vor allem ruhig und freundlich. Er spricht davon, dass die Rolle eines Rausschmeißers heute weniger mit den Händen, als mit dem Kopf zu tun hat. „Du musst versuchen zu deeskalieren, die Leute zu beruhigen“, und das gehe nun mal besser mit Worten als mit Fäusten. In der besagten Samstagnacht war allerdings mit „gut zureden“ von vorne herein nichts zu machen. Das sei eine wüste Schlägerei gewesen, an der mindestens sechs bis sieben Männer beteiligt waren. Die Security-Leute seien mit zehn Mann dazwischen gegangen, um die Sache zu beenden, während der Chef die Polizei gerufen habe. Innerhalb von zehn Minuten sei die Auseinandersetzung beendet gewesen.

Auch wenn zehn Minuten ziemlich lange klingt, Claudio ist überzeugt, dass an diesem Abend die Sicherheitsleute alles richtig gemacht haben. Trotzdem: Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft betreffen auch die Security. Waren genügend Sicherheitsleute da und haben diese richtig reagiert, lautet die Frage. Für Sicherheitsmann Claudio liegt das Problem vor allem darin, dass solche Feste, wie jenes vom Sheraton, weit schwerer zu kontrollieren seien, als zum Beispiel Diskotheken. „Dort kennst du deine Pappenheimer“, sagt er, „weißt wer gerne für Unruhe sorgt und deshalb besser draußen bleibt.“

Die einzige Lösung wären für ihn personalisierte Eintrittskarten oder eine Art Clubmitgliedschaft, mit denen die Besucher identifiziert und im Falle auch ausgeschlossen werden können. Auch Kameras könnten in Diskotheken verstärkt zum Einsatz kommen, auf Festen, auf denen eine große Fläche zu überwachen sei, sei eine Kameraüberwachung allerdings weniger sinnvoll. Auch von einer flächendeckenden Überwachung des Bozner Stadtgebiets hält er wenig. Von der verstärkten Überwachung einzelner neuralgischer Punkte, wie des Obstplatzes oder der Cagliaristraße dagegen schon.

Claudio sagt auch, dass sich die Art der Gewalt unter Jugendlichen verändert habe, in den vergangenen zehn Jahren. „Früher“, sagt er, „haben sich die Leute geprügelt und anschließend ein Bier zusammen getrunken.“ Fast immer sei Alkohol im Spiel gewesen und es waren immer auch Freunde in der Nähe, die versucht hätten, die Hitzköpfe zu trennen. Heute gäbe es tatsächlich Jugendliche, „die Freitagabend zu fünft oder sechst unterwegs sind, nur um Stress zu machen. Meist seien dies tatsächlich Albaner oder Marokkaner", so die Erfahrung des Sicherheitsmannes Claudio. Und besoffen seien die nicht, sondern sie wüssten sehr genau was sie machen.

Besonders wichtig sei es deshalb, sich nicht provozieren zu lassen und einen kühlen Kopf zu bewahren. Auch Selbstverteidigungskurse seien eine gute Sache, besonders für Frauen, weil sie dort lernten, wie sie sich in kritischen Situationen verhalten könnten. Schreien sei zum Beispiel eine wirkungsvolle Maßnahme der Selbstverteidigung. Und noch etwas findet Claudio wichtig: Kein Alkoholausschank an Jugendliche unter 18 Jahren. „Alkohol ist der größte Unruhestifter“, sagt einer, der aus einer Erfahrung von 12 Jahren als Sicherheitsmann spricht, und der angesichts der wachsenden Gewalt überlegt, seinen Job an den Nagel zu hängen.

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Sepp.Bacher Sat, 06/22/2013 - 09:44

Er sagt "Alkohol ist der größte Unruhestifter“, aber auch "Heute gäbe es tatsächlich Jugendliche, „die Freitagabend zu fünft oder sechst unterwegs sind, nur um Stress zu machen. (...), so die Erfahrung des Sicherheitsmannes Claudio. Und besoffen seien die nicht, sondern sie wüssten sehr genau was sie machen." Also doch nicht nur der Alkohol!

Sat, 06/22/2013 - 09:44 Permalink