Wer will, kann

“Wenn ihr mit der Zahl von 40.000 nicht einverstanden seid, verdient ihr es nicht, Europa genannt zu werden.” Mit diesen harschen Worten wandte sich Ministerpräsident Matteo Renzi vor einem Monat an die Staats- und Regierungschefs der EU. Man war zusammen gekommen, um über die Umverteilung und Neuaufnahme von Flüchtlingen zu beraten. 40.000 Menschen. So viele sollten von Italien und Griechenland auf andere europäische Staaten verteilt werden. Darüber waren sich die Mitglieder des Europäischen Rates schließlich einig. Doch welches Land wie viele Flüchtlinge aufnehmen wird, darüber entstand sogleich ein großer Streit. Auf verbindliche Quoten wollten sich zahlreiche Mitgliedsstaaten nicht einlassen. Deshalb sollten die einzelnen Staaten nun freiwillige Zahlen einbringen.
Spiegel Online brachte am Montag eine Aufnahme vom Brenner, um darüber zu berichten, wie sich Österreich weigert, zusätzliche Flühtlinge aus Italien und Griechenland aufzunehmen.
Am Montag lagen die Angebote nun vor. Doch das Ziel, 40.000 Menschen eine neue Unterkunft außerhalb von Italien und Griechenland zu bieten, wurde verfehlt. Gerade einmal 32.256 Flüchtlinge sind die EU-Staaten insgesamt bereit, aufzunehmen – fast 8.000 weniger als ursprünglich geplant. Dazu kommen 22.504 Menschen, die aus Flüchtlingslagern in Krisengebieten außerhalb der EU aufgenommen werden sollen. Über diese Zahl gab es bereits vor dem Treffen der EU-Innenminister am Montag Einigung. Unterm Strich sind es also 54.760 Flüchtlinge, die über Europa verteilt werden. Deutlich weniger als die angepeilten 60.000 (40.000 aus Italien und Griechenland, 20.000 aus Lagern außerhalb der EU). Enttäuschung, aber auch Zorn machte sich unter vielen EU-Diplomaten nach der Verfehlung des Vorhabens breit. Kritisiert wurden insbesondere jene Länder, die sich nach wie vor quer stellen. So etwa Ungarn. Weder aus Griechenland und Italien noch aus anderen Drittstaaten zeigte man sich dort bereit, Flüchtlinge aufzunehmen. Auch Österreich verweigerte sich – als einziges Land neben Ungarn – der Aufnahme von Migranten aus Italien und Griechenland. Dies geht aus der Liste hervor, die der Europäische Rat am Montag auf Twitter veröffentlichte.
Asylbewerber kümmern sich um Parks und Grünflächen
Während sich die EU-Chefs mit Zahlen herumschlugen, hat sich anderswo im Kleinen etwas bewegt. Ebenfalls am Montag ist in Bozen ein Einvernehmensprotokoll unterschrieben worden, das es Asylbewerbern künftig erlauben wird, Freiwilligenarbeit im sozialen und kulturellen Bereich zu verrichten. Unterzeichnet haben die Vereinbarung Regierungskommissärin Elisabetta Margiachhi, die Provinz Bozen, die Gemeinde Bozen sowie der Verein Volontarius und die Caritas. “Ziel des Protokolls ist es, den Migranten – bis zu der Anerkennung des internationalen Schutzes – das Erbringen freiwilliger und unentgeltlicher Leistungen im sozialen und kulturellen Bereich zu ermöglichen”, heißt es aus dem Regierungskommissariat. Es gibt auch schon konkrete Pläne. Einige Asylbewerber, die in der ehemaligen Gorio-Kaserne in Bozen untergebracht sind, werden für das Bozner Konsortium der Sozialgenossenschaften “Joti” arbeiten können. Nach einer entsprechenden Einschulung werden sie sich um die Instandhaltung und Pflege der Stadtparks, Blumenbeete, Radwege und sonstiger Grünanlagen in Bozen kümmern.
Wer will, kann nachziehen
Doch die Initiative soll sich nicht nur auf die Landeshauptstadt beschränken. “Dasselbe Protokoll werden auch alle anderen Gemeindeverwaltungen unterzeichnen können, die an einer Kooperation interessiert und dazu bereit sind”, teilt das Regierungskommissariat mit. Somit können theoretisch überall dort, wo Asylbewerber untergebracht werden, diese für Freiwilligenarbeit gewonnen werden. Es genügt das Interesse und der Wille der Gemeinde. Derzeit sind außer in Bozen noch in Meran und Tisens Migranten untergebracht, die um Asyl ansuchen und auf Grundlage des nationalen Zuteilungsplans des italienischen Innenministeriums in der Provinz aufgenommen wurden. In Meran sorgen zahlreiche Freiwillige bereits heute dafür, den Flüchtlingen zumindest etwas Freizeitbeschäftigung zu bieten. Am Montag Abend fand zum zweiten Mal ein Fußballspiel mit den in den Arbeiterhäuschen am Bahnhof untergebrachten Menschen statt. Organisiert von der Fanszene Obermais. Geplant ist außerdem, gemeinsam mit den Bewohnern Sitz- und Gartenmöbel aus Holz zu bauen. An Ideen mangelt es nicht, und auch an Initiative, die freiwillige Privatpersonen nach wie vor zeigen.
Auch in Tisens sind Ende vergangener Woche die angekündigten Flüchtlinge angekommen. Und ebenso wie in Meran ist die Zivilbevölkerung dort aktiv geworden. Eine Gruppe Freiwilliger nahm die Menschen dort in Empfang. Es sind vor allem Jugendliche, die sich um die neuen Dorfbewohner kümmern. Zum Erstaunen der Politik. Im Vorfeld hatte es große Polemiken um die Ankunft der Flüchtlinge gegeben. In Prissian, wo sie in einem ehemaligen Gebäude des Salus-Centers unterkommen, aber auch im restlichen Tisener Gemeindegebiet waren Ängste aufgekommen und von verschiedenen Seiten geschürt worden. “Ich war positiv überrascht von der Hilfsbereitschaft der Jugendlichen. Und bisher habe ich auch noch nichts Negatives gehört”, gestand Vize-Bürgermeister Thomas Knoll am Wochenende in der Südtiroler Tageszeitung. Es wird sich zeigen, ob nach den jungen Menschen auch die Gemeindeverwaltung einen Schritt auf die neuen Mitbürger zumachen und ihnen gleich wie in Bozen die freiwillige Arbeit mit und für die Gemeinde ermöglicht.
Ich kann das nicht positiv
Ich kann das nicht positiv sehen. Erstens werden so Menschen die aus einer Notlage kommen weiter ausgenutzt, auch wenn nichts tun quälender sein kann. Weiters verzerrt das den Arbeitsmarkt für Erwerbstätige.
Die Lösung muss sein Asylbewerber sollen die Möglichkeit erhalten gegen Lohn zu Arbeiten. Nur so ist es für alle Seiten gerecht.
Dazu zwei Texte, die - unter
Dazu zwei Texte, die - unter anderem - gerade was die Beschäftigung von Flüchtlingen ziemlich interessante oder jedenfalls reichlich diskussionswürdige Lösungs-Ansätze aufzeigen, wie ich finde:
"Das südafrikanische Flüchtlingsgesetz von 1998 erlaubt es jedem Ausländer, der nach Südafrika gelangt (egal, ob auf legalen oder illegalen Wegen), sich in einer Flüchtlingsempfangsstelle als Asylsuchender registrieren zu lassen. Er erhält dann eine Asylbewerber-Nummer, die es ihm erlaubt, viele Rechte und Freiheiten wie Einheimische zu genießen – nicht zuletzt die Bewegungsfreiheit, das Recht zu arbeiten und die Möglichkeit, öffentliche Einrichtungen wie Spitäler und Schulen zu benutzen. Verwehrt bleibt ihm das Recht, zu wählen, eine Partei zu gründen oder Sozialleistungen zu beziehen." (http://www.nzz.ch/meinung/kommentare/die-fluechtlingskrise-verlangt-nac…).
Und, ganz ähnlicher Gedanke (Stichtwort: Nansen-Pass): "Bill de Blasio, der Bürgermeister von New York, hat eine originelle Initiative ergriffen, um den Papierlosen in seiner Stadt (schätzungsweise 500 000) eine legale Existenz zu ermöglichen. Seit Januar können sie eine städtische ID-Card erhalten, die ihnen Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen (Bibliotheken, Krankenhäusern und anderen) gewährt, aber auch zu Banken und anderen Einrichtungen, bei denen man sich ausweisen muss. Mit dieser Karte können sie sich auch um eine legale Arbeitsstelle bewerben, gratis eine von etwa 30 kulturellen Einrichtungen (etwa den Botanischen Garten in Brooklyn oder das Metropolitan Museum of Art) besuchen, Preisnachlässe für Medikamente erhalten und anderes mehr." (http://taz.de/Aus-Le-Monde-diplomatique/!5211102/)