Politics | Gemeindewahlen

Der Mann (in) der Mitte

Lega, Forza Italia und Fratelli d’Italia unterstützen Roberto Zanin als Bürgermeisterkandidaten. Eine eindeutige politische Positionierung fällt allerdings nicht leicht.
Bündnis Zanin
Foto: Oltre-Weiter

In außergewöhnlichen Zeiten braucht es außergewöhnliche Anführer. Mit dieser Botschaft stellte sich am Montag das Bündnis vor, das Roberto Zanin bei den Gemeinderatswahlen im Herbst unterstützt. Seine eigene Liste “Oltre Weiter” hatte der 54-jährige gebürtige Eppaner bereits vergangene Woche präsentiert. Er fordert in Bozen den amtierenden Bürgermeister Renzo Caramaschi heraus – als “Macher” und “die richtige Person, um die Post-Covid-19-Krise zu meistern”.

Flankiert wird Zanin von italienischen (Mitte-)Rechts-Lager: Lega, Forza Italia und Fratelli d’Italia unterstützen seine Kandidatur. Ganz einig, wo man sich im politischen Spektrum positioniert, ist man sich allerdings nicht. Vor allem Fratelli d’Italia, die der Landtagsabgeordnete Alessandro Urzì verkörpert, legt Wert darauf, sich dezidiert als rechts zu bezeichnen. Bei der Lega, die vom Kammerabgeordneten (und amtierenden Gemeinderat) Filippo Maturi vertreten wird, betont man, “die echte Koalition der Mitte, die echte moderate Koalition” zu sein. “Die Extremisten sind in der anderen”, stichelt Maturi gegen Caramaschi und seine Allianz Lista Civica con Caramaschi-PD-Grüne-Sinistra Unita-Italia Viva.

Zanin ist um Diplomatie bemüht: “Uniti nella diversità” sei seine Koalition, in Vielfalt geeint, zitiert der Bürgermeisterkandidat – bewusst? – das Europamotto und wiederholt dann die Eckpunkte seines Programms, das seit Montag Abend vorliegt. Daran mitgewirkt hat auch Igor Janes. Der Anwalt war bis zur Corona-Krise als Bozner Mitte-Rechts-Bürgermeisterkandidat favorisiert worden, hatte dann aber abgesagt. Kultur und Soziales – und Sicherheit. Darauf will Zanin den Fokus im Wahlkampf legen. Und darauf, dass Bozen “wieder Landeshauptstadt” wird und sich als solche auf Landesebene mehr Gehör und Gewicht verschafft. Entsprechend sein Wahlslogan: “Facciamo tornare #Bolzanocapoluogo”“#Bozen die Landeshauptstadt”.

 

Dass die “neuen Ideen”, von denen am Montag die Rede ist, nur mit der SVP umzusetzen sein werden, die mit Zanin nach einem möglichen Wahlsieg am 20./21. September bzw. bei der Stichwahl am 11. Oktober eine Koalition eingehen müsste, wissen die Anwesenden. Mit Fratelli d’Italia im Boot ein denkbar schweres Unterfangen. Die Partei von Giorgia Meloni ist der SVP aufgrund ihrer nationalistisch und zum Teil extrem rechts ausgerichteten Positionen ein Dorn im Auge. Dazu kommt, dass mit Michaela Biancofiore eine alte Erzfeindin der SVP in die Reihen von Forza Italia zurückgekehrt ist. Und wieder ist Roberto Zanin um Diplomatie bemüht: “Mir geht es einzig und allein um Sachpolitik, für mich zählen stets die Inhalte, den ethnischen Aspekt lasse ich außen vor.”

Dabei ist Zanins Bündnis nicht die rechteste Kraft in Bozen. Seit längerem gibt es Gerüchte, dass Vertreter von CasaPound erneut antreten könnten – mit einer eigenen Bürgerliste. Denn die neofaschistische Bewegung hat vor über einem Jahr beschlossen, sich als Partei aufzulösen und bei keinen Wahlen mehr anzutreten. In Bozen aber wissen die drei CasaPound-Gemeinderäte um ihr Stimmenpotential und basteln nun an einer eigenen Liste. Lega und Fratelli d’Italia versichern, dass keine (Ex-)CasaPound-Vertreter in ihren Reihen antreten werden. Denn damit wäre eine Zusammenarbeit mit der SVP tatsächlich in unerreichbare Ferne gerückt.

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Hartmuth Staffler Tue, 07/21/2020 - 14:57

Es ist ziemlich lächerlich, wenn siech ein Kandidat als "Mann der Mitte" präsentiert, wenn er von der extremen Rechten unterstützt wird. Das Traurige ist, dass diese üble Heuchelei auch noch Erfolg haben könnte.

Tue, 07/21/2020 - 14:57 Permalink