Politics | Landtagswahlen

Der Kurs-Korrigierer

Nun ist die Katze aus dem Sack: Thomas Widmann tritt mit einer eigenen Liste bei den Landtagswahlen an – doch wer wird an seiner Seite stehen?
Gerüchte bzw. Befürchtungen kursieren bereits seit Längerem, dass der ehemalige Gesundheitslandesrat und langjährige SVP-Parteifunktionär Thomas Widmann mit einer eigenen Liste zu den Landtagswahlen antreten wird. Gestern (20. Juli) folgte wie berichtet um kurz nach halb acht dann die Bestätigung. In einer ausführlichen Presseaussendung erklärt Widmann, dass er mit der auf seine Person zugeschnittenen Liste „Für Südtirol mit Widmann“ bei den kommenden Landtagswahlen antreten wird. „Verantwortlich“ für diesen Schritt machte er Landeshauptmann Arno Kompatscher, der ihn nach seinem Sager von wegen „schlechtester Landeshauptmann, den Südtirol je hatte“ aus der Regierung warf und sein Veto gegen eine Kandidatur auf der SVP-Liste eingelegt hat. Umso lauter sei der Zuruf all jener geworden, „die früher treue und unerschütterliche SVP-Wähler waren und die heute kein Sprachrohr mehr haben, kein Gehör mehr finden und still darunter leiden, dass in Südtirol immer mehr in Schieflage gerät und die Verantwortlichen nichts dagegen tun“, heißt es in der Presseaussendung, in der auch die Beweggründe genannt werden: „Auch ich sehe diese Entwicklung mit Sorge und ich spüre den Auftrag, hier gegenzusteuern – und weil nicht anders möglich, eben auf einer eigenen Liste.“
 
 
Bereits zahlreiche Unterstützer hätten sich gemeldet und ihre Bereitschaft bekundet, die Kandidatur zu unterstützen bzw. auch selbst zu kandidieren – aus den Reihen der SVP ebenso wie von außerhalb.
 
 
Bereits zahlreiche Unterstützer hätten sich gemeldet und ihre Bereitschaft bekundet, die Kandidatur zu unterstützen bzw. auch selbst zu kandidieren – aus den Reihen der SVP ebenso wie von außerhalb, so Widmann. Zu den weiteren potentiellen Kandidaten brodelt bereits die Gerüchteküche; ein von Insidern hoch gehandelter Name ist jener von Bernd Gänsbacher, der bei den Landtagswahlen 2018 für die SVP angetreten war und in einem Ende Mai erschienenen Interview in der Südtiroler Tageszeitung erklärt hat, dass er noch am Überlegen sei, ob er kandidieren wolle – ins Spiel gebracht wurden dabei allerdings die Grünen. Wird‘s nun doch die Liste Widmann? Nein! Salto.bz gegenüber hat Gänsbacher diesbezügliche Gerüchte dementiert.
Details über die neue politische Bewegung werden laut Pressemitteilung in den kommenden Tagen bekannt gegeben, vorher möchte sich der Frontmann der neuen Liste nicht äußern – man darf also gespannt sein.
 
 
Widmann, Thomas
Thomas Widmann, langjähriger SVP-Politiker und Frontmann der neuen Liste „Für Südtirol mit Widmann“: „Auch ich sehe diese Entwicklung mit Sorge und ich spüre den Auftrag, hier gegenzusteuern – und weil nicht anders möglich, eben auf einer eigenen Liste.“ (Foto: Othmar Seehauser)
 
 
Drei Monate vor der Wahl zeigt die SVP eindeutige Zerfallserscheinungen. Sinnbildlich dafür stehen nicht nur die Positionierungsversuche der SVP-Kandidaten, die man durchaus als gegenseitige Angriffe interpretieren kann, wie beispielsweise jene von Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer, die sich zum Thema Tourismus und Werbestrategie geäußert hatte und prompt eine über die Medien ausgerichtete Mitteilung des Landtagsabgeordneten Manfred Vallazza erhielt. Auch der SVP-Arbeitnehmervertreter und Landtagsabgeordnete Helmuth Renzler äußerte sich öffentlich gegen den Sündenbock par excellence „Tourismus“ und seine negativen Auswüchse, wofür Helmut Tauber, ebenfalls SVP-Landtagsabgeordneter und HGV-Bezirksobmann des Eisacktales, kein Verständnis zeigte. Während somit die Mitglieder der Regierungspartei nichts besseres zu tun haben, als „übereinander herzufallen“, freut sich die Opposition. „Kompatscher-Intim-Feind“ Sven Knoll von der Süd-Tiroler Freiheit meldete sich heute bereits um halb acht mit einer Pressemitteilung zu Wort, in der er feststellte: „Kompatscher stürzt SVP und Südtirol ins Chaos.“
Befeuert werden mit den neuen Listen, die derzeit wie die Pfifferlinge aus dem Boden schießen, allemal Spekulationen über den Wahlausgang, die anschließende Mandatsverteilung und zukünftige Regierungsbildung. So werden Insidern zufolge Thomas Widmann durchaus drei Mandate zugetraut, um das Restmandat werden sich wohl die Ein-Mann bzw. -Frau-Fraktionen wie jene von Sepp Unterholzner, Renate Holzeisen und Jürgen Wirth Anderlan balgen. Wie bereits in anderen Ländern lässt sich auch in Südtirol ein zunehmend um sich greifendes Phänomen beobachten: eine Abkehr von den traditionellen Parteien hin zu Personen bezogenen Listen.