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Buchhandel: Krise betrifft nicht nur Kolibri

Was hat der Verkauf von Büchern mit Regierungskrisen oder neuen Gästegruppen zu tun? Ein Stimmungsbaromenter aus Südtirols Buchhandel, der in dieser Woche mit der Genossenschaft Kolibri einen wichtigen Mitspieler verliert.
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Foto: edition raetia

Das Begräbnis findet am kommenden Wochenende statt. Am 25. August sind die Gesellschafter der Bozner Buchhandlung Kolibri zur außerordentlichen Gesellschafterversammlung einberufen. Einziger Tagesordnungspunkt: die Schließung der Genossenschaft. Die Nachricht über das Ende einer der wichtigsten Buchhandlungen der Landeshauptstadt hat zu Wochenbeginn nicht nur unter der Community von salto.bz viele betroffene Reaktionen hervorgerufen. Auch in der Branche selbst  ist man über das Ende des Konkurrenten vielerorts erschrocken. „Kolibri war für Bozen eine ganz wichtige Buchhandlung, die auch immer ein bisschen die alternative Szene erzählt hat und ein wichtiges Schaufenster für lokale Verlage wie Raetia oder Folio war“, sagt Rainer Schölzhorn von der Meraner Buchhandlung Alte Mühle in Meran. Doch: „Obwohl sich der Umsatz in den vergangenen Jahren positiv entwickelt hat, konnte nicht die kritische Größe erreicht werden, um das enorme Wachstum an Kosten zu decken, denen wir alle gegenüberstehen.“

Der Fall Kolibri ist nicht nur im Zusammenhang mit dem Scheitern eines interethnisch angelegten Projektes zu sehen, dem sein Stammpublikum abhanden gekommen ist. Er steht darüber hinaus symbolhaft für eine generelle Krise des Buchhandels, von der auch die insgesamt 25 Buchhändler in ganz Südtirol nicht verschont bleiben. „Die Situation sieht derzeit sicher nicht rosig aus“, bestätigt Heinz Neuhauser, Verantwortlicher der Südtiroler Buchhändlervereinigung im Handels- und Dienstleistungsverband hds. Denn die Wirtschaftskrise bremse Konsumenten auch beim Bücherkauf deutlich her.

Einen großen negativen Effekt hätten dabei auch die Sparmaßnahmen im öffentlichen Bereich: „Aufgrund des Sparzwangs beziehen immer mehr Bibliotheken und Schulen ihre Bücher nicht mehr über Südtiroler Händler, sondern direkt bei den deutschen Verlagen“, so Neuhauser. Doch selbst die zunehmende Internationalisierung des heimischen Tourismus wirkt laut Neuhauser negativ auf die Umsätze im Buchhandel. Denn im Gegensatz zum deutschen Stammgast finden Touristen aus Osteuropa oder anderen neuen Märkten dort nicht mehr das sprachlich passende Angebot an Führern oder Ferienlektüre. Und immerhin fettet das Geschäft mit Touristen den Verkauf traditionell mit einem Umsatzanteil 10 bis 15 Prozent auf, wie Neuhauser grob schätzt.

Störung aus Rom

Nicht nur die Wirtschaft, selbst die Politik wirkt auf den Kauf von Büchern ein, sagt die Buchhändlerin Waltraud Waibl von der Bozner Buchhandlung Europa. „Am schlimmsten ist es immer vor den Wahlen“, meint sie. „Wenn die Leute verunsichert sind, überlegen sie sich dreimal, ob sie ein Buch kaufen.“ Und so haben Regierungskrisen in Rom auch direkte Auswirkungen auf die zweisprachige Buchhandlung in der Bozner Italienallee. Dort registriert man heuer beim Geschäft mit italienischsprachigen Kunden wesentlich stärkere Rückgänge als beim deutschen Stammpublikum, sagt Waibl. Zusätzlich belastend wirkt der Buchverkauf in Supermärkten und auf Tankstellen. Da in Italien die Preise nicht gesetzlich geregelt sind,  würden zumindest die Bestseller vor allem über den Großhandel verkauft, der Rabatte im Ausmaß von zehn bis 25 Prozent bietet.

Die oft zitierte Konkurrenz durch Internetanbieter wie Amazon wird im heimischen Buchhandel dagegen eher locker gesehen. „Viele Leute haben immer noch Angst, mit der Kreditkarte im Internet zu bezahlen“, relativiert Waltraud Waibl das Thema. Für Rainer Schölzhorn ist auch der Marketingeffekt nicht zu unterschätzen, den der große Mitbewerber erzielt. „Amazon macht Lesen sexy“, meint er. Früher sei man immer davon ausgegangen, dass sieben Prozent der Bevölkerung aktiv Bücher kauft. Auch wenn die Umsätze des Stammpublikums nun zurückgehen, habe sich durch Amazon zumindest der Kreis der Konsumenten erweitert.

Als Kern des Problems sieht der Meraner Buchhändler eine tiefe Strukturkrise der Branche, die nun durch die Wirtschaftskrise beschleunigt werde. „Denn die Kosten sind vor allem in den vergangenen zehn Jahren stark gestiegen, während die Umsätze nicht entsprechend nachgewachsen ist.“ Unabhängig von der Größe müsse jeder Buchhändler allein für EDV, Lizenzen und eine breite Palette elektronischer Kataloge viel Geld in die Hand nehmen. Dazu kommen teure Mieten, hohe Personalkosten und alle anderen Spesen wie Buchhaltung und Steuerberater. „Ich denke, es ist derzeit jedem in der Branche klar, dass es nicht ausreichen wird, wie bisher weiterzumachen“, sagt er. Die Alternativen seien aber derzeit noch unklar – oder besser gesagt, in Entwicklung. Und wie Schölzhorn meint: „Wohin der Weg tatsächlich führt, werden wir wahrscheinlich erst in zehn Jahren sagen können.“