Chronicle | Weinbau

"Wie eine Explosion"

Die Kirschessigfliege hält die Südtiroler Weinbauern in Atem: Sie verdirbt die Trauben und bedroht in Folge für dieses Jahr das Ergebnis der Weinlese.

Sie ist winzig klein und unscheinbar, kann aber unermesslichen Schaden anrichten. Ihre Heimat ist Südostasien, aber auch dort hat man sie noch nicht im Griff: Die Kirschessigfliege bedroht die Weinernte in Südtirol. Sie ist viel gefährlicher als die uns bekannte Essigfliege. „Die Kirschessigfliege kann aktiv Trauben zerstören“, erklärt Sigmund Kripp vom Partschinser Schlossweingut Stachlburg. „Sie ist mit einer Art Säge ausgestattet, mit der sie die Frucht beschädigt.“ Sobald die Beere weich wird, kann sie also von der Fliege geöffnet werden. Außerdem ist diese Art phänomenologisch in Südtirol beinahe unbekannt. Erst seit 2011 ist das Insekt in Europa so massiv vorhanden. Dabei gibt es selbst in Japan, dem Ursprungsland, noch keine Strategien zur Bekämpfung. Weinbaugebiete in Deutschland sind ebenso betroffen. „Es ist wie eine Explosion“, sagt Kripp: „Bis zu elf Generationen kann es in einer Saison geben und pro Generation x-hundert Fliegen.“ So kann es innerhalb von zwei Wochen zu einem massiven Befall kommen.

Die Bekämpfung gestaltet sich als schwierig. Es gibt kaum Mittel, weder natürliche, noch synthetische. Das erste legale Präparat, mit dem versucht wird, die Trauben zu schützen, ist das aus einer Wurzel gewonnene Spinosad. „Auch wenn es natürlich gewonnen wird, ist es trotzdem sehr giftig“, sagt Kripp, „leider weiß man noch nicht genau, wie es wirkt. Aber nachdem wir nichts anderes haben, empfiehlt es auch der Beratungsring.“
Der Druck sei immens. In sechs bis acht Tagen sollen die Fliegen eine ganze Ernte zu zerstören imstande sein, damit wäre auch das Einkommen zerstört. „Drei Saisonen sind einfach zu wenig, um einen Schädling kennen zu lernen“, betont Kripp. 

Hansjörg Hafner, Bereichsleiter für Weinbau im Beratungsring warnt vor einer Panikmache. Die Kirschessigfliege habe zwar ein hohes Potential Schäden anzurichten, jedoch müsse man die Entwicklung der nächsten zwei Wochen abwarten. Den Einsatz von Spinosad sieht er positiv: „Der Wirkstoff wurde zwei Jahre lang in der Laimburg getestet und hilft uns, die Population der Fliege zu vermindern. Es ist ein wenig regenbeständiger Stoff, relativ instabil in der freien Natur. Das ist ein Vorteil für die Natur.“

Dagegen spricht ein Informationsblatt von Bioland: „Der Wirkstoff Spinosad ist bienengefährlich und kann Rückstände verursachen“. Trotzdem wurde der Einsatz unter gewissen Auflagen in Anbetracht der diesjährigen Situation erlaubt.