Politics | Wahlen 18 Elezioni
Blauer Schaulauf
Foto: salto
Der Mann, der nur ganz knapp nicht österreichischer Bundespräsident wurde, geht gegen 11.20 Uhr langsam durch den Park des Hotel Mondschein. Flankiert von Andreas Leiter Reber und Ulli Mair. Seit einem Unfall mit dem Paragleiter ist Norbert Hofer beim Gehen auf einen Stock angewiesen.
Der Mann wirkt aber keineswegs gebrochen: Hofer hat ein offenes freundliches Gesicht und eine sonnige Ausstrahlung, die von seinen hellen Sakko unterstrichen wird. Der österreichische Verkehrsminister gibt fast jeden der anwesenden Gäste und Journalisten die Hand. Es wirkt nicht aufgesetzt, sondern durchaus natürlich. Spätestens jetzt wird - selbst für einen, der die FPÖ für inakzeptabel hält - verständlich, wie der FPÖ-Politiker über 46 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinen konnte.
Wenig später marschiert Harald Vilimsky, der Generalsekretär und EU-Abgeordnete der FPÖ durch den Garten.
Der Auftritt der beiden FPÖ-Politiker am Freitag in Bozen war wohltuend unspektakulär. Wer je einen Besuch eines italienischen Ministers miterlebt hat, Dutzende Leibwächter, Polizei, Sirenen, quietschende Reifen und eine Kirmes im Schlepptau, dem offenbart sich hier eine andere Welt.
Vilimsky und Hofer flogen allein aus Wien in Hofers Cessna nach Bozen. Der österreichische Verkehrsminister hat einen Pilotenschein und ist begeisterter Flieger. Danach ging es im Privatauto in die Innenstadt. Personenschutz braucht ein österreichischer Minister anscheinend nicht.
Wahlkampf und Andreas Hofer
Auch inhaltlich ist beim Auftritt von Norbert Hofers Understatement angesagt.
„Ich bin nicht gekommen“, stellt der FPÖ-Politiker gleich zu Beginn der Pressekonferenz klar, „um irgend einen Südtiroler Politiker zu kritisieren“. Hier kommt der neue Kuschelkurs zwischen FPÖ und SVP im Schatten der Kanzlerschaft des Volkspartei-Lieblings Sebastian Kurz ungeschminkt zum Vorschein.
Seine Aufgabe sei es den „Südtiroler Freunden im Wahlkampf zu helfen“. Genau dazu sei er der Richtige, denn es gebe keinen anderen österreichischen Politiker, der länger als er, nämlich über ein Jahr lang ununterbrochen im Wahlkampf gestanden habe. Gemeint waren die Bundespräsidentenwahlen, die wiederholt werden mussten und die darauffolgenden Nationalratswahlen. „Ich habe schon viel zu lange keinen Wahlkampf mehr gemacht“, scherzt Hofer.
Sonst ist aber vor allem Sachlichkeit angesagt. Von den anwesenden Journalisten zu den Themen Doppelpass, Zulaufstrecken zum BBT oder Blockabfertigung in Tirol befragt, antwortet Hofer äußerst diplomatisch und gescheit. Sowohl im Tonfall als auch im Inhalt sind seine Aussagen kein Wahlkampfgeschrei, sondern auf Ausgleich und Mäßigung bedacht.
Als ein RAI-Journalist Hofer zu den Vorfällen in Chemnitz befragt und seine Sympathien für die AfD, antwortet er : „Das ganze ist schrecklich, so etwas könnte bei uns in Österreich nicht passieren“.
Nur einmal wird es an diesem Vormittag etwas schwulstig-patriotisch. Als Norbert Hofer von Andreas-Hofer Bild seines Vaters erzählt, das dieser im Büro hängen hatte. „Jetzt hängt es in meinem Büro“, meint der österreichischen Verkehrsminister stolz. Dazu passt die Lithographie von Schloss Tirol, die Andreas Leiter Reber und Florian von Ach Hofer wenig später überreichten.
Der EU-Skeptiker
Schon beim ersten Satz merkt man, dass Harald Vilimsky aus einem anderen Holz geschnitzt ist. Der EU-Abgeordnete offenbart eine enge Beziehung zu Südtirol. Unter seiner Ägide als Generalsekretär haben die Südtiroler Freiheileichen nicht nur einen Sitz im FPÖ-Vorstand bekommen, sondern er weile auch mindestens zweimal im Jahr privat in Südtirol.
Als Vilimsky dann auf sein eigentliches Kernthema zu sprechen kommt, wird klar wen man da vor sich hat. Der FPÖ-Politiker ist Schatzmeister der Europapartei „Bewegung für ein Europa der Nationen und der Freiheit“ und stellvertretender Vorsitzender der Fraktion „Europa der Nationen und der Freiheit im europäischen Parlament“, einer Sammelbewegung der EU-Skeptiker.
„Die kommenden EU-Wahlen werden das traditionelle Machtgefüge in der EU durcheinander wirbeln“, prophezeit Harald Vilimsky am Freitag in Bozen. Er gehe davon aus, dass es nach dem Mai 2018 eine weit stärkere Konzentration der EU-Skeptiker geben wird. „Wir sind im Aufwind“, skandiert er in diese Richtung. Und es klingt fast schon wie eine Drohung.
Mit dabei am Podium ist auch der FPÖ-Südtirol-Sprecher Werner Neubauer. Er ergreift an diesem Vormittag aber nicht das Wort.
Die Pressekonferenz dauert keine 30 Minuten. Danach geht der blaue Schaulauf in der Bozner Streitergasse mit Musik und einem Umtrunk weiter. Anschließend fährt man mit der Seilbahn auf den Ritten.
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