Postkarte aus Korea-Süd (2): Heiteres aus dem Arirang-Land

Einen, der den neuen alten Wind des autoritären Regierens am eigenen Leib erfahren hat, traf ich in Seoul. Son Hongguy ist einer, an dem ein Exempel statuiert wurde. Er nimmt es stoisch, mit nervösem Blinzeln und subversivem Humor.
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Son ist Schriftsteller. Er wurde zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er, als Generalsekretär der südkoreanischen Autorenvereinigung, vor den Präsidentenwahlen im Dezember 2012 eine ganzseitige Anzeige schaltete, in der 138 Autorinnen und Autoren vor einer Rückkehr in die Vergangenheit warnten. Diese vollzog sich vier Tage später prompt, als Park Hun Gye, die Tochter des früheren Militärdiktators Park Chung Hee der 1960er und 1970er Jahre zur Präsidentin gewählt wurde.

Das Inserat der Schriftsteller war nicht direkt parteipolitisch, sondern eher ein poetischer Aufruf, mehr Demokratie zu wagen. Son ist überzeugt: Das Gerichtsverfahren war reine Schikane, Warnschuss, Erinnerung an kaum vergangene Zeiten der eingeschränkten Meinungsfreiheit.

Diese alten Zeiten sind noch nicht lange her, vergangen sind sie schon gar nicht. Nicht wenige der Dichter, Autorinnen, die ich treffe, haben die Geburtswehen der koreanischen Demokratie am eigenen Leib erfahren, „hier, in dieser Polizeiwache wurde ich gefoltert“, „ja, ich war dreimal im Gefängnis, wegen ein und desselben Verfahrens aus den 1970ern sogar in den 1990ern noch einmal“. Die alten Wunden sind noch nicht verheilt, wie auch, Südkorea steht noch immer unter der Vormundschaft der USA, im Kriegsfall ist den USA das Oberkommando über die koreanische Armee vertraglich zugesichert.

Doch inmitten der Politik gibt es poetische Zartheit, wie in den Filmen von Hong Sang-soo, ohne Action, nur aus ein paar Textbaustücken baut er einen ganzen Film, bei dem sich die Schlange aus Lebensmomenten am Ende in den Schwanz beißt. Hier in Berlin lief kürzlich eine Retrospektive (http://www.arsenal-berlin.de/kino-arsenal/programm/einzelansicht/article/3744/2796.html), aber in Seoul bin ich aus purem Zufall in eine Kneipe hineingeraten, in der er Teile seines letzen Films gedreht hatte. Die Wirtin, Yong-jin Jeong, eine bekannte Sängerin, hat den Titelsong aufgenommen, und gibt ihn nach einigem Bitten, auch in ihrer Bar zum Besten. Es ist eine Art Chanson der dreißiger Jahre, aus der Zeit des japanischen Kolonialismus.