"Ci troviamo come nel 1400 a Venezia"
Italiens grösste und reichste Region macht dicht. Mit einem Dekret verfügte der lombardische Präsident Attilio Fontana drastische Massnahmen sowie eine Ausgangssperre von 23 bis 5 Uhr früh. Sie sollen vorerst für drei Wochen gelten und könnten bei Bedarf verlängert werden. Vergeblich versuchte Lega-Chef Matteo Salvini, die Unterzeichnung des Dekrets durch seinen Parteifreund Attilio Fontana zu verhindern: "Non possiamo continuare a portare la croce, a giocare in difesa e mettere la faccia su provvedimenti voluti dal comune e dal governo."
Hatte Salvini bisher fast täglich auf die Regierung Conte eindreschen und ihr die Verantwortung für den Ausnahmezustand zuschieben können, so sind es nun seine eigenen Parteikollegen, die den rapid steigenden Ansteckungen einen Riegel vorschieben. Schon in wenigen Tagen dürfte in Mailand das Notkrankenhaus am Messegelände wieder seine Tore öffnen.
Virologen schliessen eine Verdoppelung der Zahlen keineswegs aus.
In der Lombardei wurden allein am Mittwoch 4125 neue Corona-Fälle registriert, über 1000 davon in Mailand. Die Krankenhäuser verfügen über keine freien Betten mehr. Virologen schliessen eine Verdoppelung der Zahlen keineswegs aus. Alle Oberschulen der Region wurden geschlossen, nur Fernunterricht ist erlaubt. Durch die Schliessung der Einkaufszentren am Wochenende und die massiven Einschränkungen für Gastbetriebe werden hohe Einbussen für Bars, Pubs und Restaurants erwartet.
Auf einer Protestkundgebung vor dem Palazzo Lombardia forderten die Betreiber eine Rücknahme der Massnahmen. "Se ci riducono i posti del 50 per cento e ci fanno chiudere alle 23, non possiamo più pagare tasse, contributi e stipendi. Bisognerebbe mandare via i clienti alle 22", klagt ein Vertreter des Gastwirteverbands.
Andere Regionen wollen dem Vorbild der Lombardei nun folgen. Auch Latium hat eine nächtliche Ausgangssperre angekündigt, Sardinien die Schliessung der Häfen und Flughäfen. Der Mailänder Universitätsprofessor und Berater von Gesundheitsminister Speranza, Walter Ricciardi: "Milano, Napoli e Roma sono già fuori controllo. Hanno numeri troppo alti per essere contenuti con metodi tradizionali. Ci troviamo come nel 1400 con la peste a Venezia, nonostante le tecnologie di cui disponiamo." Keine tröstlice Vision.