Society | Entwicklungszusammenarbeit

Kreis für ein besseres Leben

Entwicklungshilfe im Freundeskreis: Der Verein Circle stellt Gelder für Projekte in Ländern der dritten Welt auf. Und wird dabei auch von Künstlern unterstützt.

In der Flüchtlingsdebatte rückt das Schlagwort „Hilfe in den Herkunftsländern“ immer mehr in den Mittelpunkt. Für einen Freundeskreis rund um Umberto Carrescia, Leiter des psychiatrischen Dienstes „Girasole“ und Musiker der Gruppe Aluna Quartet, war es der Grund, 2013 eine Vereinigung zu gründen. Unter dem Namen Circle, dem englischen Wort für Kreis, begleitet und finanziert die Gruppe aus mittlerweile rund 30 Leuten Projekte in Entwicklungsländern. Unterstützung dafür kommt vom Amt für Kabinettsangelegenheiten und Entwicklungszusammenarbeit sowie von der Diözese. Viel wird aber auch aus eigenen Mitteln und Spenden aufgebracht. Auf diese hofft man bei Circle auch bei einer Benefizveranstaltung, mit der am heutigen Samstag um 19 Uhr die Fotoausstellung „Water Portrait – Mondo Donna“ im Frauenmuseum Meran eröffnet wird. Gezeigt werden Arbeiten des Meraner Fotografen Claudio Fraschetti, die in Zusammenarbeit mit der israelischen Künstlerin Tarin Garnter realisiert wurden.

„Actions speak louder than words“, Handeln bringt mehr als Reden: Ein Spruch, der auf einem der vielen Fotos auf der Facebook-Seite von Circle zu lesen ist. Und ein Prinzip, das der Präsident des Vereins Umberto Carrescia von klein auf vorgelebt bekommen hatte. „Mein Vater hat als Arzt für die Weltgesundheitsorganisation in Afrika gearbeitet und ich bin mit der Entwicklungszusammenarbeit groß geworden“, sagt er. Nach dem Tod seines Vaters beginnt sich auch Carrescia selbst verstärkt in dem Bereich zu engagieren. So setzte er sich 10 Jahre lang gemeinsam mit dem ehemaligen Primar des psychiatrischen Dienstes in Meran Lorenzo Toresini für die Schließung geschlossener psychiatrischer Anstalten in Bosnien ein.

Ullis Traum

Die Gründung von Circle ist dann mit einem weiteren schweren Verlust in Umberto Carrescias Leben verbunden. 2012 stirbt seine Frau Ulli Spögler, eine Grafikerin, die mit ihm gemeinsam an vielen Projekten gearbeitet hat und immer davon geträumt hat, längere Zeit in Afrika zu leben und zu arbeiten, wie ihr Mann erzählt. Spöglers Freundinnen beschließen, ihren Traum zumindest teilweise zu realisieren und in ihrem Gedenken Hilfsprojekte in Afrika zu unterstützen. Im April 2012 wird Circle gegründet. Unter den 15 Gründungsmitgliedern finden sich neben dem heutigen Führungstrio, das aus Umberto Carrescia, Vize-Präsident Giorgio Giralt und Ratsmitglied Ruth Gamper besteht, unter anderem Sonja Pircher, Renate König, Christa Ladurner, Brigitte Kauntz, Karin Thieltges, Manuela Garber, Cassandra Han, Chiara Roncen oder Giuseppina Martelli.

Nur wenige Monate nach der Gründung lernen die Circle-Mitglieder über den Filmemacher und nunmehrigen Leiter des Bozner Missionsamtes Wolfgang Penn einen Mann kennen, mit dem sie seither eine intensive Kooperation pflegen: Pater Akum Innocent, einen jungen und tatkräftigen Missionar aus Kamerun, der im Westen von Kenia arbeitet. Einer Gegend, die von Armut, Kriminalität, Prostitution, mangelnder Bildung und einem prekären Gesundheitssystemen gekennzeichnet ist. Gemeinsam mit ihm startet Circle seine ersten beiden Projekte: Im November 2014 wurde mit der Erweiterung einer Oberschule für Mädchen in Ebusiratsi (Luanda) begonnen. 2015 folgte der Bau einer Volksschule für 400 schulpflichtige Kinder.

Zusammenarbeit auf vielen Ebenen: Pater Akum Innocent

Bildung gegen Armut

Allein mit der Erweiterung der Oberschule ermöglicht die Südtiroler Vereinigung ab dem kommenden Jahr 600 Mädchen eine weiterführende Schule zu besuchen. Bislang fanden in einer alten und heruntergekommenen Baracke nur 380 junge Frauen Platz. Je gebildeter Frauen sind, desto geringer wird ihr Armutsrisiko – und desto niederer wird die immer noch viel zu hohe Geburtenrate, die es in Afrika vielen Familien nicht ermöglicht, ihre Kinder ausreichend zu ernähren, geschweige denn ihnen eine gute Ausbildung zu ermöglichen.  „Die Mädchen wissen, dass es ein großes Privileg ist, eine weiterführende Schule zu besuchen. Die Begeisterung für den Schulbesuch und das Lernen ist groß“, erzählte Christa Ladurner, Vize-Bürgermeisterin von Tschmers und Vorsitzende der Allianz für Familie nach einem Besuch in Luanda. Zwei Mal war eine Delegation von Circle-Mitgliedern bereits vor Ort, um die Baufortschritte zu besichtigen und sich ein Bild von der Situation zu machen. Entschieden, wie die in Südtirol gesammelten Gelder am sinnvollsten eingesetzt werden, wird aber letztendlich vor Ort, unterstreicht Umberto Carrescia. „Wir schicken nicht nur Geld nach Afrika, sondern arbeiten auf vielen Ebenen zusammen“, sagt er. „Wo die Prioritäten liegen, geben aber Pater Innocent und die Gemeinschaft vor.“

Die Lebensbedingungen von jungen Menschen verbessern, die Schulflucht verringern, die Migration von Jugendlichen in Großstädte vermeiden sowie Kriminalität und soziale Missstände einschränken: Es ist der Kreislauf der Armut, den Circle mit seinen Aktivitäten unterbrechen will. Zumindest im Kleinen – und im Rahmen der Möglichkeiten, die seinen Mitgliedern in ihrer Freizeit bleiben. Nach zwei Jahren hat sich der Freundeskreis von Ulli Spögler und Umberto Carrescia bereits um neue Mitglieder erweitert.

Doch auch der Aktionsradius von Circle soll weiter wachsen. Weitere Projekte in Westkenia, aber auch in anderen Regionen der Welt werden bereits angedacht. „Wir haben nun auch Kontakte zu Brasilien geknüpft“, sagt der Circle-Präsident. Umso wichtiger findet er, dass das Budget für  Entwicklungszusammenarbeit der Provinz für das kommende Jahr verdoppelt wurde. Denn zu tun gibt es wahrlich genug. Ein Tun, von dem auch die Circle-Mitgliedern selbst etwas mitnehmen, wie Ratsmitglied Ruth Gamper beschreibt: „Es erfüllt mich mit Freude und Dankbarkeit, Menschen denen es nicht so gut geht wie uns und die in sehr schwierigen Verhältnissen leben, etwas von dem zurück zu geben was wir haben“, sagt sie. „Die Tätigkeit für und mit Circle ist mein Beitrag für ein besseres Leben für alle. Allen voran für die schwächsten Glieder der Gesellschaft, nämlich Kinder und Frauen.“

Die Fotoausstellung zugunsten der Vereinigung Circle wird am Samstag, 21.11, um 19 Uhr im Frauenmuseum Meran, am Meraner Kornplatz, eröffnet.