Politics | Wolfsmanagement

„Herdenschutz? Funktioniert nicht!“

„Unser Landesgesetz hält“, ist Franz Locher überzeugt und fordert, dass in Sachen Wolf endlich etwas unternommen wird. Notfalls soll der Landtag die Genehmigung erteilen.
Lupo
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Nicht stehen lassen will der SVP-Landtagsabgeordnete und Bauern-Vertreter Franz Locher die Stellungnahme des Mitte-Links-Senators Luigi Spagnolli, der seinerseits auf eine Aussage von Senator Meinhard Durnwalder reagierte. Dabei geht es um die Interpretation des Südtiroler „Wolfsgesetzes“ Nr. 11/2018, wonach der Abschuss eines Wolfes nach Einholung eines Gutachtens des italienischen Umweltinstituts des Höheren Instituts für Umweltschutz und Forschung (ISPRA) verordnet werden kann. Nach Durnwalders Interpretation kann, nachdem das Gutachten der ISPRA nicht bindend ist, auch bei einer negativen Bewertung ein Abschuss genehmigt werden. In seiner Stellungnahme verwahrt sich der ehemalige Direktor des Amtes für Jagd und Fischerei gegen eine solche Aussage. Niemand würde ohne positives Gutachten eine Genehmigung ausstellen oder gar einen Abschuss tätigen, denn „alle Fachleute wissen, dass jeder Wolfsabschuss vor dem Strafgericht landen wird“, so Spagnolli.

 

 

„Ich bin entsetzt über diese Aussage“, erklärt der SVP-Landtagsabgeordnete Franz Locher, der diese Taktik als „auf-die-lange-Bank-schieben“ bezeichnet. Herdenschutzmaßnahmen wie auch Herdenschutzhunde hätten sich als nicht wirkungsvoll erwiesen bzw. „ist alles umsonst“. Dies sei sowohl anhand von Beispielen aus der Schweiz wie auch aus anderen EU-Ländern klar ersichtlich. Auf den Umstand angesprochen, dass die ISPRA bis dato noch überhaupt kein Gutachten ausstellen konnte, weil die Datenmenge viel zu gering ist bzw. nur auf 29 der rund 1.400 bestoßenem Almen – was in etwa zwei Prozent entspricht – Herdenschutzmaßnahmen durchgeführt wurden, erklärt Locher, dass es sich dabei nur um eine Verzögerungstaktik handle, es seien genügend Beweise vorhanden und „jeder mit einem Funken Hausverstand müsse die Problematik verstehen.“ 

 

Jeder mit einem Funken Hausverstand muss die Problematik verstehen.

 

Als Beispiel nannte der Landtagsabgeordnete seine Heimatgemeinde Sarntal, in der es rund 100 Almen mit einer Gesamtfläche von über 13.000 ha gebe. „Die Bauern sind nie und nimmer imstande die Tiere abends zusammenzutreiben, um sie in abgezäunten Koppeln vor dem Wolf zu schützen“, so Locher, der darauf verweist, dass man bereits seit einigen Jahren Versuche in diese Richtung unternommen habe, „nur hat es nicht funktioniert!“ Zum einen sei man nicht in der Lage, auf sämtlichen Almen Schutzzäune zu erreichten, zum anderen würden die Wölfe ohne Schwierigkeiten lernen, wie sie diese überwinden könnten. Die ISPRA weigere sich mit ihrer Haltung schlicht und ergreifend, das Problem anzuerkennen bzw. die Tatsache, dass dieses Problem nicht lösbar ist. Entsprechende Informationen könne sich die italienische Umweltbehörde problemlos von ihren Schwesterorganisationen aus den anderen Ländern besorgen und sich mit ihnen austauschen. Zudem müsse es möglich sein, der ISPRA nachvollziehbar zu vermitteln, dass es in einer gebirgigen Region wie Südtirol nicht möglich sei, über solche unzugänglichen und großen Flächen wirksame Zäune zu errichten, meint Locher.

 

 

Auch wenn auf sämtlichen Almen Herdenschutzmaßnahmen durchgeführt würden, so würde das immer noch nicht ausreichend, ist der Landtagsabgeordnete überzeugt. Aus diesem Grunde halte er diese Maßnahmen für nicht sinnvoll bzw. lehne sie ab. In Schweden, Norwegen, Estland, Litauen und einer weiteren Reihe anderer Länder sei es kein Problem, Wölfe zu entnehmen. Schweden habe sogar für sich selbst die Grenze von 300 Wölfen festgelegt. Weiter dürfte sich die Population nicht vermehren. Aus welchem Grunde dies in Italien, wo mittlerweile über 2.000 Wölfe gezählt werden, nicht möglich sein sollte, ist für Locher, der für eine einheitliche europäische Regelung eintritt, unverständlich. Mittlerweile sei der Wolf auch nicht mehr vom Aussterben bedroht, was inzwischen auch allseits anerkannt sei.

 

Deshalb verstehe ich nicht, wie man als ehemaliger Amtsdirektor für Jagd und Fischerei erklären kann, dass ein positives Gutachten notwendig ist, wenn man doch den Beweis vor Augen hat, dass es nichts nützt.

 

„Deshalb verstehe ich nicht, wie man als ehemaliger Amtsdirektor für Jagd und Fischerei erklären kann, dass ein positives Gutachten notwendig ist, wenn man doch den Beweis vor Augen hat, dass es nichts nützt“, so Locher. Die Argumentation, dass die Bauern quasi selbst Schuld an ihrer Situation seien, dürfe man deshalb so nicht stehen lassen. „Wir sollten uns an die Aussage des neuen Landwirtschaftsministers Francesco Lollobrigida halten, der von einer pragmatischen Lösung gesprochen hat“, so Locher. Auf Spagnollis Argument, dass eine Abschussgenehmigungen rechtlich nicht halten würde und jene Person, die eine ausstellt, vor Gericht landen würde, meint Locher, dass das wohl übertrieben sei und man kaum annehmen könnte, dass viel passieren wird. „Ich bin überzeugt, dass auf der Grundlage unseres Dekretes eine Genehmigung ausgestellt werden kann“, betont der Landtagsabgeordnete. Auch das fehlende Gutachten der ISPRA dürfte dabei keine Rolle spielen und es sei an der Zeit, „mit Schneid die Sache anzupacken“. Sollte sich niemand finden, der die Genehmigung ausstellt, sollte der Landtag darüber befinden. „Es ist höchst an der Zeit, auf eine Entscheidung hinzuarbeiten“, so Locher.