Economy | Alperia

“Ce l’abbiamo fatta”

Geburtsstunde für Südtirols Energieunternehmen Alperia. Doch die Unterschrift unter den Fusionsvertrag ist nur der erste Schritt zur Integration der beiden Platzhirsche.

„Es ist geschafft – ce l’abbiamo fatta“: In diesen wenigen Worten von Landeshauptmann Arno Kompatscher steckt der Geist der heutigen Vorstellung des neugegründeten Südtiroler Enegiekolosses Alperia. Noch vor nicht allzu langer Zeit schien die Fusion der kommunalen Etschwerke AG mit der Landesgesellschaft SEL AG noch ein Ding der Unmöglichkeit. Auch während der Verhandlungen in den vergangenen eineinhalb Jahren gab es immer wieder Momente, in denen das Unternehmen Schiffbruch zu erleiden drohte, die lange verfeindeten Platzhirsche zusammenzuführen. Doch am heutigen Montag Vormittag setzen die Eigentümer-Vertreter die Unterschrift unter den Fusionsvertrag. Am frühen Nachmittag folgte dann die Vorstellung der Alperia in der Alumix in Bozen-Süd.

Mit dabei nicht nur der fast komplette Aufsichts- und Verwaltungsrat des neuen Unternehmens, sondern auch die wichtigsten Wegbegleiter der größten Fusion in Südtirols Wirtschaftsgeschichte. In erster Reihe neben den Eigentümervertretern - Landeshauptmann Arno Kompatscher, Energielandesrat Richard Theiner, Merans Bürgermeister Paul Rösch, Bozens Vizekommissärin Francesca De Carlini und Selfin-Präsidentin Sebastian Helfer - die beiden ehemaligen Bozner und Meraner Bürgermeister Luigi Spagnolli und Günther Januth sowie dessen ehemaliger Stellvertreter Giorgio Balzarini. Im Hintergrund dagegen Heinz Peter Hager, der den Fusionsprozess als Berater begleitet.

 

„Ende Jänner wird jeder an seinem neuen Platz sitzen“

1000 Mitarbeiter, 1,5 Milliarden Euro Umsatz, 100 Mio. Euro Gewinn nach Steuern, 225.000 Kunden, 44 Tochtergesellschaften, ein Stromnetz, das 8587 Kilometer abdeckt. Das sind die wichtigsten Eckdaten zur neuen Stromgesellschaft,  die mit 1. Jänner des neuen Jahres offiziell ihre Tätigkeit aufnimmt.  „Ende Jänner wird jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter an seinem neuen Platz sitzen“, versprach der neue Generaldirektor Johann Wohlfarter. Dabei setze man auf einen bewussten Mix von MitarbeiterInnen und Kapazitäten aus beiden Unternehmen. Für die Kunden von Etschwerken und SEL ändert sich vorläufig nichts. Sie behalten ihre laufenden Verträge, können aber im Laufe des kommenden Jahres auch auf neue Angebote umsteigen, die von der neuen gemeinsamen Verkaufsgesellschaft erarbeitet werden, kündigte Wohlfarter an.

Seit Juni hat der gebürtige Brunecker mit langjähriger Erfahrung in der Automotive-Branche den Fusionsprozess begleitet. Wie im wirklichen Leben sieht der Alperia-Generaldirektor die Verschiedenheit der beiden Partner als großes Potential für die nun besiegelte Ehe: Der Stärke in der Produktion der SEL steht bei den Etschwerken die Stärke im Vertrieb gegenüber. Der langen Tradition und Erfahrung des Gemeindebetriebs steht die verhältnismäßige Frische und vielfach stärkere Innovationsfreude der Landesgesellschaft gegenüber, erklärte er.

Zehn Prozent im Angebot

Klar ist, dass der Fusionsprozess auch in den kommenden Monaten intensiv weitergeführt wird. Erklärtes Ziel ist es, die derzeit 44 Tochtergesellschaften in den vier Tätigkeitsfeldern Energieproduktion, Verteilung, Verkauf und Wärme durch die Nutzung von Synergien und Beseitigung von Doppelgleisigkeiten zu verringern. Die Sorge, dass es dabei zu einem Personalabbau kommen könnte, wurde am Montag erneut entkräftet. Bei Alperia sollen viele Dienstleistungen, die bislang ausgelagert waren, inhouse übernommen werden – ob im Bereich Energy Management, Informatik oder Finanzen, hieß es.

Innerhalb September muss der neue heimische Energieriese dann stufenweise die Auflagen der Wettbewerbsbehörde umsetzen – und in dem Zusammenhang die zuletzt aufgetauchten Probleme mit dem Tiroler Gas-Partner Tigas lösen.

Auch noch ausständig ist die versprochene Abtretung der Alperia-Mehrheit an Südtirols Gemeinden. Derzeit hält die Provinz bekanntlich 54,5 % am neu gegründeten Unternehmen. „Unser Ziel bleibt es aber, unter 50 % zu gehen“, erklärte Energielandesrat Richard Theiner. Noch muss der Rat der Gemeinden entscheiden, ob und wie die vom Land angebotenen zehn Prozent der Alperia-Anteile übernommen werden. Beim Preis gibt es in jedem Fall keinen Verhandlungsspielraum, erklärte Landeshauptmann Arno Kompatscher. Denn die Bedingungen könnten nur dieselben sein, zu denen die beiden Gemeinden Meran und Bozen an der  neue Gesellschaft beteiligt wurden.

Schlussstrich unter SEL-Skandal

Die heutige Unterschrift unter den Fusionsvertrag ist aber nicht nur der Auftakt für ein „tolles neues Kapitel in Südtirols Energiewirtschaft“, wie Landeshauptmann Kompatscher meinte. Sie scheint auch das schwierige Kapitel abzuschließen, das nicht nur die Branche, sondern das ganze Land rund um den SEL-Skandal erschüttert haben. „Wir waren in den vergangenen Jahren als Verwaltungsrat der SEL massiv mit außergerichtlichen Einigungen, Streitbeilegung und Stabilisierung beschäftigt“, erklärte der bisherige SEL-Präsident und nunmehrige Präsident des Alperia-Verwaltungsrates Wolfram Sparber, „und dieses Thema ist mit dem heutigen Tag vollständig vom Tisch.“ Statt dessen könne die neue Gesellschaft nun ihre ganze Kraft in die künftigen Herausforderungen stecken. An denen fehlt es angesichts zunehmender Trockenheit und sinkender Marktpreise ohnehin nicht, unterstrich Sparber

Investitionen von 400 Mio. Euro

Angekündigt wurde am Montag auch ein wahrer Investitionsschub der neuen Gesellschaft: Stolze 400 Millionen Euro sollen in den kommenden fünf Jahren von Alperia investiert werden. Wichtigste Ziele werden dabei die Nachhaltigkeit und die Sicherheit sein – sei es in Sachen Arbeitsbedingungen oder Versorgungssicherheit. Politisch gesehen soll die Alperia  den Landes- und die Gemeindehaushalte nicht nur mit Gewinnen auffetten. Das neue Unternehmen wird auch der größte Steuerzahler im Land sein und damit wichtige Dienste für die BürgerInnen mitfinanzieren, unterstrich Landeshauptmann Kompatscher. „Südtirols Energie ist jetzt in Südtiroler Hand“, wird er nicht müde zu unterstreichen. Zumindest sofern nach der Übernahme der Enel-Anteile auch die Verhandlungen mit der Edison in den kommenden Monaten positiv abgeschlossen werden.

Vorgestellt wurden in der Alumix auch die Mitglieder von Aufsichtsrat und Verwaltungsrat. Dem sechsköpfigen Aufsichtsrat steht Mauro Marchi vor, seine Stellvertreterin ist Luitgard Spögler. Weiters sind darin Maurizio Peluso, Helmuth Moroder und Manfred Mayr sowie Sabine Fischer vertreten, die den Platz von Carmen Avesani einnimmt. Der sechsköpfige Vorstand wird angeführt von Wolfram Sparber (Präsident) und Giuseppina Martelli (Vizepräsidentin), daneben sind darin Renate König und Walter Gostner sowie Generaldirektor Johann Wohlfarter und Stellvertreter Paolo Acuti vertreten.