Politics | SVP

Der gute Cop

SVP-Obmann Philipp Achammer profiliert sich auf Kosten von Arno Kompatscher als Lichtgestalt. Im aktuellen Streit mit Calderoli zeigt sich wie das Spiel funktioniert.
Achammer, Philipp
Foto: Oliver Oppitz
Jeder kennt diese Szene aus dem Film.
Der Angeklagte beim Verhör. Ihm gegenüber sitzen zwei Polizisten. Einer ist böse und der andere ist gut. Die Sympathien der Zuseher gelten natürlich dem guten Cop, der am Ende dann das Geständnis und den Durchbruch schafft.
Diese Rollenverteilung kann man jetzt genau so im Streit um Roberto Calderolis Vorstoß in Rom zur Änderung des Wahlsystems und des Autonomiestatutes nachverfolgen. Die Darstellungen in den Dolomiten und in der Tageszeitung zeichnen ein unüblich, monochromes Bild: Arno Kompatscher als „bad cop“, der aus einer Mücke einen Elefanten macht und aus einer Nichtigkeit gleich Österreich anruft. Der Aufschrei ausschließlich strategisch-politischer Natur. Weil der Landeshauptmann die Lega nicht will, nutze er den Angriff Calderolis um das Ruder in den Koalitionsverhandlungen in Richtung Grüne herumzureißen.
Ganz anders wird Philipp Achammer dargestellt. Er ist der „good cop“. Der SVP-Parteiobmann hat in mehreren Telefongesprächen mit Roberto Calderoli, die Krise gelöst, den Zwist beseitigt und damit das festgefahrene Koalitionsschiff wieder flott gemacht.
Auch im Film hat der gute Polizist zumeist einen uneigennützigen Helfer. So ist es auch diesem Fall: Meinhard Durnwalder, der im römischen Senat seine Beziehungen spielen lässt und als Diplomat die Einigung Achammer-Calderoli begleitet.
 
Dieses immer öfter verbreitete Bild der Lichtgestalt Philipp Achammers scheint auf den ersten Blick durchaus stimmig. Schaut man aber genauer hin, dann wird das Spiel schnell durchsichtig. Vor allem aber taucht dahinter eine ganz andere Geschichte auf, die deutlich machen, wie auch in diesem Land Medien bewusst die Wirklichkeit verdrehen können.
 

Verschlafen

 
Es beginnt dabei beim uneigennützigen Helfer.
Meinhard Durnwalder gehört innerhalb der SVP zu jener Gruppierung, die immer wenn es geht gegen Arno Kompatscher auftritt. Im Unterschied zu den meisten seiner Mistreiter tut der Pfalzner Senator das aber offen. „Der Meini ist politisch völlig anders gewickelt“, beschreibt ein Mitglied der SVP-Parteileitung das Verhältnis Kompatscher-Durnwalder, „er ist aber einer, der seine Gegenmeinung wenigstens heraussagt“.
Es verwundert deshalb nicht, dass Durnwalder jetzt in Rom als Ausbügler und Helfer in Sachen Calderoli auftritt. Nach Informationen von salto.bz hat der Landeshauptmann selbst, Durnwalder ersucht mit seinem Banknachbarn im Senat direkt zu sprechen. Auch weil der Lega-Senator am Donnerstag mehrere direkte Anrufe Kompatschers auf seinem Handy bewusst unbeantwortet ließ.
Was medial aber verschwiegen wird, ist die Tatsache, dass Meinhard Durnwalder auch vom eigenen Versagen ablenken muss.
 
Der umstrittene Gesetzesvorschlag liegt seit Wochen vor. Er wurde im Verfassungsausschuss des Senates behandelt. Dort vertritt der SVP-PD-Senator Gianclaudio Bressa die Autonomiegruppe. Bressa hat auch aus politischen Gründen nachdem Calderolis-Vorschlag durchgegangen ist, öffentlich Alarm geschlagen. Der alte PD-Fuchs wusste genau, dass das Bekanntwerden dieses Vorgehens, die Wirkung einer Streubombe auf die Koalitionsverhandlungen in Bozen haben dürfte. Bressa nutzte das geschickt.
Innerhalb der SVP ist aber ausgemacht, dass Meinhard Durnwalder in Rom Bressa über die Schulter schauen und alle Initiativen, die Südtirol betreffen, mitverfolgen soll. Demnach hätte der Pusterer Senator schon vorab die Partei über die Calderoli-Initiative informieren müssen. Doch Meinhard Durnwalder dürfte die Tragweite des Gesetzesentwurfes unterschätzt haben.
Dass der SVP-Senator den römischen Anschlag verschlafen hat, passt aber nicht in das jetzt gezeichnete Bild. Deshalb unterschlägt man diese Tatsache kurzerhand.
 

Buchvorstellung statt Verhandlungen

 
Philipp Achammer hat am Donnerstag mehrmals mit Roberto Calderoli gesprochen. Dabei hat der Lega-Senator klare Zugeständnisse gemacht. Calderoli hat bewusst diesen Kanal genutzt, um Landeshauptmann Arno Kompatscher abzustrafen.
Medial wird Philipp Achammer deshalb jetzt als Retter der Regierungsbildung in Südtirol dargestellt. Aber auch hier sieht die Realität etwas anders aus.
Am vergangenen Freitag trafen sich die Verhandlungsdelegationen von SVP und Lega zu den Schlussverhandlungen. Schon bald verließ Philipp Achammer den Sitzungssaal aber wieder. Der SVP-Obmann hatte wichtigeres zu tun. Er musste bei der Athesia-Buchvorstellung von Rolf Steiningers Buch über Toni Ebner in der ersten Reihe sitzen. Südtirols Vergangenheit schient demnach wichtiger, als die Zukunft des Landes. Dass es der Kulturlandesrat dabei vorgezogen hat zu schweigen, als Steininger in Stasi-Manier über das Südtiroler Landesarchiv herzog, passt dazu ins Bild.
 
Vor allem aber passierte danach etwas, was man bisher verschwiegen hat.
Arno Kompatscher verhandelte am Freitag weiter und der Landeshauptmann und seine Mitstreiter schafften es an diesem Vormittag der Lega einige wichtige Punkte abzuringen. Als Philipp Achammer nach Stunden wieder an den Verhandlungstisch zurückkehrte, informierte er sich nicht über den Stand der Dinge, sondern machte der Lega kurzerhand ein paar Zugeständnisse. „Wir waren dabei schon längst viel weiter“, schüttelt einer der Mitverhandler nur mehr den Kopf.
Obwohl der SVP-Obmann die meiste Zeit bei den Verhandlungen abwesend war, lässt er es sich nicht nehmen, wenig später in den Parteigremien als Berichterstatter aufzutreten. So als hätte er den ganzen Freitag lang die Verhandlungen geführt.
Dass es sich auszahlt mit der Familie Ebner in der ersten Reihe zu sitzen, weiß
Philipp Achammer seit langem. In dieser Geschichte wird aber wieder einmal exemplarisch deutlich, wie sich diese Nähe in diesem Land auswirkt.
Und wie manche Kreise Politik machen.