Chronicle | Drogendelikte

"Die Gefängnisse leeren?"

Mit einem Richterspruch des Verfassungsgerichtshofs wurden alle Urteile zu Drogendelikten nach dem Fini-Giovanardi-Gesetz für ungültig erklärt.

"Vielleicht wollte man einfach wieder mal die Gefängnisse leeren", vermutet Peter Koler, Direktor von Forum Prävention mit einem Augenzwinkern. "Was jedoch die Drogenpolitik der italienischen Regierung insgesamt angeht, wurde nichts verändert mit der Reform des Fini-Giovanardi-Gesetzes." Koler meint die Unterscheidung zwischen weichen und harten Drogen, also etwa Cannabis und Kokain, die faktisch mit dem Gesetz aus dem Jahr 2005 aufgehoben wurde und in einer Überarbeitung 2014 den Richtern dann doch wieder mehr Ermessensspielraum einräumte. "Doch das hat auch nicht viel bewirkt, geringere Strafen gab es nur für jene, die man mit wenigen Gramm Cannabis erwischt hatte, ansonsten wurde hart geurteilt, auch wenn man beispielsweise als Konsument mit einer geringen Menge Kokain zum Eigengebrauch angetroffen wurde."

Jetzt hingegen werden alle der unter dem umstrittenen Drogen-Gesetz beschlossenen Urteile juridisch wieder aufgerollt. Das römische Verfassungsgericht hat beschlossen, dass das Fini-Giovanardi-Gesetz in wesentlichen Teilen rechtswidrig ist. "Das war zu erwarten," sagt Koler, "denn natürlich haben Konsumenten, die gleich schwer verurteilt wurden wie die Händler, Rekurse gegen das Gesetz angestrengt." 

So müssen jetzt alle Urteile neu definiert werden. Die Gerichte stöhnen, denn sie müssen jeden einzelnen Fall heraussuchen und beim Untersuchungsrichter neu bewerten lassen. Es muss jedes Mal ein neues Verfahren stattfinden, mit Staatsanwalt und Verteidigung und auch das Urteil muss durch den Richter neu gefällt werden. Man kann sich ausrechnen, welche Kosten und Mehrarbeit auf die Gerichte zukommen. Allein in Bozen waren es bisher 20 Fälle, die neu verhandelt werden mussten.