Economy | Hobag

„Damit kann ich leben“

Dank einer Millionen-Überweisung ehemaliger Verwaltungs- und Aufsichtsräte ist der Weg zum Hobag-Ausgleich freigegeben. Ist das nicht schlecht fürs Image, Herr Hager?

Herr Hager, um wie viel ärmer hat Sie Ihre Unterschrift unter das Vergleichsabkommen in der Causa Hobag-ZH am Montag gemacht?
Dazu kann ich leider keine Auskunft geben. Wir haben ein Stillschweige-Abkommen vereinbart.

Doch es geht um Millionen?
Sagen wir, um einen niederen einstelligen Millionenbetrag – für alle zusammen.

Das heißt, mehr als ein Dutzend Entscheidungsträger aus den Verwaltungs- bzw. Aufsichtsräten von Hobag und ZH haben einen einstelligen Millionenbetrag bezahlt. Wie kann diese Zahlung verstanden werden – als kollektives Schuldeingeständnis, als Rettungsaktion für die Hobag?
Ein Schuldeingeständnis ist es auf keinen Fall. Vielmehr geht es um ein Vergleichsabkommen zwischen den Organen der ZH bzw. der Hobag und der Konkurs- und Vergleichsverwaltung. Damit soll eventuellen Haftungsklagen und den damit verbundenen Unkosten bzw. Stress vorgebeugt werden. Und wenn Sie so wollen, kann es auch als eine Aktion gesehen werden, damit das Ausgleichsverfahren von Hobag erleichtert wird.

Sowohl die Masseverwalter als auch die Konkursrichterin der ZH haben dem Aufsichtsrat und somit auch Ihnen schwerwiegende Mängel bei seiner Arbeit vorgeworfen. Die Aufsichtsrats-Tätigkeit sei in schwerer Verletzung der Bestimmungen und technischen Regeln des Arbeitsgebiets verrichtet worden, hieß es dort unter anderem. Auch wurde Ihnen darin vorgeworfen, dass man bereits lange vor dem Konkursantrag 2013 hätte eingreifen müssen.
Wenn dem tatsächlich so wäre, hätten sie uns geklagt und kein Interesse an einem Vergleich gehabt. Das Urteil, das Sie zitieren, ist sehr generisch und oberflächlich: Die ZH ist 2010 von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft genauestens analysiert und einer Fortführungsüberprüfung unterzogen worden; auch 2011 und 2012 wurde das Unternehmen – in dem Fall von einer Investmentbank und einer anderen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft – ebenfalls geprüft und analysiert, um festzustellen, ob die Tätigkeit gewinnbringend fortgeführt werden kann. Was mich persönlich betrifft, kann ich nur unterstreichen, dass im Fall Hobag, wo ich bis 2010 im Aufsichtsrat saß, selbst die Kommissare festgestellt haben, dass mir persönlich kein Schaden angelastet werden kann. Und was die ZH angeht, haben wir unseren Job immer ordnungsgemäß erledigt. Das einzige, das wir nicht gemacht haben, war die Geschäftsführung gemäß Artikel 2409 des Bürgerlichen Gesetzbuches anzuzeigen.

Und das wäre...?
...eine Anzeige der Verwaltungsorgane wegen Unterlassung, Nachlässigkeit oder nicht rechtmäßiger Geschäftsführung. Dafür bestanden unserer Einschätzung nach auch nicht die Voraussetzungen. Doch mit einer solchen Anzeige wären wir aus der Mithaftung entlassen gewesen.

Das heißt, der erfahrene Wirtschaftsprüfer Heinz Peter Hager hätte nicht bereits 2011 erkennen müssen, dass beispielsweise angesichts des misslungenen Bukarester Abenteuers der Hobag die Außenstände gegenüber der rumänischen Tochter abgewertet hätten werden müssen?
Also erstens macht in einem Unternehmen nicht der Aufsichtsrat die Geschäfte. Zweitens: Wenn wir Businesspläne erhalten, die plausibel erscheinen, wird der Aufsichtsrat keine Rückstellungen verlangen können. Dritten hat dafür ohnehin allein der Verwaltungsrat die Befugnis. Und nachdem für die Bilanzprüfung eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zuständig war, hätte gegebenenfalls sie die Rückstellung verlangen müssen.

Dann trifft also vor allem den Verwaltungsrat bzw. die Eigentümer die Schuld am Niedergang des Bauriesen ZH?
Wie immer ist ein Konkurs auch hier als Summe verschiedener Ursachen zu sehen. Sicherlich hat das Unternehmen sehr expansiv agiert ohne die ausreichende Eigenkapitalausstattung zu gewährleisten. Dazu ist aber auch die größte Wirtschaftskrise seit den Dreißigern gekommen, die sowohl die Immobilien- und Baubranche als auch den Finanzsektor betroffen hat.

Doch Sie selbst haben sich trotz ihres Aufsichtsrats-Mandats, dass im Fall ZH von 2007 bis 2013 und bei der Hobag bis 2010 währte, in keiner Weise etwas vorzuwerfen?
Nein, absolut nicht.

Und Sie würden aus heutiger Sicht auch nichts anders machen?
Im Nachhinein ist das natürlich immer eine komplexe Frage. Außerdem ist man dann sowieso immer gescheiter. Wenn ich heute sehe, wie einfach in den Busch geschossen wird, um zu schauen, was passiert, würde man sich vielleicht anders verhalten. Aber grundsätzlich kann sicher gesagt werden: Meine Kollegen und ich haben unseren Job ordentlich gemacht.

Aber müssen dafür nun dennoch zahlen. Abgesehen davon, dass auch Ihre ausständigen ZH-Aufsichtsrat-Honorare in Höhe von fast 50.000 Euro nicht als Forderung zugelassen wurden.
Das ist in so einem Fall normal. Man muss auch sagen, dass die Realisierungsaussichten im konkreten Fall nicht sehr hoch gewesen wären.

Herr Hager, Sie werden auch gerne als Multi-Verwaltungs- und Aufsichtsrat bezeichnet. Haben Sie im Kopf, in wie vielen Aufsichts- und Verwaltungsräten Sie derzeit sitzen?
Derzeit sind es rund 20.

Dazu gehören klingende Namen großer Südtiroler Unternehmen wie GKN, Fri-El, Röchling oder Technoalpin, die Volksbank, die Autobahngesellschaft Brescia-Padua, eine öffentliche Struktur wie die Südtirol Finance und seit einiger Zeit gar der Aufsichtsrat von Karstadt. Verliert man da nicht irgendwann den Überblick? Vor allem, wenn man nebenbei die größte Fusion in Südtirols Wirtschaftsgeschichte begleitet oder den Boden für das Benko-Projekt bereitet.
Ich bin sehr fleißig, arbeite viel, habe viel Erfahrung und eine sehr gute Mannschaft. Deshalb glaube ich, Probleme ausreichend schnell zu erkennen und ein gutes Gefühl dafür zu haben, wo man aufpassen und wo genauer hinschauen muss.

Und wie genau schaut ein Aufsichtsrat hin? Wie zeitintensiv ist ein solches Mandat?
Das ist sehr unterschiedlich. Bei Karstadt haben wir zwischen vier und sechs Sitzungen im Jahr. Bei der Südtiroler Volksbank sind es mehr als 20 plus noch einmal über 20 Verwaltungsratssitzungen. Bei anderen Unternehmen bewegt sich die Größenordnung zwischen sechs und zehn Sitzungen jährlich. Es hängt immer von der Komplexität des Unternehmens ab. In den meisten Firmen, in denen ich Aufsichtsrat bin, gibt es aber auch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.  Das heißt die Bilanzprüfung geht nicht mehr zu Lasten von uns Aufsichtsräten. Wir beschränken uns dann wirklich auf die Überprüfung der Geschäftstätigkeit.

Die dann aber wie im Fall ZH dennoch in den Konkurs führt. Fügt so ein Fall einem  Multi-Aufsichtsrat wie Ihnen keinen Imageschaden zu? 
Wie gesagt: Ich bin überzeugt, dass meine Kollegen und ich unseren Job professionell gemacht haben. Doch oftmals kann es einem als Aufsichtsrat wie beim Autofahren ergehen:  Man wird in einen Unfall verwickelt, obwohl man nicht zu schnell gefahren ist, auf seiner Spur war – und trotzdem mitten drin landet. Deshalb bin ich in der Zwischenzeit auch sehr selektiv geworden mit meinen Mandaten.

Zumindest die Häme ist Ihnen trotzdem gewiss – nicht zuletzt von Kollegen, die nicht so viele Mandate wie Sie innehaben ...
Schon der Umstand, dass die Medien mit jedem Detail über Hobag und ZH gefüttert werden, ist der Beweis, dass mein Erfolg nicht allen passt. Aber damit kann ich leben.