Chronicle | Unsere Nachbarn

Venetiens schräge Unabhängigkeit

89 Prozent der Bewohner stimmten für die Unabhängigkeit Venetiens - in einem "Referendum", das bestenfalls als online-Befragung bezeichnet werden kann.

Die Töne der Veranstalter sind triumphal: "Una valanga di voti per l'indipendenza veneta travolge la partitocrazia italiana."  2.360.000 Bewohner haben sich am fünftägigen Referendum für die Unabhängigkeit Venetiens beteiligt. 89 Prozent haben sich dafür ausgesprochen, nur 11 Prozent dagegen. Eine zweifellos hohe Zahl, die freilich nicht ohne Schönheitsfehler zustandegekommen ist.

Obwohl nicht in Venetien wohnhaft, habe auch ich meine Stimme abgegeben. Knapp zwei Minuten genügten mir am Freitag, um mit einer erfundenen Veroneser Adresse und einer ebenso inexistenten Ausweisnummer den Code 880464529282 zu erhalten, der mich  zur Stimmabgabe im Internet berechtigte. Das sagt einiges aus über die Zuverlässigkeit dieser online-Befragung, die vom privaten Veranstalterkomitee zum Referendum hochstilisiert wurde, obwohl dafür jede rechtliche Grundlage fehlte  und die Ergebnisse in keiner Weise überprüfbar sind.

Kurios an dieser Wahl war vor allem der Umstand, dass sie von den italienischen Medien ignoriert wurde, aber bei einem Teil der Auslandspresse auf Interesse stieß. Vor allem bei den russischen Staatsmedien. Russia today und der Sender Stimme Russlands  etwa berichteten ausgiebig über die Volksabstimmung und rückten sie in die Nähe des Referendums auf der Krim: "Norditalien sucht Unabhängigkeit". Auf dem Potsdamer Platz in Berlin fragten russische Journalisten ahnungslose Passanten: "Haben Sie schon von dem Unabhängigkeitsreferendum in Italien gehört?" Im Bericht war von einer "historischen Entwicklung im Herzen Europas" die Rede, da sich die Bürger "auch von EU und Nato trennen" wollten. Auch die britischen Medien verfolgten das Referendum aufmerksam - mit Blick auf die bevorstehende Volksabstimmung in Schottland.

Die Siegesfeier ging am Abend in Treviso über die Bühne - in  jener Stadt, in der die Lega im Vorjahr  ihre schwerste Niederlage erlitten hat. Knapp 500 Anhänger jubelten dem Initiator Gianluca Busato zu, der Venetien zur unabhängigen und souveränen Republik erklärte: "Anche dalle altre regioni sta emergendo la consapevolezza che la strada del diritto di autodeterminazione che in Veneto sta trionfando è l'unica soluzione per liberarsi dal peggiore mostro burocratico del mondo occidentale. La bestia sanguinolenta dello Stato italiano è odiata da tutti i suoi sudditi in ogni dove. Semo un cuor solo, semo un solo popolo. Semo gli eredi della Serenissima."  

Doch das Spiel ist noch lange nicht beendet. Nun will die Lega ihr eigenes Referendum und drängt darauf, im Regionalrat den entsprechenden Gesetzentwurf zu genehmigen, der eine regionale Volksabstimmung vorsieht. Forza Italia jedoch
sieht keinen Anlass zur Eile. Und sollte der Gesetzentwurf endlich genehmigt werden, wird er sicher vom Staat angefochten,
da ein solches Referedum von der Verfassung nicht vorgesehen ist. Bis dahin sind im Veneto Neuwahlen fällig, die der Lega-Präsident Luca Zaia wohl kaum überleben dürfte.

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Christoph Moar Sat, 03/22/2014 - 08:37

Dieses ganze möchtegern-Online-Gewähle beobachte ich in der Tat mit Sorge. Sie diskreditieren nämlich die Grundlage für eine tatsächliche Einführung von Online Wahlmechanismen. Wie immer ist es Schlampigkeit, Kostendruck oder Kalkül die dazu führen dass technische Systeme schlechter gebaut werden als sie möglich wären. Kaum zu verwundern die Tatsache, dass die Betreiber der Wahlplattform im Veneto beruhigend sagen, die Falschstimmen würden nachts mit den WählerInnen-Verzeichnissen abgeglichen und vom System entfernt.

WählerInnen-Verzeichnisse sind bekanntlich öffentlich, und damit ist die unlautere Stimmabgabe für jede einzelne Person des Veneto möglich. Solche gefälschten Stimmen können auch nicht mehr "erkannt" und "entfernt" werden.

Es ist immer die gleiche Leier. Auch hier in Südtirol lese ich nun von begeisterten Online-Referendum-Befürworter, warum die Leute "im Veneto" das hingekriegt haben und nur hier bei uns die Technik kritisiert wurde ("zu Unrecht", muss ich dann kopfschüttelnd meistens lesen).

Nein, liebe alle. Die Organisatoren im Veneto haben es technisch auch nicht besser hingekriegt. Leider, muss ich sagen. Das Vertrauen in seriöse Online Abstimmungen geht mit jedem weiteren Fehlversuch verloren. Es wäre dringend an der Zeit, dass von institutioneller Seite ein System aufgebaut würde, das es (zumindest annäherungsweise) "richtig macht". Und dann für solche Aktionen verwendet werden kann.

Sat, 03/22/2014 - 08:37 Permalink
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Benno Kusstatscher Sat, 03/22/2014 - 18:00

Die Kritik ist natürlich gerechtfertigt, aber damit ist das Thema nicht aus der Welt. Es schaut so aus, als hätten über 2 Millionen Venetianer sich für die Unabhängigkeit von Italien in diesem "Sondaggio" ausgesprochen. Lassen wir die Kirche ruhig im Dorf, wie der Bürgermeister von Verona: "niente independenza, ma un messaggio forte". Kann Renzi das ignorieren? Artikel V wie gehabt? Wie töricht müsste er sein! Und wir? Warum sollten wir 2 Millionen Venetianer arrogant belächeln?

Sat, 03/22/2014 - 18:00 Permalink
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Christoph Moar Sat, 03/22/2014 - 18:25

In reply to by Benno Kusstatscher

Absolut meine Meinung. Wähler sind nie zu belächeln, arrogant schon gar nicht, und das Thema ist nicht aus der Welt. Mein Beitrag, falls es nicht klar war, will sich nur auf die Technik beziehen. Also die Syntax einer solchen Aktion, nicht auf die Semantik. ;) Aber ich denke auch, du sprichst mehr den Hauptartikel an.
--
Es erschreckt mich nur, dass das Ziel stets die Mittel zu heiligen scheint - dabei aber vermutlich kontraproduktiv ist. Wer solche Lücken im System akzeptiert, tut es nicht aus Schlampigkeit, soviel Dummheit das zu Übersehen würde ich niemandem unterstellen. Darum, im Umkehrschluss, steht vermutlich Kalkül (oder, profaner, Kostendruck) dahinter. Wenn man aber das im Kauf nimmt, wird man von Kritikern der Sache stets die Ungültigkeit der Abstimmung vorwerfen lassen müssen. Damit macht man der Sache doch keinen Gefallen, würde ich meinen? Cui bono, also, diese Schlampigkeit?

Sat, 03/22/2014 - 18:25 Permalink
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Martin Daniel Sun, 03/23/2014 - 13:57

Es scheint, immer mehr Menschen wollen zurück in ein Europa des Mittelalters, mit Grenzen und Zöllen alle 100 km, jeder Stadtstaat mit eigener Währung und Misstrauem allen Nachbarn gegenüber. Das hat sicherlich mit dem Versagen der politischen Kaste zu tun [in Italien wie in Brüssel], mit der Angst vor der eigenen Rolle in einem globalen Spielfeld, aber auch damit, dass alle Vorzüge der EU als selbstverständlich hingenommen werden und die Anti-Euro(pa)-Populisten tunlichst den Preis für eine Rückkehr zu den National- (z.B. Großbritannien) oder gar Regionalstaaten (Venetien, Katalonien, etc.) verschweigen: die politische und wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit in einer globalisierten Welt. Die Kleinstaaten würden sich gegeneinander ausspielen lassen von Konzernen und Großmächten wie den USA und China, was Standortbedingungen, Allianzen, Handelspartnerschaften betrifft. Ich sehe schon wie das Baskenland und Venetien mit Niedriglöhnen um chinesische Investoren buhlen und Coca Cola und Google mit immer niedrigeren Unternehmenssteuern locken, die die Arbeiter über höhere Einkommenssteuern kompensieren müssen. Die Regionalwährungen werden um die Wette abgewertet, um trotz niedriger Löhne etwas attraktiver als das Nachbardorf zu sein. Die Haushalte der Kleinstaaten, deren Schulden bald wieder erblüht sein werden, werden so gering dimensioniert sein, dass es keinen Soros braucht, um ein Land in die Knie zu zwingen.
Vielleicht wünscht sich das der eine oder andere Globalisierungsgegner ja, sozusagen als Revanche für die Sünden der Kolonialzeit. Absicht der diversen Unabhängigkeitsbestrebungen dürfte jedoch genau das Gegenteil sein, nämlich die Entsolidarisierung mit ärmeren Regionen aus purem wirtschaftlichen Egoismus. Den Anteil an den Staatsschulden will man natürlich nicht übernehmen, die Schotten dafür sogar Pfund und Queen behalten! Auch die Krimrussen spitzen auf höhere Gehälter und bessere Renten. Wenn sie sich da langfristig nur nicht in die Finger schneiden...

Sun, 03/23/2014 - 13:57 Permalink
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Harald Knoflach Mon, 03/24/2014 - 09:16

In reply to by Martin Daniel

Ich sehe, du warst Kandidat der Grünen. Hast du eine Erklärung dafür, warum die Grünen in Schottland und Katalonien den Selbstbestimmungsprozess maßgeblich mittragen und - vor allem im Falle Schottlands - für die Unabhängigkeit ihrer Regionen sind? Wollen die Grünen dort etwa "zurück ins Mittelalter". Oder könnte es doch sein, dass es ein anderes Erklärungsmuster als das deine gibt, was die Sezessionsbewegungen in Katalonien und Schottland ausmacht. Auch die grüne Spitzenkandidatin zur Europawahl, Ska Keller, unterstützt die Selbstbestimmungsbestrebungen: "If I am elected Commission President, I will support Catalonia in allowing a consultation vote on its political future and its relationship with Spain." - http://www.vilaweb.cat/noticia/4178445/20140311/european-greens-leader-…
Ich wünschte, die hiesigen Grünen würden weniger autoreferentiell argumentieren und einmal über den Südtiroler Tellerrand hinausblicken.
http://www.salto.bz/de/article/15042013/argumente-des-freistaatlers

Mon, 03/24/2014 - 09:16 Permalink
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Martin Daniel Mon, 03/24/2014 - 10:14

In reply to by Martin Daniel

ich habe für die grünen kandidiert, deswegen aber nicht aufgehört eigenständig zu denken. ich schreibe als bürger meine meinung zu themen, die mich interessieren, und habe nicht die geringste ahnung, welche beweggründe ska keller für bestimmte positionen hat. auch sigmund kripp ist ein grüner selbstbestimmungsbefürworter, mit dem ich regelmäßig reiben darf. ich beobachte das gesamtbild und versuche diese instanzen im wirtschaftlichen und globalen kontext zu sehen.
wo du recht hast ist, dass ich, ausgehend von venetien - dessen forderungen ich für lächerlich halte (denn sie sind kein volk, sie wollen aus EU, NATO, euro raus, kommen mit hymnen, folklore und kostümen daher, um einen gründungsmythos wiederzubeleben für eine auf dem territorium ansässige bevölkerung, die ethnisch wohl nie ein volk war, sondern halt bewohner eines damals sehr erfolgreichen stadtstaates, der deswegen unterging, weil ein nationalstaat weit größerer dimensionen ihn in die knie zwang) - alle unabhängigkeitsbestrebungen in den diskurs eingebunden habe.
die schotten sind aufgrund ihrer geschichte m.e. als einzige in der position, eine völkerrechtliche eigenständigkeit zu reklamieren, schätze aber, dass sie im september letzlich doch für das vereingte königreich optieren werden.
die katalanen kann ich ob der franchistischen unterjochung verstehen und die rivalität zwischen barca und real madrid ist keine rein sportliche. "puta madrid" war die mannschaft francos und steht heute noch für zentralismus und nationalistischer arroganz gegenüber den autonomien. aber wenn wir die katalanen als eigenes volk mit recht auf selbstbestimmung erachten, was ist dann mit den valencianern, die ihnen weit verwandter sind als den kastilianern? wo wollen wir die grenzen ziehen? der dominoeffekt wäre programmiert. im übrigen bin ich bei den katalanen überzeugt, dass sie v.a. von wirtschaftlichen gründen bewegt werden, da geht es um ähnliches wie norditalien vs. süden. überhaupt: es geht fast immer ums geld!
diese selbstbestimmungsaktionen reißen wunden auf und bringen die diverse auf dem gebiet ansässige gruppen gegeneinander auf. warum nicht darauf hinarbeiten (wie in südtirol), die nationalstaaten langsam kompetenzmäßig auszuhöhlen, den föderalismus voranzutreiben um in 20 jahren zwischen einer endlich demokratisierten und nicht nur den konzernen verpflichteten eu und den regionalen gebilden nur mehr eine sehr dünne zwischenschicht nationalen typs zu haben.

Mon, 03/24/2014 - 10:14 Permalink
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Harald Knoflach Mon, 03/24/2014 - 10:30

In reply to by Martin Daniel

auch ich halte die aktion in venezien für eine, die auf den falschen argumenten fusst. die lega ist eine rückwärtsgewandte xenophobe partei, die antieuropäisch agiert. der inklusive charakter der bewegungen in schottland und katalonien ist hingegen der grund, warum die selbstbestimmung dort von den grünen getragen und propagiert wird. deine argumentation ist mir viel zu völkisch bzw. ethnisch. sowohl in schottland als auch in katalonien lautet die devise: "schotte ist, wer in schottland lebt" bzw. "katalane ist, wer in katalonien lebt". es geht in einem vereinten europa doch nicht darum, volksgrenzen zu suchen. das wäre schwachsinn und nationalismus pur. wir wollen doch genau das gegenteil. und wenn sich die bewohner eines territoriums demokratisch dafür aussprechen, dass sie über ihre angelegenheiten befinden möchten, dann sollten sie das tun dürfen. egal ob sie ein "volk" sind oder nicht. wir brauchen willensgemeinschaften. ich sehe nicht ein, warum die völkerrechtlich und verfassungsrechtlich meist zitierte integrität der staaten über der demokratischen willensbekundung der bewohner zu stellen ist. wenn wir konsequent demokratisch ist, muss es umgekehrt sein.
lies dir mal diesen gastbeitrag für den skolast (südtiroler hochschülerschaft) durch, der dieses "bürgerrecht" im sinne der grünen idee hervorragend beschreibt: http://www.brennerbasisdemokratie.eu/?p=16850

Mon, 03/24/2014 - 10:30 Permalink
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Martin Daniel Mon, 03/24/2014 - 11:53

In reply to by Martin Daniel

ich argumentiere völkerrechtlich und die UNO-charta gesteht das selbstbestimmungsrecht nun mal den völkern (und nicht einzelnen bevölkerungsgruppen oder territorien) zu. tutto qui. ansonsten kann ich auch die unabhängigkeit des vinschgau fordern - die grieser freiheit gibt's ja schon. eure denkweise öffnet sich beliebigen entscheidungen, wenn sie denn demokratisch legitimiert sind.
@pervasion: wer sich hinter pseudonymen versteckt kann alles behaupten!

Mon, 03/24/2014 - 11:53 Permalink
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pérvasion Mon, 03/24/2014 - 12:21

In reply to by Martin Daniel

Völkerrecht? Wenn du den von Harald verlinkten Skolast-Beitrag gelesen hast, weißt du, dass wir nicht gerne mit dem Völkerrecht argumentieren (und auch warum). Unabhängigkeit des Vinschgaus? Wäre durchaus möglich und denkbar, wenn es die dortige Bevölkerung möchte. Das wäre nicht beliebiger, als jede andere demokratische Entscheidung. Ist Demokratie beliebig?
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Warum kann man mit einem Pseudonym alles behaupten? Verstehe ich nicht, es geht doch um den Inhalt. Andererseits kann ich mich gerne offenbaren: Ich bin der namentlich genannte Verfasser des Skolast-Beitrags.

Mon, 03/24/2014 - 12:21 Permalink
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Christoph Moar Mon, 03/24/2014 - 12:28

In reply to by Martin Daniel

@pervasion
"Ein eigenständig denkender Grüner, der Regionen nur dann eine basisdemokratische Entscheidung über ihre Zukunft zugestehen würde, wenn sie »ein Volk« sind? Das ist pikant..."
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Der Charme dieses Vorwurfs ist nicht von der Hand zu weisen, ich habe bei der Lektüre fröhlich gelacht. 1:0 für Pervasion ersteinmal. Nun aber zum Ernst der Sache und zur Relativierung: alle hier an der Diskussion beteiligten, Dich eingeschlossen Pervasion, wissen dass die Angelegenheit vielschichtiger als ein einzelner aus dem Kontext gerissener Satz ist. Es ist eine Eigenschaft vieler Diskussionen, dass genau die Sätze aus dem Kontext gerissen werden, die der eigenen Argumentation dienen. Dabei wird aber das große Ganze, das der Vorredner formulierte, bewusst unter den Tisch gekehrt. Mir scheint, Pervasion, genau das wird bei diesem einen Zitat von dir provoziert :), Martin hat einige interessantere Aspekte aufgeworfen als das "Volk" aus dem "Völkerrecht". (Wobei, ich zwar kein Jurist aber doch recht häufig in juristischen Fängen und Gedankengängen, einfach wegwerfen können wir das Völkerrecht ja nicht, schließlich basiert unsere internationale Gemeinschaft darauf; aber den Skolast Artikel muss ich noch lesen, also Asche über mein Haupt).
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Fröhliches Debattieren.

Mon, 03/24/2014 - 12:28 Permalink
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pérvasion Mon, 03/24/2014 - 14:10

In reply to by Martin Daniel

Dass unsere internationale Gemeinschaft auf dem Völkerrecht basiert, wage ich zu bezweifeln. Doch selbst wenn dem so wäre, verbietet das Völkerrecht demokratische Loslösungsprozesse nicht. Hierzu aber solltest du besser den Skolast-Beitrag lesen, bevor wir weiterdiskutieren :)

Mon, 03/24/2014 - 14:10 Permalink
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Christoph Moar Mon, 03/24/2014 - 15:14

In reply to by Martin Daniel

...mit Völkerrechten argumentieren, ich hoffe dass das oben nicht falsch rüberkommt. Mein Beitrag war diesbezüglich humoristischer Natur und wollte aufzeigen, dass es interessanteres an Martins Beitrag als das "Volk" gab. Und, wie du bemerkt hast, halte ich mich von der semantischen Diskussion sowieso heraus. Sprich, ich diskutiere gar nicht mit ;). Nicht nur solange ich den Skolast Artikel noch nicht gelesen habe (zwar passiert, aber da muss ich ein paarmal drüber), aber nochvielmehr solange ich keine eigene dedizierte Meinung habe.
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@Manuel: ich denke tatsächlich, dass es viele Interessen gab, die der Pariser Vertrag bedienen mussten, und für mich steht auch außer Frage, dass der Wunsch der Bevölkerung hierzu hätte befragt werden müssen. Krieg, und sämtliche Folgeerscheinungen, sind nachweislich ein ziemlicher Mist bei dem selten allen Seiten Recht getan wird. Hilft jetzt aber auch nicht weiter. :)

Mon, 03/24/2014 - 15:14 Permalink
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pérvasion Sun, 03/23/2014 - 17:16

Wenn zutrifft, was die Veranstalter mitgeteilt haben, nämlich dass das System Phantasie- und Falschnamen über Nacht herausgefiltert hat, dürfte Herrn Mumelters Stimme auch das Zeitliche gesegnet haben. Darauf, dass man aber gar keine Phantasienamen braucht, wenn man sich die Wahlverzeichnisse besorgt, hat hingegen Christoph Moar schon hingewiesen.

Trotzdem: Wie erklären wir uns, dass im Falle des Politrentenskandals das Bürgerengagement einschließlich Avaaz-Petitionen (mit null! Sicherheitsmerkmalen) hochgespielt wurden, während hier zum Teil dieselben Akteure die Legitimität wieder infrage stellen?

(vgl. http://www.brennerbasisdemokratie.eu/?p=18426)

Sun, 03/23/2014 - 17:16 Permalink
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Giancarlo Sun, 03/23/2014 - 23:21

In occasione del sondaggio on line della StF Christoph Moar ha già dimostrato tecnicamente che poche persone possono votare per molte altre. Però nel caso del Veneto i numeri e anche la qualità sono obiettivamente diversi, qui avrebbe votato circa metà della popolazione di una regione che dentro e fuori d'Italia storicamente e normalmente viene considerata italiana. Anche ammettendo una grossa manipolazione dei dati e con tutti i dubbi sul fatto che il comitato promotore del (diciamo) referendum sia composto da esperti informatici, il risultato non può essere minimizzato e ancora meno messo in ridicolo. Io però sono convinto che il secessionismo veneto sia da ascrivere al populismo di destra che oggi in tutta Europa prospera sul disagio delle classi medio-basse di fronte alla crisi economica e finanziaria. Questa ha colpito duro in Veneto, regione dove è nata l'ala più radicale della Lega Nord in un mix di sentimenti giustificati e non, dal vero e proprio "razzismo" antimeridionale e antiimmigrati all'ostilità della piccola-media impresa verso la burocrazia soffocante, la tassazione vessatoria e il centralismo inefficiente provenienti da Roma. Sempre questa regione ha vissuto con particolare frustrazione il confronto quotidiano con le realtà autonome di Trento e Bolzano e del Friuli, perché consapevole della sua forza economica e al tempo stesso dell'impossibilità di potere disporre dei 9/10 della propria Irpef, ma nemmeno dei 6/10 friulani. In più c'è la rabbia anti-euro, perché la moneta troppo forte (troppo "tedesca") ha messo al tappeto le imprese meno competitive, non orientate all'export e che vivevano del mercato domestico, oggi in crisi profonda. Il risultato è anche questa voglia di secedere dall'Italia, ma, ripeto, sono convinto che gli agit-prop di questo referendum siano populisti di destra da mettere sullo stesso piano del Front National in Francia e dei Freiheitlichen austriaci (e sudtirolesi?). Non a caso stanno esaltando il referendum in Crimea e citano la Russia di Putin come "potenza amica", i cui mass media infatti sono stati i più solidali a livello internazionale. Forse dipende dal fatto che sono consapevoli che Catalogna e Scozia sono mondi lontani anni luce. Ok, lo so, è pericoloso sparare giudizi su quali sono gli indipendentismi buoni e quali quelli cattivi, oppure quelli dove la gente vota anche con la testa e quelli invece dove vota solo con la pancia, diciamo che è una mia personalissima opinione.

Sun, 03/23/2014 - 23:21 Permalink
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Harald Knoflach Mon, 03/24/2014 - 08:36

Ich glaube, dass in dieser ganzen Diskussion viel zu wenig differenziert wird. Es werden Dinge gleichgesetzt, die man nicht gleichsetzen kann. Es werden Kausalzusammenhänge hergestellt, die es nicht gibt.

1. Online-Abstimmung ist nicht gleich Online-Abstimmung
Die in Venezien durchgeführte Aktion hat keinerlei rechtliche Auswirkung. Ähnlich wie die Umfrage der STF in Südtirol. Beides sind keine amtlichen Initiativen sonder privat veranstaltete Aktionen, um ein Signal zu setzen. Nichts anderes. Durchaus vergleichbar mit Avaaz-Petitionen (die sehr viel unsicherer sind) oder Unterschriftensammlungen, wo Leute von Haus zu Haus gehen.
Wäre es tatsächlich eine offizielle Abstimmung, müssen natürlich ganz andere Standards angelegt werden. Wenn ich Moar richtig interpretiert habe, ist absolute Sicherheit aber unmöglich bzw. stünde der Aufwand nicht dafür. Wobei ich ja auch eine "analoge" Wahl manipulieren kann. Es ist aber dennoch grundsätzlich zu hinterfragen, ob wir für amtliche online-Wahlen schon bereit sind. Für die Erhebung der Stimmungslage, für Signale bzw. für eine informelle Willensbekundung sind sie jedoch allemal gut. Trotz der Sicherheitsbedenken.

2. Sezession ist nicht gleich Sezession
Sezession kann sowohl ein Schritt in Richtung Kleinstaaterei (vergl. Lega Nord) wie auch ein Schritt hin zu einem vereinteren Europa sein (Zitat Robert Menasse: Was in Katalonien und Schottland passiert, ist nicht neuer Nationalismus, sondern der Anfang seiner Überwindung. Zitat Burkhard Müller: Die neuen Regionalstaaten würden nicht so sehr aus ihrem bisherigen Mutterstaat heraus- – als vielmehr in den Schoß Europas mit seinen innig verschlungenen Wirtschaftsbeziehungen hineinfallen. Solch ein Staatenverfall wäre nicht Ausdruck von Desintegration, sondern im Gegenteil als Folge gesteigerter Integration zu werten.)

Mon, 03/24/2014 - 08:36 Permalink
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Christoph Moar Mon, 03/24/2014 - 09:06

In reply to by Harald Knoflach

"Wenn ich Moar richtig interpretiert habe, ist absolute Sicherheit aber unmöglich bzw. stünde der Aufwand nicht dafür.". Völlig korrekt. Die Anforderungen an Wahlen sind hoch, und einige Kriterien stehen, wenn man sie vollständig in Online Systemen abbilden möchte, prinzipiell im Widerspruch zueinander (zum Beispiel das Prinzip der Geheimheit und das Prinzip der individuellen Überprüfbarkeit; mehr dazu zum Beispiel hier http://salto.bz/de/article/22122013/wie-sicher-sind-die-digitalen-vorwa…). Das bedeutet, dass auch Kompromisse eingegangen werden müssen: zum Beispiel kann eine perfekte, individuelle Überprüfbarkeit nämlich auch dazu missbraucht werden, um seine eigene Stimme "zu beweisen" - damit würde man dem Stimmenkauf Tür und Tor öffnen.
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"Es ist aber dennoch grundsätzlich zu hinterfragen, ob wir für amtliche online-Wahlen schon bereit sind.". Ich glaube, wir wären das zwar, aber natürlich nur zum Teil. Der "Digital Divide" wird stets unterschätzt, und die Netzaffinität großer Bevölkerungsschichten stets überschätzt. Was ich aber mit meinem Satz meinte, ist nicht, dass ich Stand Heute die Einführung echter Online Wahlen propagieren möchte. Das "Zeremonielle" einer physischen Wahl hat auch seine Berechtigung, um uns die Ernsthaftigkeit dieser Maßnahme vor Augen zu führen. Was aber gut wäre: eine institutionell bereitgestellte Online-Petitions-Plattform, nennen wir das mal so. Beispiel EU: dort wird von offizieller Seite (experimentell!) eine Plattform bereitgestellt, mit der EU-BürgerInnenPetitionen eingeholt werden können. Ich glaube, für einen solchen Schritt wären wir durchaus reif.
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Konkret: eine Umfrageplattform, die von der Öffentlichen Hand bereitgestellt wird und ein vernünftiges Ausmaß an Sicherheitskonzepten umsetzt, und die von privaten Initiativen "gebucht" werden kann. Damit wären Investitionen für die Einzelnen aus der Welt geschafft, Vertrauen in den Ergebnissen der Umfrage gebracht und ganz generell ein Testbed für spätere echte Online-Wahlen geschaffen.
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"Durchaus vergleichbar mit Avaaz-Petitionen (die sehr viel unsicherer sind) oder Unterschriftensammlungen, wo Leute von Haus zu Haus gehen." Stimme ich zu. Inoffizielle Unterschriftensammlungen (also solche, bei denen die Unterschrift nicht von Amtspersonen beglaubigt wurde) haben aber eine bescheidene Tragkraft. Ich erinnere mich daran, wie bei uns in Klausen eine solche "inoffizielle" Unterschriftenaktione nicht einmal eine Parkplatzbewirtschaftungsregelung durchbringen konnte. Es bleibt einfach ein "Geschmäckle" übrig, wenn man relativ leicht nachweisen kann, dass Stimmberechtigte mehrfach unterzeichnet, oder nicht-Stimmberechtigte teilgenommen haben. Von Avaaz-Petitionen spreche ich mal lieber gar nicht.
Was aber nicht einleuchtet: warum wird es nicht besser gemacht? Wenn ich die Kosten nicht scheue, Hunderttausende von Wahlberechtigten mit Briefen anzuschreiben müsste ich auch die finanziellen Ressourcen haben, eine Zwei-Faktor-Authorisierung einzusetzen, also zum Beispiel das Zuschicken eines Authorisierungscodes an ein eindeutiges Mobiltelefon. Die Angriffsfläche für massive Manipulationen wäre damit praktisch auf Null geführt (zumindest wenn wir von einer Teilnahme im Millionenbereich ausgehen). Wenn ich die finanziellen Ressourcen nicht habe, könnte ich auch Wege aufzeigen, wie man die SMS-Authorisierung umkehrt, und die (bescheidenen) Kosten der Wähler, als SMS-Absender, trägt.
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Nichtsdestotrotz sollte man Petitionen und Willensbekundungen nicht einfach ignorieren, so einfach ist das. Giancarlo hat das weiter unten/oben bereits geschrieben. Und je besser die Qualität des Systems und damit der Stimmen wäre, desto weniger wäre das Ganze wegdiskutierbar.

Mon, 03/24/2014 - 09:06 Permalink
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Harald Knoflach Mon, 03/24/2014 - 09:28

In reply to by Harald Knoflach

so sehe ich das auch. mir ging es halt vor allem darum, dass hier oft informelle "meinungserhebungen" (nicht selten auch von den initiatoren) zu "amtlichen referenden" hochstilisiert werden.
wir sollten diese aktionen aber als das betrachten, was sie sind: eben informelle umfragen. das "informell" beinhalten bereits, dass ich eine gewisse fehlerquote akzeptiere. was ich bei einer amtlichen entscheidung nie tun würde. aber: ein barometer für die stimmungslage sind diese umfragen allemal. und ich finde es unlauter, wenn man sie eben aufgrund vorher erwähnter "fehlerquote" - wenn einem der inhalt nicht genehm ist - delegitimiert und sie mit amtlichen abstimmungen vergleicht. trotz der bekannten mängel nehme ich regelmäßig bei avaaz-petitionen teil und halte diese für eine gute sache.

Mon, 03/24/2014 - 09:28 Permalink
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Martin Daniel Mon, 03/24/2014 - 11:59

glaube, genau das in meinem post von 10:14 uhr geschrieben zu haben: "warum nicht darauf hinarbeiten (wie in südtirol), die nationalstaaten langsam kompetenzmäßig auszuhöhlen, den föderalismus voranzutreiben um in 20 jahren zwischen einer endlich demokratisierten und nicht nur den konzernen verpflichteten eu und den regionalen gebilden nur mehr eine sehr dünne zwischenschicht nationalen typs zu haben."

Mon, 03/24/2014 - 11:59 Permalink