Politics | St. Christina

Eugens Stimme

Darf ein Bürgermeister gegen den wegen Amtsmissbrauch bei einer Hotelerweiterung ermittelt wird, in der Landesraumordnungskommission genau bei diesem Projekt mitstimmen?

Es war die letzte Sitzung der Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung (wie die 1. Landesraumordnungskommission inzwischen heißt), an der Eugen Hofer teilnehmen wird. Und der scheidende Bürgermeister von St. Christina lief dabei am vergangenen Donnerstag zu seiner Hochform auf.
Als in der Kommission der Tagesordnungspunkt „Ausweisung der Tourismuszone SmartHotel Saslong“ behandelt wurde, ersuchte der SVP-Bürgermeister, eine persönliche Stellungnahme abgeben zu dürfen. Eugen Hofer erkärte auf der Sitzung, dass dieses Projekt seine Wiederwahl verhindet habe. Dann ließ er eine Philippika gegen die Nachbarn ab, die den Hotelbau mit Eingaben beim Land und inzwischen auch bei der Staatsanwaltschaft bekämpfen. „Es ist nicht so, wie es in der Presse dargestellt wurde“, appelierte Hofer an die Kommissionsmitglieder.


Bürgermeister Eugen Hofer: "Es ist nicht so, wie es in der Presse dargestellt wurde

Der Grödner Unternehmer, der im Mai als Bürgermeister von St. Christina abdanken wird, erwähnt dabei nur eine Sache nicht. Die Tatsache, dass die Bozner Staatsanwaltschaft seit neun Monaten gegen ihn in Sachen „SmartHotel Saslong“ ermittelt. In den Ermittlungen der Finanzwache und der Gerichtspolizei, die vom stellvertretenden Staatsanwalt Giancarlo Bramante geleitet werden, geht es um Bauvergehen und mutmaßlichen Amtsmissbrauch.

Die Vorgeschichte

Bereits im März hat salto.bz in einer zweiteiligen Dokumentation beschrieben, wie es zum Neubau des SmartHotel Saslong in St. Christina gekommen ist. Aus den ursprünglichen 20 Zimmern wurden am Ende ganze 56 Zimmer. Der Bau verstößt dabei gleich unter mehreren Gesichtspunkten gegen geltende Bestimmungen und Gesetze. Klauseln in einem nicht registrierten Vorvertrag lassen darauf schließen, dass der Bauherr der Gemeinde die urbanistische Gangart vorgegeben hat und nicht, wie vom Gesetz vorgesehen, umgekehrt.
Dass in der Bauphase dann auch noch die ursprüngliche Bäderfirma gewechselt wurde und dafür ausgerechnet das Unternehmen des SVP-Bürgermeisters Eugen Hofer den Auftrag im SmartHotel Saslong übernahm, ist einer der Punkte, denen die Ermittler nachgehen wollen. Erst vor wenigen Tagen wurden Unterlagen von der Gerichtspolizei in der Gemeinde St. Christian sichergestellt.


Hotel Saslong (alt und neu): Erweiterung mit Unregelmäßigkeiten

Trotz der augenscheinlichen Unregelmäßigkeiten und der Ermittlungen geht die Bautätigkeit rund um das „SmartHotel Saslong“ aber munter weiter. Am 13. Mai 2013 stellt Eigner Ezio Prinoth bei der Gemeinde den Antrag, dass die Baurechtsfläche beim SmartHotel Saslong als Tourismuszone ausgewiesen wird. Beigelegt sind die Planungsunterlagen, nach denen hinter dem neuen Hotel bergseitig ein neuer L-förmiger, langgezogener Zubau entstehen soll. Zur Größe heißt es in den offiziellen Unterlagen: „Circa 3.000 Kubikmeter“. Der beigelegte technische Bericht des Planers ist dermaßen mangelhaft, dass die zuständigen Landesämter später nur mehr den Kopf schütteln können. Insgesamt soll das Hotel am Ende 7.357 Kubikmeter umfassen.
Ohne die Vorgeschichte zu kennen und die Tatsache, dass das Hotel bereits jetzt größer ist, als es die Bestimmungen erlauben, wird selbst jedem Laien klar, dass diese Erweiterung ein Schildbürgerstreich sein muss.

Die Ablehnung

Doch in der Gemeinde St. Christina winkt man alles anstandslos durch. Sechs Anrainer machen daraufhin eine detaillierte Eingabe bei den zuständigen Landesämtern und bei der Staatsanwaltschaft. In der Eingabe wird die gesamte Baugeschichte des Hotels seit 2004 nachgezeichnet. Anhand von Dokumenten und Fotos werden mehrere Bauvergehen dokumentiert und auch auf den möglichen Interessenskonflikt von Bürgermeister Eugen Hofer hingewiesen.
Am 20. Februar 2014 steht die Bauleitplanänderung zum ersten Mal auf der Tagesordnung der Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung. Als Vertreter der Gemeinde ist auch Bürgermeister Eugen Hofer bei der Sitzung anwesend. 
Die zuständigen Ämter zerpflücken aber den Antrag und die Vorgangsweise der Gemeinde. Die Fachleute merken schnell, dass im Akt aus St. Christina grundlegende Angaben und Dokumente fehlen. Um die Gemeinde St. Christina nicht allzu sehr zu brüskieren, einigt man sich in der Kommissionssitzung am Ende auf einen Kompromiss.
Wegen eindeutiger Formfehler wird der Antrag an die Gemeinde zurückgeschickt. Die Kommission verlangt aber auch, dass die Gemeinde auf die Einwände der Anrainer in einer Stellungsnahme eingeht und vor allem, dass die Gemeindeverwaltung bescheinigt, dass das bestehende Bauwerk den gesetzlichen Bestimmungen entspricht. 
Beides passiert nicht. Sondern die Gemeinde legt genau denselben Beschluss zur Bauleitplanänderung ein zweites Mal vor. Vor diesem Hintergrund lehnt die Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung die Bauleitplanänderung auf ihrer Sitzung vom 3. Juli 2014 ab. Am 22. Juli 2014 bestätigt die Landesregierung per Beschluss die Ablehnung.
Eugen Hofer & Co wollen sich damit aber nicht abfinden. Man macht einen weiteren, völlig unüblichen Schritt. Im Spätsommer 2014 schickt die Gemeinde St. Christina eine förmliche Aufsichtsbeschwerde gegen die zuständigen Landesbeamten an das Generalsekretariat des Landes. Gleichzeitig ersucht man die Landesregierung nachdrücklich die Bauleitplanänderung doch noch zu genehmigen.
Auch damit blitzen Eugen Hofer & Co aber ab.


Trick Tourismuszone: Neue Erweiterung hinter dem Hotel geplant

Neuer Anlauf

Die Erweiterung des SmartHotel Saslong scheint aber ein besonderes Anliegen zu sein. Am 18. November 2014 genehmigt der Gemeindeausschuss von St. Christina erneut die Ausweisung der Tourismuszone SmartHotel Saslong. Es ist die Neuauflage desselben Beschlusses, den das Land bereits abgelehnt hat.
Am vergangenen Donnerstag kommt dieser Beschluss dann in die Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung. Nach Hofers Plädoyer wird die Bauleitplanänderung völlig überraschend einstimmig genehmigt.
Man kann sich über den Meinungsumschwung in diesem wichtigen Landesgremium nur wundern. Noch brisanter aber ist eine andere Frage: Ist der Beschluss formalrechtlich überhaupt gültig?

Man kann sich über den Meinungsumschwung in diesem wichtigen Landesgremium nur wundern.
Eindeutige Befangenheit

Der Grund dafür ist die Ermittlung gegen Eugen Hofer. Hofer ist im Fall SmartHotel Saslong eindeutig persönlich betroffen. Auch wenn die Ermittlungen noch zu keinem Ergebnis geführt haben und es sich durchaus herausstellen könnte, dass der Bürgermeister sich nichts hat zu Schulden kommen lassen, wurde Eugen Hofer schon vor Monaten ein Ermittlungsbescheid zugestellt. Das hat Hofers Anwalt Federico Fava bereits vor Wochen auch der Tageszeitung gegenüber bestätigt.
Nach dem geltenden Landesgesetz ist Eugen Hofer damit eindeutig befangen. Er hätte sich also weder an der Diskussion und noch weniger an der Abstimmung in der Landeskommission beteiligen dürfen.
Genau darauf hat das zuständige Amt für Ortsplanung Nord-Ost auch einige Tage vor der Kommissionssitzung hingewiesen. Dem Gemeindesekretär von St. Christina wurde die Befangenheit mitgeteilt und ersucht, der Bürgermeister möge wenigstens bei diesem Tagesordnungspunkt den Saal verlassen oder einen Vertreter schicken.
Eugen Hofer wollte beides nicht. Er machte in der Kommission nicht nur Stimmung für die Ausweisung der Tourismuszone, sondern stimmte auch dafür.
Dass die zuständige Juristin in der Kommission und noch mehr Kommissionspräsident Anton Aschbacher dabei zugeschaut haben und so tun, als würden sie von all dem nichts wissen, wirft ein bezeichnendes Licht auf die Zustände in diesem Land.