194 ist in Italien eine ganz besondere Zahl. Ist es doch jenes Gesetz von 1978, welches den Schwangerschaftsabbruch legalisiert und somit das Recht der Frauen verankert, selbstbestimmt über ihren Körper zu entscheiden. Das Abtreibungsgesetz war eine der letzten großen Reformen im Bereich der bürgerlichen Freiheiten und Rechte, zusammen mit dem Scheidungsgesetz, der Reform des Familienrechts und dem Gesetz zur Einrichtung von Familienberatungsstellen. Es war eine Reform, die Tausenden von Frauen das Leben gerettet und die Zahl der Abtreibungen mehr als halbiert hat.
46 Jahre später wäre es an der Zeit, dieses Gesetz auszubauen. Beginnend mit der Förderung unabhängiger Beratungsstellen, um Frauen niederschwellig korrekte Informationen zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit zu gewährleisten. Des Weiteren mit der Einführung kontinuierlicher Sexual- und sozial-emotionaler Erziehung in den Schulen aller Stufen gemäß den von der WHO vorgegebenen und inzwischen von den meisten europäischen Ländern übernommenen Standards. Und, last but not least, mit der Berücksichtigung der Vorgaben des Europäischen Ausschusses für soziale Rechte des Europarats, laut dem das italienische Gesetz 194/78 nicht ausreicht, um den Schutz des Rechts auf Gesundheit und Nichtdiskriminierung der Europäischen Sozialcharta zu gewährleisten.
Und was passiert stattdessen in der Meloni-Regierung? Es kommen gar keine Zweifel auf, aus welch solidem patriarchalen Holz sie und ihre fratelli geschnitzt sind. Allen Naiven („so schlimm sind die ja gar nicht“) und Optimisten („immerhin eine Frau an der Macht“) zum Trotz, bestätigt sich die reaktionäre Haltung der Rechten fortlaufend (Sorella in Südtirol). Zuletzt mit einem erneuten Angriff auf das Selbstbestimmungsrecht der Frau. In einem historischen Moment, in dem das Europaparlament daran arbeitet, das Abtreibungsrecht in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu verankern, schlägt Italien die entgegengesetzte Richtung ein. Richtung Arizona, wo Schwangerschaftsabbrüche nach Regeln von 1864 selbst in Fällen von Vergewaltigung und Inzest untersagt werden. Im Rahmen des PNRR wurde ein Gesetz verabschiedet, das den rechtsextremen Abtreibungsgegnern die Tür zu den Familienberatungsstellen öffnet. Wo bisher Frauen Zugriff hatten auf unabhängige Beratung für eine bewusste und selbstbestimmte Entscheidung, darf es nun paternalistische Manipulation und Bevormundung geben. Ein weiterer, diesmal wenig subtiler Schlag gegen die Selbstbestimmung der Frau.
Silvia Camin, Präsidentin des AIED Bozen dazu: „Was da passiert, ist unvorstellbar! Beratungsstellen müssen weltliche, säkulare Orte bleiben, wo die Person willkommen geheißen und auf ihrem Weg begleitet wird, ohne verurteilt oder konditioniert zu werden. Jede Frau sollte frei entscheiden können, ob und wann sie Mutter werden möchte. Wir sind bereit, das Recht auf SELBSTBESTIMMUNG zu verteidigen!“