"Unser Backlash läuft eben anders"
salto.bz: „Backlash die Band“ gibt es nun seit über 15 Jahren. Eure Lieder entstehen seit jeher im Homeoffice?
Thomas Fischer: Im Homestudio genau. Ich habe mir damals – einfach so – eine Gitarre gekauft, dazu hatte ich noch ein altes Keyboard und einige Kabel, die ich irgendwie am Computer anschloss und mit ersten Aufnahmen begann. Es kamen damals immer wieder Freunde vorbei, um die eine oder andere Textzeile mitzusingen. Wir hatten damals sehr viel Spaß am belanglosen musizieren. Erst später hatte ich mit André einen Bandkollegen der selbst ein Instrument spielte. 2010 habe ich dann mit Christian die bis dahin letzten Songs aufgenommen. Insgesamt entstanden so über 50 Lieder.
In Homeoffice-Zeiten 2020 ist die EP „Hoi“ erschienen. „Backlash die Band“ kocht nach dem bewährten Rezept – feine und fantasiereiche Texte und Melodien für Millionen…
…und Milliarden.
Live-Acts gab es schlichtweg keine, da es keine Band gab.
Im durchaus erfolgreichen Underground-Song „Nielpferd in der Etsch“ habt ihr 2006 bereits vorweggenommen, wie sich die Natur den (Fluss)Raum zurückerobert. Wie ist euch dieses prophetische Lied damals „zugefallen“?
Es war schon damals nur eine Frage der Zeit bis sich Nielpferde – nicht zu verwechseln mit Nilpferden – ihren natürlichen mittel- und südeuropäischen Lebensraum zurückholen.
In einem der neuen Songs „Lied vom Schaffen“ heißt es: „Ich probier es immer wieder / schreibe Texte und schreibe Lieder…“ Das tönt nach einem ständigen Trieb Lieder produzieren zu wollen. Warum waren und sind Live-Acts nur sehr selten?
Es gibt Momente in denen man die staubige Gitarre auspackt und die Ideen im Kopf umsetzen will. Das gelingt aber nicht. Das wiederum dient als Antrieb weiterzumachen bis man die Schnauze voll hat, die Gitarre in den Koffer packt um sie dann irgendwann wieder auszupacken. Um zu erkennen, dass doch alles immer anders kommt.
Live-Acts gab es schlichtweg keine, da es keine Band gab. Den einzigen Live-Act habe ich 2012 mit André gemacht, der mittlerweile in Deutschland wohnt – liebe Grüße. Sollte es in Zukunft eine Band geben, wird man davon hören.
Zum Song Quarantäne Part 1. Da heißt es: „Die Quarantäne / ist ziemlich scheiße / Ich hätte so viel Pläne / Ich singe lieber leise.“ Warum ist „Backlash die Band“, die Band des leisen Gesangs?
Ich singe lieber leise, dass sich die Leute darüber Gedanken machen weshalb Backlash – gar nicht mal so leise – „ich singe lieber leise“ singt. Das ist mir damit gelungen. Und: leise reimt sich auf scheiße.
Der Liedvers „Ich wüsste gern / was denn so schön ist / die Befriedigung zu suchen / auf Kosten von den Schwachen / holen sie den ganzen Kuchen…“ richtet sich gegen Idioten. Woher rührt die „idiotische Eingebung“ zu diesem Song?
Zu diesem Text und dieser Zeile gibt es keine spezifische Eingebung. Es geht im Allgemeinen darum, dass es viele Menschen oder Gruppen gibt, die Ihren eigenen Selbstwert aus den Schwächen anderer ziehen bzw. im Umkehrschluss Neid empfinden wenn es anderen – im Schein – besser geht. Diese Art von Idioten braucht der kleine Paul nicht, lässt sich nicht beirren und geht seinen eigenen Weg.
Das Lied Drüben „ist ein Lied, wo man Geschichten weiterschreibt, eine kleine Geste meinerseits, für euch zum Zeitvertreib…“ Ab wann ist eine Geschichte reif, damit „Backlash die Band“ Musik dazu macht?
Es gibt ein altes Backlash-Zitat: „Backlash schreibt keine Texte zu Melodien. Backlash kreiert Melodien, die selber texten.“ Es ist tatsächlich so, dass Texte und Geschichten meist spontan nach dem Fertigstellen der melodischen Aufnahme hinzukommen. Es gibt oft nur einzelne Schlagwörter die in den Rhythmus passen, darauf aufbauend wird dann der Text geschrieben. Geschichten reifen dann zur Unreife.
Eure Lieder haben den Humor früherer „Die Ärzte“-Scheiben. Auch musikalisch bewegen sie sich auf diesem Terrain. Zufall oder weit gefehlt?
Ja ich würde „Die Ärzte“ als großen Einflussfaktor bezeichnen. Ich, Andy und auch Christian fanden „Die Ärzte“ immer schon gut, auch heute noch und ich glaube auch dass „Die Ärzte“ heimliche „Backlash die Band“-Fans sind.
Backlash bedeutet Rückschlag. Ist der Name damals wie heute Programm?
Backlash ist ein allgemein sehr weitläufiger Begriff und wird zum Teil leider mit sehr fragwürdigen konservativen Bestrebungen in Verbindung gebracht die wir ablehnen. Als wir damals einen Namen suchten, haben wir einfach ein Englisch-Wörterbuch – damals gab es noch Wörterbücher – aufgeschlagen und mit dem Finger auf ein Wort gezeigt: Backlash gefiel uns und ist bis heute geblieben; außer dass „die Band“ hinzugefügt wurde, obwohl es keine Band gibt. Ich habe schon überlegt den Namen zu ändern, das wäre aber ein Rückschlag für „die Band“. Unser Backlash läuft eben anders.