Culture | Festival Studentesco

Die Freiwilligen und der Erfolg

Alljährlich stellt der Artist Club das Festival Studentesco (Schülerfestival) auf die Beine und ermöglicht OberschülerInnen aus ganz Südtirol unvergessliche Momente.
Note: This article was written in collaboration with the partner and does not necessarily reflect the opinion of the salto.bz editorial team.
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Foto: © Giulia Torresani

Auf der Bühne über sich hinauswachsen, lauthals mitfiebern, Teil eines größeren Ganzen sein. Das „Festival Studentesco“ ist ein unvergleichliches Spektakel: OberschülerInnen aus ganz Südtirol ‚toben‘ sich im wahrsten Sinne des Wortes kreativ aus und werden von tausenden Gleichgesinnten angefeuert, die hoffen, dass im Namen ihrer Schulen und FreundInnen der alljährliche Sieg errungen wird. Einen ganzen Monat lang werden junge Leute im Zeichen der Kunst, Musik sowie des Schauspiels, Tanzes, Sports und Spiels zusammengebracht und Momente geschaffen, die für viele ein Leben lang währen. Auch die 53. Auflage des Festival Studentesco füllte heuer wieder die Bozner Stadthalle (Palasport), an beiden Abenden des Finales („Serate Moderne“) des SchülerInnen-Wettbewerbs, mit jeweils 3.000 KünstlerInnen und Mitfiebernden. Ein Riesenerfolg! Und das Besondere an dieser Erfolgsgeschichte ist, dass sie Jahr für Jahr von leidenschaftlichen Menschen weitergetragen wird, die selbst einst Teil von ihr waren. Die Geschichte des gemeinnützigen Freiwilligenvereins Artist Club reicht bis in die 1980er Jahre zurück und lebt bis heute von den Menschen, denen das Festival Studentesco in ihrer Jugend unvergessliche Momente beschert hat sowie in ihnen das Anliegen entfachte, etwas zurückzugeben.

Davide Mariotti, Präsident des Artist Club, erzählt vom Antrieb der Freiwilligen seines Vereins, junge Menschen in ihrem kulturellen Wachstum zu unterstützen, weitreichende Gemeinschaften und Freundschaften zu stiften, kurz: das Festival Studentesco Jahr für Jahr für die kommenden Generationen von SchülerInnen auf die Beine zu stellen. Dabei wird erkenntlich, welchen Zusammenhalt ein Freiwilligenverein der Verfolgung einer gemeinsamen Leidenschaft abgewinnen kann!

 

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Vom Teilnehmer beim Festival Studentesco zum Präsidenten des Artist Club, dem Verein hinter der Veranstaltung unvergesslicher Momente, © Artist Club.

 

In seiner Oberschulzeit hat der 28-jährige Bozner selbst am Festival Studentesco teilgenommen und mit seiner komödiantischen Theaterperformance den Sieg für seine Schule, das Realgymnasium E. Toricelli, eingefahren. In der Maturaklasse 2014 wurde ihm dann die Ehre zuteil, seine Schule zu repräsentieren. Im Gespräch schildert er, dass diese unvergesslichen Erlebnisse zwar seine Liebe zur Veranstaltung entfachten, der eigentliche Wert des Festivals ihm jedoch erst nach der Matura so richtig bewusst wurde: „Wir versuchen auch immer den SchülerInnen, die teilnehmen, mitzugeben, dass die Veranstaltung vollständig von der Leidenschaft und Ambition der Freiwilligen ermöglicht wird, die den SchülerInnen der Provinz Bozen eine unvergessliche Zeit ermöglichen wollen“. Mariottis Mindset repräsentiert dabei das Kollektivbewusstsein des Vereins, denn die meisten Mitglieder waren zu ihrer Oberschulzeit selbst in das Festival involviert und scheinen nach der Matura von der Motivation angetrieben, etwas zurückzugeben.

 

Es war eine enorme Genugtuung, als das heurige Festival sich als dermaßen großer Erfolg herausstellte.

 

Während seiner Studienzeit in Trient engagierte sich Mariotti als Freiwilliger im Artist Club und wurde im Jahr 2016 in die Führung des Vereins gewählt. Im letzten Jahr 2022, nach drei engagierten Amtszeiten der ehemaligen Präsidentin Elisa Weiss, kandidierte Mariotti aus Liebe zur Veranstaltung für das Amt des Präsidenten des Vereins, in das er dann schließlich gewählt wurde. Und seine Ambition scheint es wert zu sein, so Mariotti: „Es war eine enorme Genugtuung, als das heurige Festival sich als dermaßen großer Erfolg herausstellte!

 

Nicht nur ein Verein, eher ein Freundes- bzw. Familienkreis

 

Mittlerweile scheint der Artist Club, und das ist nicht nur der Resonanz des Festival Studentesco geschuldet, nicht mehr aus der mehrsprachigen Kulturlandschaft Südtirols wegdenkbar und diese Aussage wird erst richtig vorstellbar, wenn man sich die Stärke, Überzeugung und Organisationsweise des Teams vor Augen führt. Der Artist Club zählt ca. 50 Personen, „die allesamt mit vollem Herzen dabei sind und die Gemeinschaft aber auch den Zusammenhalt untereinander schätzen“, so Mariotti. Das Team sieht sich selbst als Freundes- bzw. als Familienkreis, der über das Festival hinaus das ganze Jahr über regen Austausch und Kontakt hält. Im Monat, in dem sich das Festival abspielt, wird besonders viel Zeit miteinander verbracht „und das schweißt zusammen“. Für die Organisation des Festivals müssen einerseits die vielen verschiedenen Events geplant, organisiert und umgesetzt werden, andererseits bedarf es einer ganzjährigen technisch-bürokratischen Arbeit. Mariotti betont: „Beide Komponenten, wären ohne die Kenntnisse, Kompetenzen und Ressourcen, die unsere Freiwilligen investieren, nicht möglich“. Eine präzise Spezialisierung sowie feine Differenzierung scheinen unerlässlich für eine gelungene Eventorganisation und so wurden für die mehr als 20 verschiedenen Disziplinen jeweils eigene Kommissionen zusammengestellt: „Das Schöne bei uns ist, dass jeder Bereich, der, möge er noch so klein erscheinen, den Unterschied zwischen einem gelungenen oder gescheiterten Festival machen kann, von motivierten Leuten abgedeckt wird und alle Teile zusammengenommen immer wieder ein erfolgreiches Festival zustande bringen“. Eventorganisation nach dem Teile-und-herrsche-Verfahren.

 

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Eine Hammer-Show! Die Performance des Carducci Gymnasiums war ein tolles Beispiel welches Niveau an Darstellungen beim Festival Studentesco erreicht wird, © Giulia Torresani.

 

Und das ist auch nötig, denn wie angedeutet zählt das Festival an mehreren Abenden bis zu 3.000 Personen: „Eine beeindruckende Resonanz, die das Interesse versinnbildlicht, die der Veranstaltung entgegengebracht wird. Das führt uns meines Erachtens vor Augen, dass dem Festival, neben der Förderung der Kreativität und Leidenschaft der KünstlerInnen und aktiven TeilnehmerInnen am Festival, auch ein weitreichender sozialer Wert beizumessen ist. Den jungen Leuten wird eine kulturelle Veranstaltung geboten, die mit Begeisterung ansteckt, als Treffpunkt fungiert und die Möglichkeit bietet, zusammen ein Erlebnis zu schaffen. Tausende junge Leute versammeln sich, um MitschülerInnen aber auch FreundInnen anderer Schulen, die singen, tanzen, rezitieren, schauspielern, gamen und sporteln anzufeuern, mit ihnen mitzufiebern und sich im Zeichen der Kultur als Teil eines größeren Ganzen zu fühlen.“ Dabei ist das Festival Studentesco eines der vielen Beispiele für Events in Südtirol, die nicht institutionell organisiert werden, sondern aus der Leidenschaft der TeilnehmerInnen, der Zuhörerschaft und den Freiwilligen hervorgeht, die jene Veranstaltung auf ihren Schultern tragen.

 

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Das Team der leidenschaftlichen Freiwilligen des Artist Club eint eine große Gemeinsamkeit: die Liebe zum Festival Studentesco, © Giulia Torresani.

 

Und so wird er immer erkenntlicher, der rote Faden, mit dem der Artist Club und das Festival Studentesco verwoben sind. Der Verein, die große Familie, die von der gemeinsamen Liebe für das Festival zusammengehalten wird, gibt diese Liebe jedes Jahr aufs Neue an die potenziell zukünftigen Mitglieder des Artist Club weiter. Mariotti schildert: „Schön ist, dass jedes Mitglied eine eigene Geschichte mit dem Festival verbindet und man sich darüber austauschen kann, wer früher wen besiegt und mit wem konkurriert hat, wie man sich damals kennenlernte, welche Freundschaften entstanden sind oder welche die prägendsten Momente waren. Jeglicher jugendlicher Konkurrenztrieb weicht jedoch im Artist Club komplett dem Fokus auf das Festival Studentesco als gemeinsames Projekt. Als mir beispielsweise nach meiner Oberschulzeit bewusst wurde, dass die eigentliche Schönheit des Festivals nicht im Gewinnen, sondern in der Veranstaltung an sich besteht, begriff ich es als meine Mission etwas zurückzugeben und genau diese Mission teilen alle Mitglieder des Artist Club, das schweißt sehr stark zusammen. Ganz zu schweigen im Arbeitsprozess. Wir sitzen bis spätabends zusammen, um Bewerbungen oder Anfragen der TeilnehmerInnen durchzuarbeiten. Sicher, das ist ein beträchtlicher Aufwand, aber wir haben einen Riesenspaß dabei! Man amüsiert sich und gleichzeitig fühlt man sich, wie auch in der Oberschulzeit, als Teil eines großen Ganzen.“

 

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Alle packen mit an. Auch wenn es spät wird oder in aller Frühe beginnt, der Artist Club investiert Herzblut für das Gelingen des Festivals, © Giulia Torresani.

 

Leidenschaft durch Zusammenhalt und Zusammenhalt durch Leidenschaft. Das ist die geheime Essenz, die dafür sorgt, dass es dem Artist Club nie an Mitgliedern zur Organisation und Umsetzung des Festivals mangelt. Selbst nicht in den heutigen Zeiten des Arbeitskräftemangels. Wenn man einmal Mitglied ist, falle es schwer wieder vom gemeinsamen Projekt abzulassen, beteuert Mariotti. Zudem sei der Artist Club immer offen für neue Mitglieder, die nach ihrer Oberschulzeit Lust haben Initiative zu ergreifen und motiviert sind das Festival weiterzubringen: „In den letzten Jahren, selbst angesichts der Pandemie, hatten wir in Sachen Neuzulauf echt Glück. Sehr viele neue Mitglieder sind nach ihrer Matura dem Artist Club beigetreten. Das war sehr wichtig, denn mit neuen Mitgliedern, die selbst gerade erst ihre Oberschulzeit hinter sich haben, wird neben der neuen Kraft und Ambition auch immer die Nähe des Festivals zu den jungen Leuten aufgefrischt.“

 

Ich weiß, dass jedes Mitglied des Artist Club dieselbe Motivation teilt, den jungen Menschen Jahr für Jahr ein tolles Erlebnis zu bieten!

 

Hält sich der Verein jedoch weiterhin an seine Prinzipien, so wird es ihm an Nähe zur Jugend kaum fehlen, so erzählt Mariotti: „Unsere oberste Priorität ist, dass die jungen Leute eine gute Zeit haben. Wenn ich daran denke, was mir das Festival in Hinsicht auf mein persönliches Wachstum, meine Fähigkeiten, Freundschaften und Erlebnisse gegeben hat, als ich noch zur Schule gegangen bin, will ich das unbedingt auch nachkommenden SchülerInnen ermöglichen. Das motiviert mich, meine Zeit und Energie weiterhin in das Festival Studentesco zu investieren. Und ich weiß, dass jedes Mitglied des Artist Club dieselbe Motivation teilt, den jungen Menschen Jahr für Jahr ein tolles Erlebnis zu bieten.“

 

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Kulturelles Wachstum trägt die verschiedensten Gesichter und gedeiht am besten, wenn alle daran teilhaben können, © Giulia Torresani.

 

Um dabei nicht einzurosten und in Konstanten zu verfallen, verfolgt der Artist Club die Strategie, stets die Jugendlichen miteinzubeziehen. So wird nach dem Festival immer das Feedback von der SchülerInnen der teilnehmenden Schulen gesammelt, um zu erfahren, was ihnen gefallen hat und was nicht. Dieses Feedback ermöglicht das Verstehen neuer, unterschiedlicher Interessen und somit auch die Entwicklung neuer Kategorien, wie etwa die Gaming-Kategorie, die während der Pandemie entwickelt wurde und aufgrund des guten Feedbacks beibehalten wurde. Mariotti ist der Ansicht: „Man kann nicht über die Köpfe der jungen Leute hinweg Ratespiele anzetteln, worin ihre Interessen bestehen. Es gilt sie zu fragen und das mit einem beträchtlichen Maß an Experimentierfreudigkeit zu kombinieren!

 

Bei der SiegerInnenverkündung am Samstag geht es darum, in die glücklichen Gesichter aller Beteiligten zu blicken und zu sehen, dass alle Spaß hatten!

 

Das Gespräch mit Davide Mariotti und das gewonnene Bild über die Ambition der Freiwilligen des Artist Club stimmen Spannung und Freude auf die zukünftigen Auflagen des Festival Studentesco an. Der Genuss des diesjährigen Erfolges sei ihnen allen jedoch vorerst einmal so richtig vergönnt, so Mariotti: „Bei der SiegerInnenverkündung am Samstag geht es darum, in die glücklichen Gesichter aller Beteiligten zu blicken und zu sehen, dass alle Spaß hatten. Zwei Monate später sprechen die Leute noch darüber und beteuern, was für ein tolles Erlebnis sie hatten. Das fühlt sich gut an, denn unsere Mission scheint damit wieder einmal erreicht!

 

Ein Beitrag von David Orrú.