"Die Wut ist immer noch da"
Sie hat soviel zu erzählen an diesem Nachmittag auf Schloss Velthurns: über jene Kriege und Kämpfe die im Inneren passieren, in den Seelen der Frauen und Mädchen die in der Medien- und Politikersprache schon mal zynisch als Kollateralopfer bezeichnet werden. Opfer sind sie wirklich, und zwar von Folterungen, Verstümmelungen und der perfiden Waffe systematische Vergewaltigungen, im Jugoslawienkrieg der 1990er Jahre, in Afghanistan, im Kongo, in Ruanda und Liberia, oder aktuell in Syrien, dem Irak und den umliegenden Ländern, überall dort wo Waffen- und Männergewalt den Ton angeben. Im Rahmen des Forums „Flucht und Zuflucht“ sprach die Gründerin der Frauenrechtsorganisation Medica Mondiale und Trägerin des Alternativen Nobelpreises, Monika Hauser, vor einer kleinen Schar Interessierter darüber, wie schwer kriegs- und gewaltgeschädigte Erfahrungen von Individuen auf unsere Gesellschaften drücken.
Ausübung von mickriger Beamtengewalt: Passkontrolle nach Hautfarbe
In über 20 Jahren Menschenrechtsarbeit sind unzählige Erlebnisse und Geschichten in ihr abgespeichert, Geschichten aus nah und fern: „Personen erzählen mir oft spontan ihre Gewaltgeschichten, ihre persönlichen Biografien von physischen und psychischen Verletzungen.“ Das passiere ihr auch im Alltag, bei Bahnfahrten etwa, die Leute wissen wer sie ist und was sie macht. „Wenn dann ein Zugschaffner kommt und die Ausweise genau von jener farbigen Familie sehen will, die mit mir im Abteil sitzt, dann strecke ich demonstrativ meinen eigenen mit vor, auch wenn der Kontrolleur mir zu verstehen gibt, dass er mich gar nicht meint, doch diese selektive Kontrolle macht mich einfach wütend!“
Die Machtverhältnisse in Europa und anderswo seien gar nicht so verschieden, meint Monika Hauser. Machtstrukturen sind hier wie anderswo patriarchal untermauert, in Afghanistan werden sie lediglich ungehemmter ausgelebt und sind allerdings auch im politisch-religiösen System verankert, aber auch dort trauern Väter um ihre Töchter. Sie erzählt die Geschichte eines Vaters, der seine Lieblingstochter verkaufte, um die übrige Kinderschar zu ernähren. Erst im Laufe eines Mediationsverfahrens knackte der Gefühlspanzer des Mannes auf und er beklagte den Verlust des Mädchens unter Tränen. „Wir dürfen nicht glauben, dass solche Taten keine Spuren hinterlassen, dieser Mann und seine Kinder sind dadurch ebenso traumatisiert wie das Mädchen.“
Das Engagement von Monika Hauser begann 1992, zum Ende des Bosnien-Krieges. Sie war damals angehende Frauenärztin in Nordrhein-Westfalen und erfuhr aus einem Zeitungsbericht von den vielen vergewaltigten Frauen in serbischen Lagern und Zwangsbordellen. „Ich war entsetzt und vor allem wütend darüber, wie die Zeitungen über diese Frauen schrieben und sie so ein zweites Mal missbrauchten.“ Sie fuhr kurzerhand ins Kriegsgebiet und fand eine grauenvolle Lage vor: Vergewaltigte und schwer traumatisierte Frauen und Mädchen, nach wochen- und monatelangen Qualen in den Lagern. Hilfe tat bitter not und Monika Hauser organisierte sich, mit Krankenschwestern, Ärztinnen und Psychologinnen baute sie in Zenica ein erstes Frauenhaus auf mit gynäkologischer Ambulanz, ein Zentrum für kriegstraumatisierte Frauen, der Beginn von medica mondiale. Parallel dazu startete Hauser ihre Sensibilisierungsarbeit in der Öffentlichkeit, mit Vorträgen und Konferenzen, auf denen sie bis heute unermüdlich mehr politisches Engagement einfordert.
In Nachkriegszeiten tut sich oft ein Fenster auf, in denen Menschen berührt werden können für neue Formen des Zusammenlebens
„Ich weiß mittlerweile, dass es oft einfacher ist, in zerrütteten und chaotischen Kriegs- und Nachkriegszeiten ein Netzwerk zum Schutz von Frauen aufzubauen, als in unserer wohlsituierten westlichen Gesellschaft mehr Solidarität durchzusetzen.“ Das erfahre sie bei Gesprächen mit Politikern im deutschen Bundestag, im europäischen Parlament, wenn ihre Mahnungen und Appelle ungehört verpuffen. Wenn sie etwa davor warnt, dass es in der Ukraine zu Gewalt an Frauen kommen wird oder wie mafiöse Strukturen die Krise im Nahen Osten für sich nutzten. „Das ist so vorhersehbar und das wissen auch unsere Politiker, doch wird darüber hinweggesehen, und das macht mich immer wieder wütend. Gerade Deutschland mit seinem Wissen um die eigene Nachkriegsgeschichte hätte jede Voraussetzung für eine proaktive Politik in internationalen Krisengebieten." Das Wütend-Sein sei gut, meint sie, es treibe sie an, aber genauso wichtig sei es, rational zu bleiben und trotzdem empathisch, berührbar. Wenn sie aus Afghanistan oder dem Kongo nach Hause zurückkehrt, sei sie gestärkt, die erlebte Solidarität und der Fortgang der medica-mondiale-Arbeit vorort gibt ihr Kraft und Zuversicht, dass es weitergeht.
„Meine Mitarbeiterinnen und ich kämpfen dafür, dass diese Kreisläufe unterbrochen werden, denn erlittene Gewalt erzeugt neue und wird von Generation auf Generation übertragen.“ Für sie gibt es keine post-traumatische Gewalt, keine Ent-Traumatisierung, die Gewalt hält Individuen und Gesellschaften in Schach, wenn sie nicht geahndet und gesühnt wird.
Die Machtverhältnisse in
Die Machtverhältnisse in Europa und anderswo seien gar nicht so verschieden, meint Monika Hauser. Machtstrukturen sind hier wie anderswo patriarchal untermauert, . . .
Ach dass ich nicht lache, auch Sie Monika Hauser auf so einem niedrigen Niveau? Sie werden wohl die Mitglieder der Vorstände großer Unternehmen ansehen und das meinen, den Durchschnittsmann und - Frau betrifft das wohl kaum.
In Europa ist systematische Strukturelle Gewalt gegen Männer durch Gesetzgebung und Rechtspraxis gegeben. Wo ist hier bitte noch mal das Patriarchat?
http://www.realsexism.com
http://www.jtest28.com/discrimination.html