Society | Zeltlager

„Man vergisst den Rest der Welt“

Dem Coronavirus zum Trotz werden auch heuer Zeltlager abgehalten. Lagerbetreuerin Nora Schweigkofler über Herausforderungen und die Ausführung unter den Sondermaßnahmen.
Fennberg 1
Foto: Nora Schweigkofler

Mit dem Lockdown wurde der Alltag für einige Monate beendet. Man musste daheimbleiben, für jegliche notwendigen Outdoor-Aktivitäten eine Maske tragen und vor allem, sofern möglich, mit keiner Person außerhalb des Hauses direkten Kontakt haben. Kinder wurden bei den Regelungen teils vergessen und verbrachten dementsprechend die meiste Zeit zuhause. Auch für den Sommer wirkte es zunächst so, als würden die meisten Unterhaltungsangebote für Kinder verboten bleiben. Wider Erwarten wurden Zeltlager und ähnliches dann doch erlaubt – mit dementsprechenden Sicherheitsmaßnahmen und der Herausforderung an die Leiter, ein Zeltlager in einem Bruchteil der normalerweise zur Verfügung stehenden Zeit zu planen.

Unter anderem gab es vonseiten der Katholischen Jungschar die Forderung, alle Teilnehmer mittels PCR-Tests im Vorhinein auf den Corona-Virus kontrollieren zu lassen und auch während des Aufenthalts regelmäßige Fiebermessungen durchzuführen. Zudem durften während des Zeltlagers keine Besuche abgehalten werden, weder von Eltern noch von „Überfällern“, auch innerhalb der Gruppe sollten die Teilnehmer wenn möglich reduziert werden.

Mit diesen Regelungen musste sich auch die Jungschar von Bozen zurechtfinden. Diese hielten ein Zeltlager vom 12. Juli bis zum 20. Juli wie üblich auf dem Fennberg ab. Die Leiter schafften es, trotz der kurzen Frist genügend Kinder zusammenzufinden und das Zeltlager den Normen entsprechend abzuhalten.

Nora Schweigkofler (20) ist eine davon. Nach fünf Jahren als Kind beim Zeltlager kann sie jetzt fünf Jahre als Betreuerin dazurechnen und ist somit eine der Hauptfiguren für die Planung und Abhaltung des alljährlichen Zeltlagers:

salto.bz: Nora, könntest du mir bitte zuerst die Anzahl an Kindern und die Zeitspanne nennen, in der das Zeltlager abgehalten wurde?

Nora Schweigkofler: Heuer haben wir 16 Kinder gehabt, was eigentlich im Vergleich zu den letzten Jahren sehr wenig war. Durchschnittlich haben wir 30 Kinder, es hat aber auch schon Jahre gegeben mit 45 Kindern. Das ist logisch ein bisschen viel, aber 16 ist auf jeden Fall wenig. Wir waren heuer nur acht Tage auf dem Fennberg, nicht wie üblich 14 Tage.

Wie hast du dich am Anfang gefühlt, als ihr erfahren habt, jetzt doch ein Zeltlager starten zu dürfen?

Am Anfang, als wir von der Pastoralassistentin das Okay bekommen haben, wieder starten zu können, war es schon irgendwie ein komisches Gefühl. Wir wussten nicht, wie das heuer überhaupt wird. Dann habe ich gehört, dass es nur 16 Anmeldungen gibt, so war ich mir nicht sicher, ob es den ganzen Aufwand überhaupt wert ist. Es gibt trotzdem immer gleich viel zu organisieren, ob man jetzt 45 oder 16 Kinder betreut. Da habe ich mich schon gefragt, ob es sich lohnt, auch nur für eine Woche. Mit 16 Kindern bekommt man ja auch weniger Einnahmen. Es ist schon so, dass wir alles ehrenamtlich machen, aber trotzdem ist der Zeltplatz zu bezahlen, man muss Lebensmittel kaufen usw.

Wie ist jetzt dein Gefühl, wie ist das Zeltlager gegangen mit den ganzen Sonderregelungen?

Im Endeffekt ist es viel besser gegangen, als wir uns erwartet haben. Es war auch überhaupt kein Problem, dass nur 16 Kinder angemeldet waren. Wir haben einfach das Programm umgestellt und angepasst an unsere Bedürfnisse. Zum Beispiel: Genau dadurch, dass wir 16 Kinder hatten, sind die Spiele, die wir gespielt haben, kürzer ausgefallen. So haben wir das Programm, das wir sonst in zwei Wochen durchführen, fast vollständig in eine Woche reinbekommen. Das war gut für uns.

Man sieht, dass eine große Leidenschaft dahinter ist

Inwiefern haben die Regelungen das Zeltlager beeinflusst?

Ich glaube nicht, dass sich so viel verändert hat. Was mich immer erstaunt und was ich auch sehr schön finde: egal, wie die Umstände sind, egal was draußen in der Welt passiert und obwohl wir das ehrenamtlich machen, merkt man richtig, wie wir Leiter und Köche gerne dabei sind und das unbedingt auf die Beine stellen wollen. Es war so auch egal, dass wir alle den PCR-Test machen und jeden Tag den Kindern Fieber messen mussten. Man sieht, dass eine große Leidenschaft dahinter ist. So haben uns die Maßnahmen eigentlich wenig ausgemacht.

Woher kommt diese Leidenschaft?

Dadurch, dass auch fast alle Leiter selbst als Kinder mal im Zeltlager waren, möchten wir das, was wir als Kinder erlebt haben, den Kindern auch weitergeben. Das finde ich immer cool. Das ist auch vielleicht unterschiedlich zu anderen Kinder- und Sommerbetreuungen, bei denen es teilweise mehr darum geht, Geld zu verdienen. Man arbeitet dort vielleicht auch gern mit Kindern, aber die Motivation dahinter ist trotzdem eine andere. 

 

Hat der Coronavirus die Stimmung im Zeltlager beeinflusst?

Schwer zu sagen, beeinflusst sicher ein bisschen, aber wenn man oben ist, denkt man fast nicht mehr daran, man hat es fast schon wieder vergessen. Dadurch, dass wir alle getestet wurden, haben wir uns ja verhalten dürfen wie in einer Familie, wir durften aufeinanderpicken, wie eigentlich sonst immer sozusagen. Wir durften uns ganz normal verhalten und ich glaube, das war für uns alle angenehm. Man hat richtig gemerkt, wie die Leute am Ende gesagt haben: Jetzt will ich nicht wieder in die Stadt, wo alles wieder so ist wie davor. Auch für mich war es ganz komisch, wieder zu sehen, wie Leute Masken tragen. Vor allem den Kindern, die jetzt drei Monate daheim waren, hat es sicher gutgetan. Wir konnten ja trotzdem Kontakt aufnehmen mit Freunden, per Handy oder Zoom oder einer anderer App und das konnten Kinder oft nicht. Grad für sie war es richtig cool, mal wieder in einer großen Freundesgruppe zusammen rumzuhängen und so. Das macht schon viel aus.

Wie ist es euch mit der kurzfristigen Planung ergangen?

Es war stressig, ich war wirklich die letzte Woche vor dem Zeltlager jeden Tag in der Stadt, habe jeden Tag etwas getan. Unser Vorteil ist, dass wir das schon echt lang machen und jeder weiß, was er zu tun hat. Wir mussten das Zeltlager dann logisch schneller als sonst organisieren. Aber unsere Pastoralassistentin, Kathrin Waldner, hilft uns immer sehr und so auch heuer. Sie hat alles mit den Anmeldungen übernommen, hat uns auch beim Sanitätsbetrieb registriert für die PCR-Tests usw. Ich habe mir eigentlich nicht gedacht, dass es so gut geht und teilweise war es auch definitiv knapp, ein paar Kinder haben zum Beispiel genau einen Tag vor Beginn des Zeltlagers das negative Testergebnis bekommen. Ich bin aber total froh, dass uns das auch zur Verfügung gestellt worden ist, dass wir die Tests gratis machen konnten und sie auch Vorrang hatten sozusagen. Somit ist es uns eben ermöglicht worden, das Zeltlager durchzuziehen, das habe ich sehr cool gefunden. Ich habe eben auch von anderen Projekten gehört, die das Zeltlager ohne Tests durchgeführt haben, die mussten dann alles in kleinen Gruppen machen mit einem gewissen Abstand. Wir hatten es da viel angenehmer.

 

Und welche Gesetze hat das Zeltlager am meisten beeinflusst bzw. schwerer durchführbar gemacht?

Bei uns durften ja keine fremden Leute dazukommen. Das heißt, dass einerseits die Überfälle weggefallen sind, andererseits war das der Hauptgrund, dass wir das Zeltlager über nur eine Woche abgehalten haben. Wir konnten keinen Besuchertag machen, der sonst immer in der Mitte zwischen den zwei Wochen ist. Gerade für die kleinen Kinder ist es sicher nicht einfach, wenn sie die Eltern zwei Wochen lang nicht sehen können. Deshalb ist der Besuchstag immer sehr wichtig für sie. So haben wir uns entschieden, das Zeltlager auf eine Woche zu verkürzen. Ich glaube, das war für heuer die beste Entscheidung.

Gab es sonst noch Schwierigkeiten?

Sonst gab es eigentlich nicht allzu große Schwierigkeiten. Natürlich hat es Einschränkungen gegeben durch die ganzen Corona- Maßnahmen, aber der Spaß an sich war immer noch der gleiche. Das Feeling, das man oben hat, das bleibt oben. Jedes Mal, wenn man dann wieder raufkommt, bekommt man es wieder, dann vergisst man den Rest der Welt. Das war für mich immer schon so, auch schon als Kind, das macht es immer zu einem einmaligen Erlebnis.

Wenn man mit Kreativität und Motivation an die Sache rangeht, kann man viel erreichen

Inwiefern wird es nächstes Jahr wieder Einschränkungen geben?

Ich habe gehört, das ist aber eine sehr vage Aussage, dass in weniger als einem Jahr ein Impfstoff rauskommen soll, im Laufe des nächsten Jahres. Wenn das so wäre, dann sollte es nächstes Jahr wieder relativ normal weitergehen. Ansonsten haben wir aber heuer sicher gelernt, wie wir mit solchen Ausnahmesituationen umgehen können, haben jetzt auch eine Ahnung, wie wir alles durchführen müssen. Ich glaube nicht, dass ich vieles anders machen würde als heuer. Ich habe auch das Gefühl, dass wir das Zeltlager relativ gut auf die Beine gestellt haben. Dafür, dass es auch viele minderjährige Leiter gibt, ist es uns sehr gut gegangen, auch wenn wir erst drei Wochen vorher vom Zeltlager gehört haben.

War das Zeltlager also trotz der engen Planung ein Erfolg?

 Als wir zugesagt haben, waren wir ja alle noch irgendwo, die eine war in Holland, der eine in Wien, ich war in Innsbruck. So haben wir eine Zoomsitzung gemacht und alles besprochen, wer was tut und welche Sachen zu erledigen sind. Wir sind ja auch erst einige Tage vor dem Zeltlager zurückgekehrt. Das macht das ganze auch so cool, dass man nicht ewig lang planen muss. Ich denke wenn man mit Kreativität und Motivation an die Sache rangeht, kann man viel erreichen, auch mit weniger verfügbarer Zeit und anderen Komplikationen. So ist es uns auch heuer gelungen, die Woche richtig genießen zu können.