salto.music | Antonio Olivieri

„Musik war in jeder Ecke”

Der Bozner Produzent & DJ Antonio Olivieri (37) lebt seit 13 Jahren in Berlin. Wie die Stadt seine Musik geprägt hat und warum er seine Tracks nun selbst veröffentlicht.
Antonio Olivieri
Foto: Antonio Olivieri
Antonio Olivieri
Antonio Olivieri, House- und Techno-Produzent/DJ aus Bozen, zog 2008 nach Berlin. Foto: Görli

 

salto.music: Du hast dich heuer zu Jahresbeginn mit deiner Lobstereo-Page zurückgemeldet, um dort monatlich einen neuen Track zu releasen. Wie kam es dazu und welches Konzept steht dahinter?

Antonio Olivieri: Die Idee hinter Lobstereo ist einfach eine eigene Plattform zu schaffen um mit Regelmäßigkeit meinen musikalischen Output veröffentlichen zu können, ohne dafür unverhältnismäßig viel Energie in den Release-Prozess über sonstige Labels investieren zu müssen. Somit bin ich zu 100% in Kontrolle von dem was rauskommt, wann und warum, ohne ggf. „Schlange stehen” zu müssen oder schlimmeres. Das ist keine Kritik an Labels, aber in meinem Alter kann ich einfach die Mühe nicht mehr aufbringen, mich mit allen anderen anzustellen.

Viele, gerade in Hinsicht auf Marketing und Distribution, könnten behaupten ein Release je Monat wäre bekloppt.

Der Markt ist an sich unendlich breit geworden und es ist ein Stück weit verständlich, dass Labels sich teilweise schwer tun für alle Demos ein Ohr zu haben. Aus dem Demo-Theater bin aber aber auch schon längst raus. Ich habe einfach festgestellt, dass ich meine Musik wieder publik machen möchte und zwar auf nicht zu zimperliche Art. Viele, gerade in Hinsicht auf Marketing und Distribution, könnten behaupten ein Release je Monat wäre bekloppt. Und sie hätten Recht damit. Mir geht es aber nicht mehr um Erfolg und Geld. Ich habe einfach meinen Spaß!

Antonio Olivieri - Babel
Der Juli-Track „Babel” von Antonio Olivieri erschien via Lobstereo. Grafik: Lobstereo Music

Wenn man von Musik besessen ist, gibt es eigentlich nie wirklich längere Pausen.

salto.music: Deine letzte EP-Veröffentlichung liegt ziemlich genau sieben Jahre zurück. Hast du dich von diesem Format abgewandt? Warum die lange Release-Auszeit?

Antonio Olivieri: Die Auszeit hat es nur im Sinne der Öffentlichkeit gegeben. Wenn man von Musik besessen ist, gibt es eigentlich nie wirklich längere Pausen. Ich hab mich eine Zeit lang einfach um mich gekümmert und habe einen Fuß in der „normalen” Wirtschaft gefaßt. In dieser Zeit habe ich durchgehend musiziert, nur war mein Ego nicht mehr so scharf darauf, bei meist komplett fremden Leute anzutanzen um zu sehen, ob sie bitte in neun Monaten einen freien Release-Spot hätten.

Darum also Lobstereo, da kann ich nach Laune und recht kurzfristig entscheiden, welche meiner kleinen Perlen das Licht des Tages sehen wird und ich kann meinen kreativen Flow in vollen Zügen genießen.

Antonio Olivieri live
Olivieri live im Berliner Techno-Club Suicide Circus, der sich heute Suicide Club Berlin schreibt. Foto: Antonio Olivieri

Musik war in jeder Ecke und viele Ecken standen frei da, um Musik willkommen zu heißen.

salto.music: Du lebst nun schon seit 2008 in Berlin. Inwieweit hat sich dein Zugang zur Musik dort verändert? Welche waren die bedeutendsten Erfahrungen, die du in Berlin als Producer & DJ gemacht hast?

Antonio Olivieri: Naja, Berlin bietet als Metropole natürlich Einiges. Gerade früher war es keine Frage des Geldes, sondern eher der Mühe, inwieweit es man treiben wollte. Musik war in jeder Ecke und viele Ecken standen frei da, um Musik willkommen zu heißen.

Prägend für mich ist die ganze OpenAir-Kultur gewesen, die man sonst Europaweit kaum so ausschweifend ausgelebt hat. Dieses Gefühl war damals für mich Anlass gewesen, mit einem aus Sperrholzplatten selbstgebauten Musik-Wagen durch die Stadtparks zu ziehen. Was damit für spontane Menschenansammlungen zustande kamen hat mich immer aufs Neue verwundert und begeistert zugleich.

Antonio Olivieri
Antonio Olivieri zog mit seinem Musik-Wagen durch die Berliner Parks. Foto: Antonio Olivieri

 

salto.music: Und wie sehen deine aktuellen Pläne für die nahe Zukunft aus?

Antonio Olivieri: Für die nahe Zukunft stehen selbstverständlich jede Menge Lobstereo Releases an. Parallel dazu ist die Video Produktion für den YouTube Channel von Lobstereo angelaufen. Bis Ende September werden also quasi alle Releases nochmal als Musik-Video herausgegeben.

Antonio Olivieri im Club Maria am Ostbahnhof Berlin
Antonio Olivieri live im mittlerweile geschlossenen Club Maria am Ostbahnhof Berlin. Foto: Dennis Drobny

 

Info:

Antonio Olivieri: Facebook + Spotify + Soundcloud

Lobster Music: Bandcamp + YouTube