Economy | ein nein

Kleines Tier, große Wirkung

Die Dienststellenkonferenz stellt der geplanten Schottergrube “Lochen” im Pflerscher Tal ein negatives Gutachten aus – auch wegen eines Schmetterlings.
Schwarzfleckiger Ameisenbläuling
Foto: Johanna Propstmeier

Vermutlich nicht viele Menschen haben auf das Dokument gewartet. Die, die es betrifft, dafür umso härter. Jetzt ist das Gutachten zur Schottergrube “Lochen” da. Die Dienststellenkonferenz lehnt das Projekt im Pflerscher Tal ab.

 

Ein Plan, der nicht allen gefällt

 

salto.bz hatte im Mai von der “Loche” berichtet: Im Pflerscher Tal, einem Seitental des Wipptales, das zur Gemeinde Brenner gehört, will die Wipptaler Bau AG die Schottergrube “Lochen” reaktivieren. Das Vorhaben wird vom neuen Bürgermeister Martin Alber unterstützt. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Franz Komaptscher ist Alber überzeugt, dass der Materialabbau in der Grube – jährlich rund 28.000 Kubikmeter für zehn Jahre – notwendig ist, um eine steinschlaggefährdete Zone zu entschärfen.

 

Das Gesuch zum Schotterabbau hat die Wipptaler Bau AG um Christian Egarter im Dezember 2020 eingereicht. Die lokale Bevölkerung hat erst im Februar 2021 davon erfahren. Die Anrainer der Örtlichkeit Anichen, wo die Grube wiedereröffnet werden soll, befürchten Luft- und Lärmbelastung, negative Auswirkungen für das Landschaftsbild und den florierenden Tourismus.

 

Negatives Gutachten und geschützter Schmetterling

 

Für den Abbau in Gruben ist ein Gutachten der Dienststellenkonferenz für den Umweltbereich notwendig. Ursprünglich sollte am 7. April eine Entscheidung fallen. Auch weil sich vor Ort Widerstand regte – allen voran am direkt angrenzenden Bio-Krätueranbau “Botenhof” – wurde die Entscheidung aufgeschoben. Ende Mai erfolgte ein Lokalaugenschein der zuständigen Ämter, bei dem auch Vertreter der Grubenbetreiberin, Bürgermeister Alber und Anrainer zugegen waren. “Ende Juni oder Anfang Juli” sollte die Dienststellenkonferenz dann über die Grube “Lochen” befinden – und darüber, ob möglicherweise eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) notwendig ist. Das kündigte der Direktor des UVP-Amtes Paul Gänsbacher vor einem Monat an.

Gefallen ist die Entscheidung schließlich auf der Sitzung der Dienststellenkonferenz am 7. Juli. Zwei Wochen später ist das Gutachten nun ausgefertigt und den verschiedenen Ämtern sowie der Betreiberfirma und der Gemeinde Brenner weitergeleitet. Die Dienststellenkonferenz hat das Vorhaben abgelehnt. Auf vier Seiten erklären die Fachleute des Landes die Gründe für das negative Gutachten: haupttragend sind Ufer- und Gewässerschutz; ein Grauerlen-Bestand, der als Auwald geschützt ist; ein Objektschutzwald; eine kaum bzw. nur mit massivem Aufwand zu realisierende Verbindungsstraße; negative Auswirkungen auf das Landschaftsbild und die weitere touristische Entwicklung des Tales.

Und noch einen sechsten Grund führt Paul Gänsbacher als stellvertretender Vorsitzender der Dienststellenkonferenz für die Ablehnung an: “Im Projektgebiet kommen durch die FFH-Richtlinie geschützte Arten und Lebensräume vor.” Eine davon ist der Schwarzfleckige Ameisenbläuling – eine Schmetterlingsart, die EU-weit geschützt ist und erst diesen Juni von Forschern aus Innsbruck im Bereich der Schottergrube “Lochen” gefunden wurde. Als die Biologen von den Gruben-Plänen erfuhren, wandten sie sich mit einem Schreiben an die Landesverwaltung – und wiesen darauf hin, dass die Aufnahme von Abbautätigkeiten in Gebieten, wo geschützte oder seltene Schmetterlinge vorkommen, gesetzeswidrig sei.

 

Rekurs möglich, Landesregierung entscheidet

 

Das Gutachten der Dienststellenkonferenz spricht eine klare Sprache. Die Antragstellerin – die Wipptaler Bau AG – hat nun 45 Tage Zeit, um bei der Landesregierung Rekurs dagegen einzulegen. Denn die muss am Ende entscheiden, ob das Vorhaben genehmigt wird oder nicht. “Die Gründe für die Ablehnung sind vielfältiger Natur und das negative Gutachten ist gut begründet”, heißt es aus dem UVP-Amt. Daher geht man davon aus, dass die Landesregierung die Reaktivierung der Schottergrube “Lochen” im Pflerscher Tal nicht genehmigt.