Geheime Schätzung
Eigentlich geht der politische Wille in genau die gegenteilige Richtung: Die öffentliche Hand will weiterhin Brennercom-Mehrheitsaktionär bleiben – und hat dazu alle rechtlichen Voraussetzungen, wie Arno Kompatschers wichtigster Mann im Kampf mit Athesia-Chef Michl Ebner nicht müde wird zu unterstreichen. “Angesichts der erfolgten Gerichtsentscheidung und der nun in Kraft getretenen authentischen Interpretation täte der Verwaltungsrat der Brennercom gut daran, seine rechtswidrigen Beschlüsse zu widerrufen anstatt einen aussichtslosen und unverständlichen Rechtsstreit auf Kosten einer mehrheitlich öffentlichen Gesellschaft weiter zu führen”, forderte Karl Zeller erst am vergangenen Wochenende.
Doch obwohl das Land alles tun wird, um die von der Brennercom in die Wege geleitete Auszahlung seiner Anteile zu verhindern, ist zumindest einer brennend an ihrem tatsächlichen Wert interessiert. Oder besser gesagt: An jenem Wert, den das Wirtschaftsprüfungs- und Consultingunternehmen Deloitte im Jahr 2013 noch im Auftrag der Regierung Durnwalder schätzte. „Wurden Aufträge hinsichtlich der Schätzung der Brennercom-Aktien-Werte vergeben - wenn ja, von wem, wann und an wen und zu welchen Kosten und mit welchem Ergebnis?“, wollte Landtagsabgeordneter Andreas Pöder in einer Anfrage wissen. Die Antwort stellt ihn aber bislang wenig zufrieden. Denn statt des Preises, auf den Deloitte die Brennercom-Aktien schätzen würde, erfuhr Pöder bislang nur den Preis, den das Land für das Gutachten zu berappen hatte: 35.000 Euro. „Der Schätzungsbericht der Brennercom-Aktien kann nicht ausgehändigt werden, da es sich dabei um ein vertrauliches Dokument handelt“, heißt es dagegen in der vom Landeshauptmann unterzeichneten Antwort auf die Anfrage. „Selbstverständlich können Sie nach vorheriger Vereinbarung eines Termins mit dem Amt für Finanzaufsicht in den Bericht Einsicht nehmen.“
Ihm gehe „diese Geheimniskrämerei so langsam auf den Geist", reagiert Pöder auf die Antwort. „Das war jüngst schon mit dem Autonomiegutachten der Professoren Obwexer und Happacher so, dass der Landeshauptmann mir die Herausgabe verweigert hat, obwohl für das Gutachten über 80.000 Euro Steuergelder berappt wurden." Immerhin handle es sich bei einem solchen Schätzungsbericht nicht um ein Staatsgeheimnis oder um private Daten einer Person.
Doch auch wenn die Schätzwerte ohne praktische Folge bleiben dürften – einsehen will Pöder den Bericht in jedem Fall. Immerhin geben die darin angeführten Höchst- und Mindestwerte ein Gefühl, dafür wie gut das Geschäft tatsächlich gewesen wäre, das die öffentlichen Aktionäre laut Michl Ebner & Co. in Folge ihres Rausschmisses gemacht hätten. 14,9 Millionen Euro oder 764,24 Euro pro Aktie wollte die Brennercom dem Land demnach für seine 42,35 Prozent auszahlen. Allein wegen der Mehrheit, die Aktionär Athesia in Folge des Ausscheidens der öffentlichen Teilhaber bei der Brennercom erlangt hätte, hätte der Preis aber ein Stück höher liegen müssen, wird zumindest inoffiziell argumentiert. Denn in solchen Fällen sei bei Aktienverkäufen ein Aufschlag in Höhe von 30 bis 40 Prozent üblich.