Formigoni und Bossi im Visier der Justiz
Keiner konnte ihn trefflicher nachahmen als der Komiker Maurizio Crozza. Mit seinem abgehobenen Habitus, seinen orange- oder rosafarbenen Jacken, seinem stets auf das Abwimmeln von Journalisten bedachten Hofstaat. Nichts übte auf Roberto Formigoni größere Anziehungskraft aus als Macht. Nach zwei Legislaturen im Europarlament und einer in der Abgeordnetenkammer stieg der Christdemokrat 1995 zum Präsidenten der Lombardei auf - Italiens größter und reichster Region - in ein Amt, in das er dreimal wiedergewählt wurde. Das lombardische Gesundheitswesen legte er in diesen Jahren weitgehend in die Hände der katholischen Organisation Comunione e liberazione und privater Träger. Gerüchte über finanzielle Gegenleistungen wies der celeste stets entrüstet zurück. Als seine Regionalregierung sich unter Korruptinsvorwürfen aufzulösen begann, trat Formigoni 2012 zurück und kandidierte umgehend für den Senat, in dem er heute noch das Amt des Vorsitzenden der Landwirtschaftskommission bekleidet. Doch nun hat ein Mailänder Gericht dem 70-jährigen die Rechnung präsentiert und ihn wegen Bestechung zu sechs Jahren Haft verurteilt und 6,6 Millionen Euro aus seinem Besitz beschlagnahmt. In der 600 Seiten umfassenden Ankageschrift zählen die Richter akribisch auf, wieviel Geld er erhalten und wieviele Urlaube und Segeltouren er sich von seinen privaten Sponsoren bezahlen liess . Fazit: erzkatholisch und zutiefst korrupt.
Trost zusprechen könnte ihm in dieser kaum beneidenswerten Sitution ein anderer Lombarde, dessen Partei ihn im Mailänder Regionalrat über Jahre nach Kräften stützte: Lega-Gründer Umberto Bossi wurde letzthin wegen Betrugs zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt, weil er Parteigelder zweckentfremdet hatte. Fast fünf Jahre Haft erhielt der ehemalige Lega-Schatzmeister Francesco Belsito wegen Veruntreuung, zweieinhalb Jahre Bossis Sohn Renzo. Umberto Bossi, der seit sechs Legislaturen im Parlament sitzt, prangerte das Urteil in einer pathetischen Stellungnahme als sentenza politica an. Die Vorstellung, dass Figuren dieses Kalibers unter dem mittlereile ebenfalls verurteilten Silvio Berlusconi zu Ministern aufsteigen konnten, lässt noch heute erschaudern - wüsste man nicht, dass Italiens Politik längst zum Narrenschiff verkommen ist.