Politics | Wahlen/Elezioni 23

Brunners Rücktritt

Mehrere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister kandidieren bei den Landtagswahlen. Wer zurücktreten muss und wann es in den betroffenen Gemeinden Neuwahlen gibt.
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Foto: SVP
Der Tagesordnungspunkt 28 der Sitzung der Landesregierung am heutigen Dienstag hört sich fast schon dramatisch an: „Gemeinde Brixen: Rücktritt des Bürgermeisters aufgrund der Kandidatur bei den Landtagswahlen – Zuständigkeit für den Erlass der Maßnahme betreffend die Auflösung des Gemeinderates“.
Es ist Arno Kompatscher persönlich, der die Landesregierung über den Vorgang informieren wollte. Der Punkt wurde aber vertagt, Denn in Wirklichkeit wird die Suppe weniger heiß gegessen, wie sie in diesem kurzem Tagesordnungspunkt serviert wird.
Peter Brunner kandidiert am 22. Oktober auf der SVP-Liste für die Landtagswahlen. Er muss deshalb als Brixner Bürgermeister zurücktreten. Aber die Auflösung des Gemeinderates wird es vorerst nicht geben. Dieser Schritt wird erst Anfang des kommenden Jahres über die Bühne gehen. Gleichzeitig mit der Ausschreibung der Neuwahlen in der Bischofstadt.
 
Christian Bianchi
Leiferer Bürgermeister Christian Bianchi: Bleibt bis zu seiner Wahl in den Landtag im Amt.
 
 
Christian Bianchi ist Bürgermeister von Leifers. Er kandidiert ebenfalls bei den Landtagswahlen. Als Spitzenkandidat der Lega. Doch er wird als Bürgermeister im Amt bleiben. Bis unmittelbar nach den 22. Oktober. So als wäre nichts passiert. Bianchi muss nicht zurücktreten.
Zwei Südtiroler Städte und zwei völlig unterschiedliche Vorgangsweisen?
Zwei Südtiroler Städte und zwei völlig unterschiedliche Vorgangsweisen?
Der Unterschied zwischen Brixen und Leifers liegt in einem Halbsatz im Südtiroler Wahlgesetz für den Landtag. Unter den Gründen für die Nichtwählbarkeit zum Landtagsabgeordneten heißt es unter Buchstabe b:
 
„Die Bürgermeister der Gemeinden mit einer Bevölkerung von über 20.000 Einwohnern“.
 
Die Stadt Brixen hatte Ende 2022 22.728 Einwohner, die Stadt Leifers hingegen 18.183 Einwohner.
Das ist der entscheidende Unterschied.
 

Der Fall Brixen

 
Demnach muss Peter Brunner als Bürgermeister innerhalb des letzte Tages zur Einreichung der Listen für den Landtag sein Amt verlassen. Das wäre am 5. September der Fall.
Doch Peter Brunner wird noch dieser Woche seinen Rücktritt einreichen. „Ich werden am 30. August zurücktreten“, sagt der Brixner Bürgermeister zu Salto.
Der Grund dafür steht im regionalen Gemeindewahlgesetz. Dort heißt es:
 
„Die Wahl der Gemeinderäte und des Bürgermeisters, die aus anderen Gründen als dem Ablauf der Amtszeit neu zu wählen sind, findet an einem Sonntag zwischen dem 1. Mai und dem 15. Juni statt, wenn die die Neuwahl verursachenden Umstände innerhalb 1. März eingetreten sind, bzw. an einem Sonntag zwischen dem 1. November und dem 15. Dezember, wenn die die Neuwahl verursachenden Umstände innerhalb 1. September eingetreten sind.“
 
Peter Brunner tritt deshalb bewusst vor dem 1. September zurück. „Wir wollen dass die Neuwahlen so schnell wie möglich über die Bühne gehen“, begründet der Brixner Bürgermeister diesen Schritt.
 
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Brixner Vizebürgermeister Ferdinando Stablum (PD): Führt bis zu den Neuwahlen im Februar/Marz 2024 die Amtgeschäfte des Bürgermeisters.
 
 
Demnach wird Vizebürgermeister Ferdinando Stablum die Amtsgeschäfte des Bürgermeisters übernehmen. Gleichzeitig will man jene Kompetenzen, die nicht per Gesetz dem Bürgermeister übertragen werden, unter den Stadträten aufteilen.
Zudem wird der durch den Brunner-Abgang freigewordene Sitz im Gemeinderat auch nicht nachbesetzt. Er bleibt bis zu den Neuwahlen vakant.
Trotz des oben zitierten Gesetzespassus werden die Neuwahlen in Brixen aber erst im kommenden Jahr über die Bühne gehen.
Denn im regionalen Gemeindegesetz heißt es auch:   
 
„Im Herbst des Jahres, in dem die jeweiligen Landtagswahlen ausgeschrieben werden, finden keine Gemeindewahlen statt. In diesem Fall wird der Wahltermin auf einen Sonntag zwischen dem 1. Februar und dem 31. März des darauf folgenden Jahres festgelegt.“
 
Demnach wird es in Brixen im Frühjahr 2024 zu Neuwahlen kommen.
 

Der Fall Leifers

 
Ganz anders präsentiert sich die rechtliche Situation in Leifers.
Denn in Gemeinden unter 20.000 Einwohnern ist ein Bürgermeister nicht unwählbar, sondern sein Amt ist mit jenem eines Landtagsabgeordneten nicht vereinbar. Das heißt: Christian Bianchi bleibt als Leiferer Bürgermeister trotz Landtagskandidatur im Amt mit allen Befugnissen. Sollte der Lega-Politiker gewählt werden, muss er erst vor der Bestätigung als Landtagsabgeordneter zurücktreten. Auch in diesem Fall übernimmt der Vizebürgermeister geschäftsführend das Amt.
 
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Leiferer SVP-Vizebürgermeister Giovanni Seppi: Traum langfristig das Bürgermeisteramt zu übernehmen.
 
 
Der Zufall will es, dass es damit in den beiden Städten zu einer ethnischen Rotation kommt. So wird in Brixen im kommenden halben Jahr ein italienischer PD-Vizebürgermeister die Amtsgeschäfte führen und in Leifers der deutscher SVP-Vizebürgermeister Giovanni Seppi. Dabei steht hinter dieser Rotation im Unterland auch ein politisches Kalkül. Denn Seppi hat ursprünglich ernsthaft an ein Antreten bei den Landtagswahlen gedacht. Mit der Kandidatur Bianchis – die auf der Achse SVP-Lega konkordiert wurde – hofft man jetzt, dass die Stadt Leifers langfristig auch nach den Neuwahlen an den SVP-Bürgermeister Giovanni Seppi übergeht.
In Leifers werden die Neuwahlen auf jeden Fall erst im Mai/Juni 2024 stattfinden.
 

Stadt & Land

 
Dieselbe Konstellation gibt es aber in rund einem halben Dutzend anderen Südtiroler Gemeinden. Etwa in St. Martin im Passeier, wo Bürgermeisterin Rosmarie Pamer für die SVP antritt. Oder in Lana mit Harald Stauder und in Prettau mit Robert Alexander Steger. Sollte Steger den Sprung in den Landtags schaffen, was eher auszuschließen ist, müsste auch der Präsident der Bezirksgemeinschaft Pustertal neu gewählt werden.
Dazu kandidieren auf der SVP-Liste auch die Bürgermeisterin von Laas Verena Tröger, der Rittner Bürgermeister Paul Lintner und der Bürgermeister von Kurtinig, Manfred Mayr. Wird jemand aus dieses Liste in den Landtag gewählt, wird es in der betroffenen Gemeinde im Mai/Juni 2024 Neuwahlen geben.
 
Walcher in bici
Bozner Vizebürgermeister Luis Walcher: Wird sein Nachfolger von außen berufen?
 
 
In allen Gemeinden in denen 2024 solche Neuwahlen stattfinden, wird die Amtszeit dann um ein Jahr verlängert. Das heißt dort wird es nicht 2025 die nächsten Gemeinderatswahlen geben, sondern erst 2030.
Auch Luis Walcher tritt für die SVP an. Dem Bozner Vizebürgermeister werden größte Chancen nachgesagt, den Sprung in den Landtag zu schaffen. In diesem Fall würde der erste Nichtgewählte auf der SVP-Liste in den Gemeinderat nachrücken. Das ist  Markus Mattivi. Für das Amt des Vizebürgermeisters steht aber auch eine Berufung von außen im Raum.
Eine ähnliche Situation dürfte es auch in Meran geben. Die grüne Fraktionschefin Madeleine Rohrer tritt für die Grünen bei den Landtagswahlen an. Auch ihr werden ausgezeichnete Chancen zugerechnet den Einzug in den Landtag zu schaffen. In diesem Fall würde Josef Fleischmann in den Gemeinderat nachrücken.
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Am Pere Thu, 10/05/2023 - 08:20

Peter Brunner hatte das Glück in Brixen eine vollkommen überforderte und untätige Opposition vorzufinden. Dadurch konnte er der neoliberalistischen Gesinnung, die er und seine (Bau)-Lobbies verfolgen, freien Lauf lassen. Nirgends sonst in Südtirol sind solche Protzhotels entstanden wie unter seiner Führung, weitere sind noch im Bau. Parallel dazu sind die Wohnungspreise enorm in die Höhe geschnellt und der zunehmnende Verkehr lässt die Stadt an Attraktivität verlieren.
Zum Heller-Projekt sollte man wissen, dass es ein gewisser Herr Giacomuzzi war, der die Stadt von den Fängen der Kirche einigermaßen befreit hat und ihr einen liberalen und fortschrittlichen Touch gegeben hat. Unter Seebacher, Bürgstaller und v.a. Brunner wurde diese Gesinnung mehr und mehr aufgeweicht und die Kirche ist heute mächtiger denn je.
Wer also will, dass neoliberalistische Wirtschaftsmuster nach und nach in Südtirol Einzug finden, ist beim Kreuzchen beim Herrn Brunner gut aufgehoben. Dass er im Wahlkampf sogar seine minderjährigen Töchter und seine gesamte Familie offen ins Feld führt, stellt ein absolutes Novum dar und sollte dem Wähler zu denken geben, welch Geistes Kind der gute Herr ist.

Thu, 10/05/2023 - 08:20 Permalink