Müllverbrennungsofen: "Bozen hat seine Aufgaben gemacht"
Frau Trincanato, hat Sie der Verbrennungsofen auch diese Woche auf Trab gehalten?
Patrizia Trincanato: Ja, da war wirklich eine schlimme Woche. Besonders hinsichtlich des ersten Störfalls oder besser gesagt seiner blamablen Handhabung durch das Betreiberkonsortium ATI. Denn es ist aus meiner Sicht extrem schwerwiegend, dass die Verantwortlichen weder die vorgeschriebenen Prozeduren eingehalten haben noch das Land als Auftraggeber bzw. die Landesumweltagentur und die Gemeinde Bozen, die ihre Anlage beherbergt, angemessen informiert haben.
Immerhin gab Ihnen der zweite Störfall am gestrigen Donnerstag die Chance, alles besser zu machen. Beunruhigt Sie als Umweltstadträtin dieses zweite Problem innerhalb von nur drei Wochen ?
Natürlich macht es mir Sorgen, aber ich bin keine Technikerin und Techniker sagen mir, dass solche Probleme in einer Testphase einfach passieren können. Wichtig ist, dass die Sicherheit dadurch nicht beeinträchtigt wird. Und diesbezüglich zeigen alle Kontrollen, dass es keine Probleme bei den Emissionen gab.
Im Gegensatz zum ersten Störfall, wo einige Grenzwerte deutlich überschritten wurden...
Ja, und nachdem damals das entsprechende Procedere nicht eingehalten wurde, wurden die Werte auch nicht sofort gemessen. Deshalb muss jetzt noch einmal genau untersucht werden, was wirklich passiert ist. Bekanntlich ist die Wolke auch in Richtung Süden gezogen, das heißt, es gibt auch Gemeinden außerhalb von Bozen, die von dem Vorfall betroffen sind.
Und welche Möglichkeiten haben Sie als Umweltstadträtin von Bozen, um die Bevölkerung zu schützen?
Ich habe unter anderem gefordert, dass in Kaiserau nun auch eine mobile Messstation aufgestellt wird, mit der die Luftqualität laufend kontrolliert wird. Das soll bereits in diesen Tagen geschehen. Außerdem haben wir das Betreiberkonsortium über die Provinz aufgefordert, die laufenden Emissionen der Anlage online zur Verfügung zu stellen, wie das auch beim alten Ofen gemacht wurde. Darüber hinaus sollen künftig nicht nur an 15 Tagen im Monat Dioxin-Proben entnommen werden, wie ursprünglich vorgesehen, sondern an jedem Tag im Jahr. Hier möchte ich schon betonen, dass dies bei anderen Verbrennungsöfen in Italien in der Regel drei Mal im Jahr geschieht.
Neben technischen Problemen und Emissionen sorgt der Verbrennungsofen auch wegen der angeblich zu geringen Müllmengen für Diskussionen. Hier wird unter anderem die Gemeinde Bozen kritisiert, die ausgerechnet zum Start des neuen Ofens ihr Müllsystem umstellt und ihm vor allem mit den Kunststoffen einen wichtigen Brennstoff entzieht. Fühlen Sie sich hier schuldig?
Absolut nicht. Bozen war die letzte Gemeinde Südtirols, die eine getrennte Müllsammlung eingeführt hat, und wir haben innerhalb weniger Monate ein hervorragendes Resultat erzielt. Immerhin konnte der Anteil der Wertstoffe in dieser kurzen Zeit von 45 auf 65 Prozent gesteigert werden, hier haben die BürgerInnen wirklich tolle Arbeit geleistet.
Umso schlimmer, wenn Sie nun in den Zeitungen lesen müssen, dass deshalb der Ofen zu wenig Futter bekommt...
Also, dafür kann man wirklich nicht Bozen verantwortlich machen. Das Land hat einen Landesabfallplan verabschiedet, der unter vielen anderen Maßnahmen den Verbrennungsofen mit einer Kapazität von 130.000 Tonnen vorsah. Gleichzeitig mussten die Gemeinden ihre Müllsysteme umstellen, und hier hat nun auch Bozen seine Aufgabe gemacht. Wenn also Fehler gemacht wurden, dann sind es sicher nicht unsere, sondern wenn schon falsche Einschätzungen, die im Rahmen des Landesabfallplans gemacht wurden.
Doch zumindest laut einigen Kritikern hätte der Bozner Gemeinderat beschlossen, auch Kunststoffe in den blauen Glocken sammeln zu lassen, für die es keine Recyclingschiene gibt. In Folge würde das Bozner Plastik einfach woanders verbrannt. Ist das ökologisch sinnvoll?
Nein, das stimmt so nicht. Denn das Konsortium, das die Kunststoffe italienweit verwertet, nimmt nicht nur Plastikflaschen und -behälter an, wie sie in Bozen bislang gesammelt wurden, sondern alle Arten von Kunststoffverpackungen. Doch natürlich darf ich nicht meine alte Zahnbürste in der blauen Glocke entsorgen. Und genau das ist in der Anfangsphase das Problem, der Anteil des unreinen Plastiks ist stark angestiegen. Doch hier gibt es jetzt schon eine Besserung, und wenn man den Menschen noch ein wenig Zeit lässt und sie noch besser aufklärt, bekommen wir das sicher in den Griff.
In den vergangenen Tagen wurde auch die Möglichkeit diskutiert, die ursprünglich in Tramin geplante Entsorgung von Klärschlamm nach Bozen zu verlegen, um so mehr Material für den Verbrennungsofen zu erreichen. Sie haben sich diesbezüglich sofort quer gestellt. Warum?
Weil es einen Landesabfallplan gibt, mit dem die Zuständigkeiten für die Behandlung und Entsorgung von Müll klar geregelt wurden. Deshalb verstehe ich wirklich nicht, wieso eine Anlage, die in Tramin vorgesehen war, nun plötzlich nach Bozen verlegt werden soll. Wir haben bereits diesen Ofen, den sie uns vorgesetzt haben. Und ich finde, der reicht vollkommen aus.