Wird es in Zukunft gemütlicher?
Tradition und Innovation liegen in der Landwirtschaft nahe beisammen. Die Landwirtschaft ist schon seit jeher umkämpftes Gebiet für Ertragsoptimierung und Arbeitserleichterung und gleichzeitig Projektionsfläche für die Sehnsucht nach der guten alten Zeit. Somit konkurrieren - zumindest im Kopf des Konsumenten - selbstfahrende Traktoren, makellose Lebensmittel und Drohnen mit Postkartenmotiven gepflegter Landschaften in meist alpinen Gefilden.
Diesen spannenden Kontrast lebt auch die Südtiroler Landwirtschaft. Das alpine Gelände mit ihren Höhenlagen ist Herausforderung für Mensch und Maschine, geänderte Lebensstile und Konsumgewohnheiten tun ihr Übriges dazu. Zugleich verlässt sich ein sehr erfolgreicher Tourismus auf die Kraft der Bilder, die gepflegte Kulturlandschaften, Natur und immer wieder Menschen zeigen, die darin leben. Ohne vom Brenner bis Salurn zu reisen oder gleich von Taufers bis Winnebach, gibt ein Besuch der 25. Auflage von Agrialp einen guten Einblick in dieses Spannungsfeld. Neueste Maschinen, über 450 Aussteller, eine Eventbühne mit Inhalten, die von der Pflege und dem Weiterschreiben von Traditionen handeln, aber auch den gesellschaftlichen Auftrag der Landwirtschaft thematisieren oder den Sorgen der Bauern und Bäuerinnen Rechnung tragen. Kirschessigfliege, Unwetter und Trockenheit oder Raumordnung sind nur einige der drängenden Probleme, die diskutiert werden.
1 Milliarde Risikokapital für startups
Laut AgFunder AgriFood Tech Investing Report - MidYear 2017 flossen in diesem ersten Halbjahr rund eine Milliarde an Risikokapital an Startup-Unternehmen aus den Bereichen Landwirtschaft. Alle großen Unternehmen in diesem Bereich investieren dabei genauso wie SAP und Google mit.
Das scheint verständlich, sieht man sich die zugrundeliegenden Zahlen an: 2050 müssen rund 9,5 Milliarden Menschen ernährt werden, die Nachfrage bei Bioprodukten steigt jährlich um 12% Wachstum ebenso wie der politische Druck zur Reduktion von Treibhausgasen.
Selberfahren ist out
Während Spurhalteassistenten bei Automobilen meist als teure Zusatzausstattung verkauft werden, sind sie bei Traktoren Teil komplexer und zentimetergenauer Systeme, die bei Bedarf auch noch den Reifendruck senken. Agrarroboter sähen, jäten und ernten heute ohne Unterlass, Drohnen scannen Wald und Feld, bestimmen Pflanzenhöhe und -dichte, Düngung und Erntezeitpunkt. Bei Bedarf bringen sie Pflanzenschutzmittel aus oder lokalisieren Rehkitze im hohen Gras.
Was ginge gut für Südtirols Landwirtschaft?
Bis heute helfen bei uns meist Maschinen, die gelenkt werden wollen, die darauf warten, eingeschaltet zu werden und dort zum Einsatz kommen, wo es uns gerade notwendig scheint. Zusätzlich helfen überliefertes Wissen, Erfahrung und oft auch Bauchgefühl. Dazu gibt es auch noch ein klug aufgebautes Netzwerk an Beratern und Organisationen, die bei Entscheidungen über Anbau, Erntezeitpunkt und Mengen helfen, Forschung auf höchstem Niveau und viele Unternehmen, die Spitzenpositionen im weltweiten Vergleich innehaben.
Dass jener Grad an Automatisierung in großflächigen und flachen landwirtschaftlichen Regionen auch in alpinen Gefilden erreicht werden wird, scheint eher unwahrscheinlich.
Dennoch lohnt sich ein Blick auf zukünftige Entwicklungen.
Junge Startups @ Agrialp2017
Mit dem Interpoma Innovation Camp bringt Messe Bozen junge und risikofreudige Unternehmen im Rahmen der Agrialp nach Bozen. Sie stellen Pflückroboter, kommunizierende Software, neue Vermarktungsplattformen, Prognosesoftware, Larvenfarmen, Überwachungssoftware auf Satellitenbasis und neue Handelssysteme für die Landwirtschaft vor. Kurz, knapp und mit dem Ziel, sich als Gewinner einen Standplatz auf der Interpoma 2018 zu verdienen und einen Auftritt auf der Fruit Logistica in Berlin.
Ziel des Innovation Camps ist es, die Ideen und Projekte der Startups bestmöglich an die Gegebenheiten Südtirols anzupassen, zu integrieren und womöglich auch weiterzuentwickeln.