Ode an den Südtiroler Sport
„Es ist gelungen, das darzustellen, was Sport ausmacht: Sport hat immer was zu tun mit Macht und Macht ausüben. Es wird aufgezeigt, wie Sport und Sportler auf nationaler Ebene gesehen und benutzt wurden. Andererseits spiegelt es die Emotionen wieder, wie Sport zur Leidenschaft geworden ist und nicht nur Politikum“, erläuterte Sportlandesrätin Martha Stocker bei ihrer Begrüßungsrede. Vom Beginn vor 150 Jahren, als der Sport an sich noch weit weg von jenem Status des gesellschaftlichen Phänomens war, den er heute innehat; die ersten Beginne der Turnvereine, die Migration von Sportarten aus aller Welt; der Bewegungsboom in den 60ern und 70ern, die Südtiroler „Sportnation“ heute – all dies fand in diesem Werk seinen angestammten Platz.
Jedoch wurden nicht nur die Lichtblicke des Sports beleuchtet, auch die Schattenseiten werden ins Rampenlicht gerückt. „Die historisch schlimmste Zeit? Die Periode zwischen 1919 und 1945“, erklärte der Autor Alfred Dissertori, Gründer und langjähriger Geschäftsführer des VSS sowie Pionier des Südtiroler Leistungssports. Er spricht über die Zeit, in der Vereine vom faschistischen Regime entweder aufgelöst oder politisch integriert und instrumentalisiert wurden. Eine Zeit, als die Faschisten Sportler zu Ikonen ihres oppressiven Systems stilisierten. Auch der zweite Autor im Bunde, der Journalist J. Christian Rainer, wollte nicht nur eine Seite der Medaille aufzeigen. „Mich stört in der Berichterstattung, dass nur der Wettkampf im Mittelpunkt steht. Negatives wird zu oft ausgeblendet: Doping oder Fan-Ausschreitungen zum Beispiel. Ich wollte diese Aspekte miteinbringen.“
Als Randaspekt zwischen den Zeilen kommt auch die Kommerzialisierung der Sportwelt seit den 80er-Jahren nicht zu kurz. Dissertori nutzte diese Gelegenheit, um nochmals auf die Fundamente hinzuweisen, die Südtirol zu einer der erfolgreichsten Sportregionen in Europa - wenn nicht gar auf der ganzen Welt - machen: „Der Sport soll sich weiterentwickeln, aber auch wieder zu den Ursprüngen finden: Ohne den Wert der Ehrenamtlichkeit wäre er nicht, wo er ist, und kommt auch nicht weiter.“
Neben Dissertori fanden auch Tischtennis-Italienmeisterin Edith Santifaller, Mehrfacholympiasieger im Turmspringen Klaus Dibiasi, Snowboard-Weltmeisterin Carmen Ranigler, CONI-Funktionär Heinz Gutweniger und FC-Südtirol-Präsident Walter Baumgartner den Weg zur Vorstellung – die Namensliste der Anwesenden lässt sich sehen. Sie alle haben entweder aktiv oder hinter den Kulissen den Südtiroler Sport maßgeblich geprägt und haben somit auch ihren Platz im Sportbuch gefunden.
Das Buch ist eine Rekapitulation 150 Jahre Südtiroler Sportgeschichte. Auf 272 Seiten und dank über 300 Bildern wird der Leser auf eine Reise geschickt, die nicht nur durch sportliche Erfolge gekennzeichnet ist, sondern auch die Schattenseiten der Sportpolitik und die generelle Entwicklung des Sports lebhaft aufzeigt. Ein Werk, dass dem Sportland Südtirol und seiner umfassenden Geschichte etwas Greifbares gibt; etwas, womit sich 150.000 aktive Südtiroler Sportler identifizieren und auf dessen Erbe sie sich berufen können.